Das Projekt Goldelse und seine Folgen: Hertha BSC versucht es jetzt mit einem klaren Plan
Ein Klub will nach oben: Hertha BSC stellt die Strategie vor, mit der es in den nächsten Jahren Richtung Spitze gehen soll.
Carsten Schmidt lächelte selig. Er hatte den Kopf leicht schräg gelegt, seine Augen strahlten. Und einmal nickte er auch deutlich vernehmbar. Das war, als Fredi Bobic neben ihm auf dem Podium über den DFB-Pokal sprach und sagte, „dass wir immer den Traum haben müssen: Wir wollen in dieses Finale. Das ist in unserem Stadion.“
Den Traum haben bei Hertha BSC, dem Arbeitgeber von Carsten Schmidt und Fredi Bobic, in der Vergangenheit schon viele gehabt. Erfüllt hat er sich seit einer Ewigkeit nicht mehr. Es ist also nicht damit getan, einfach von Finale im Olympiastadion zu träumen. Man muss – um die Gedanken von Fredi Bobic, dem neuen Geschäftsführer Sport des Berliner Fußball-Bundesligisten, einmal auf den Punkt zu bringen – diesen Traum auch mit Leben füllen.
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„Es geht darum, dass du eine gewisse Kultur entwickelst“, sagt Bobic. Man muss alles dafür tun, den Traum wahr werden zu lassen. „Wir müssen eine Pokalmannschaft werden“, fordert Herthas Sportchef. Und das heißt: Die Mannschaft muss jedes Spiel in diesem Wettbewerb als Finale begreifen, ganz egal ob es in der ersten Runde gegen einen Sechstligisten geht oder im Halbfinale gegen Bayern München. „Mit meinen beiden Vereinen ist mir das in den vergangenen Jahren drei Mal gelungen“, sagt Bobic. „Das ist auch mein Anspruch.“
Seit dem 1. Juni ist Bobic zurück in Berlin. Schmidt hat exakt ein halbes Jahr vorher als Vorstandschef bei Hertha angefangen. Am Donnerstagmittag sitzen sie mit dem alteingesessenen Finanzgeschäftsführer Ingo Schiller auf dem Podium in Herthas Medienraum, um ihre Strategie für die nähere Zukunft vorzustellen. Der Tenor lautet: Wir sind ambitioniert. Und wir haben einen klaren Plan. Für einen Bundesligisten, so sagt es Schmidt, sei so etwas „eher die Ausnahme“.
Von Januar bis Mai hat der neue Vorstandschef die Zustände und Strukturen im Klub analysieren lassen. „Goldelse“ hieß das Projekt, aus dem Hertha nun eine Handlungsanweisung für die Zukunft entwickelt hat. Insgesamt 40 konkrete Maßnahmen für sechs verschiedene Bereiche und die kommenden vier Jahre wurden entwickelt. Neun Mitarbeiter sind allein in Bobics Ressort neu hinzugekommen, dazu ein Leiter Strategie und eine Leiterin Personal. „Ich sehe Hertha BSC mit einem klaren Plan für die Zukunft ausgestattet“, sagt Schmidt. „Summa summarum bin ich sehr zufrieden.“
Das Konzept findet das Wohlwollen von Investor Windhorst
Die Marke Hertha gibt es künftig nicht mehr. Das, was man bisher darunter verstanden hat, heißt jetzt Identität – und soll sich auch in der Profimannschaft niederschlagen. Mehr Berlin im Team und mehr Identifikation mit Berlin, auch bei den Spielern, das wünscht sich Schmidt. Dazu gehört auch eine herthaeigene Spielphilosophie, die in den nächsten Jahren von Bobic und seinem Team entwickelt werden soll. „Unser Kerngeschäft ist sportlicher Erfolg“, sagt Schmidt. „Es geht aber nicht nur um die Form eines einzelnen Spielers, sondern um die Form der gesamten Organisation.“
Hertha will jetzt nicht das Ziel ausrufen, im nächsten Jahr die Champions League zu erreichen. Aber Hertha will im gesamten Klub ein leistungsförderndes Klima schaffen. Damit, so erklärt es Carsten Schmidt, könne sich auch Herthas Investor Lars Windhorst identifizieren, von dem der Klub in den nächsten Tagen weiteres Geld erwartet. Windhorst hat nicht nur mehr als 300 Millionen Euro in den Verein investiert, er ist in der Vergangenheit auch immer wieder mit forschen Zielen an die Öffentlichkeit getreten. „Er unterstützt unseren Kurs ausdrücklich“, sagt Schmidt.
Zuversicht beim neuen Stadion
Vom sportlichen Erfolg wird auch ganz erheblich abhängen, ob der Klub seine ambitionierten wirtschaftlichen Ziele erreichen kann. Finanzgeschäftsführer Schiller strebt ein „Umsatzwachstum in allen Bereichen“ an. In den nächsten vier Jahren solle Hertha beim Umsatz zum oberen Drittel der Bundesliga aufschließen. „Das heißt, wir müssen schneller wachsen als der Markt“, sagt Schiller. Vor Corona lag Hertha im Ligaranking zwischen Platz zehn und zwölf. Beim Merchandising, beim Sponsoring und beim Spielbetrieb sieht Herthas Finanzgeschäftsführer noch Potenziale. Man müsse mehr Menschen begeistern, ins Stadion zu kommen, sagt er.
Das wird auch weiterhin erst einmal das Olympiastadion sein. Der Plan, 2025 in einer neuen Arena zu spielen, ist inzwischen offiziell hinfällig. Der Wunsch, ein eigenes Stadion auf dem Olympiagelände zu betreiben besteht allerdings weiterhin. „Mindestens die nächsten drei Monate passiert erst mal nichts“, sagt Schiller mit Blick auf die Wahlen zum Abgeordnetenhaus Ende September. Aber da es in der Politik inzwischen mehr Unterstützung für Herthas Plan gebe, ist er „berechtigt optimistisch, dass nach der Wahl und der Regierungsbildung Bewegung in dieses Thema kommt“.