Dodi Lukebakio wird an den VfL Wolfsburg verliehen: Hertha BSC verschafft sich neuen Spielraum für Transfers
Dodi Lukebakio hat die Erwartungen bei Hertha BSC nie ganz erfüllt. Jetzt versucht er es auf Leihbasis beim Wolfsburg. Eine Kaufoption soll es nicht geben.
In einer Transferperiode, in der Lionel Messi den FC Barcelona ablösefrei verlässt, in der Cristiano Ronaldo zu Manchester United zurückkehrt und in der kurz vor Toreschluss sogar das Gerücht aufkommt, dass Marvin Friedrich vom 1. FC Union zum Stadtrivalen Hertha BSC wechselt, in einer solchen Transferperiode sollte es eigentlich nichts mehr geben, das einen noch zu überraschen vermag. Bis am Montagvormittag die Meldung zu Dodi Lukebakio kam.
Dass der Belgier Hertha BSC doch noch verlässt, kommt nach all den Gerüchten in diesem Sommer nicht gänzlich unerwartet. Dass er vom Tabellenletzten aus Berlin zum Tabellenersten nach Wolfsburg wechselt, schon eher. Und dass er lediglich für ein Jahr an den VfL ausgeliehen wird und es nach Informationen des Tagesspiegels keine Kaufoption respektive Kaufverpflichtung für den VfL geben soll, erst recht.
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„Wir sind überzeugt, dass er uns mit seinen Qualitäten helfen kann, unsere Ziele zu erreichen“, wird Wolfsburgs Sportdirektor Marcel Schäfer in einer Vereinsmitteilung zitiert. Bei Hertha war diese Überzeugung nicht immer vorhanden, auch wenn sich die Verantwortlichen zuletzt recht freundlich über Lukebakio geäußert haben. Ausgerechnet nach dem Spiel gegen Wolfsburg vor etwas mehr als einer Woche hat Pal Dardai ihn ausführlich gelobt.
Herthas Trainer hat in diesem Sommer viel Energie in den belgischen Nationalspieler gesteckt. Dass Lukebakio über außergewöhnliche Anlagen verfügt, ist offenkundig; dass er dazu neigt, die Dinge ein wenig zu locker angehen zu lassen, allerdings auch. Deshalb wurde Lukebakio von Dardai in der Vorbereitung regelrecht getriezt. Es schien sich auszuzahlen. Gegen Wolfsburg wirkte der Offensivspieler energetisch wie lange nicht.
Myziane Maolida soll aus Nizza kommen
Dass er den Verein nun trotzdem verlässt, ist nur auf den ersten Blick seltsam. Zum einen sucht Hertha erklärtermaßen noch Verstärkung für die offensive Außenbahn – und gibt nun einen Spieler ab, der in der Regel auf der offensiven Außenbahn zum Einsatz gekommen ist. Dardai aber hat Lukebakio im Zentrum immer besser aufgehoben gesehen. Dass er trotzdem rechts statt zentral gespielt hat, lag vor allem an fehlenden Alternativen.
Doch mit Myziane Maolida von OGC Nizza steht potenzieller Ersatz schon bereit. Der 22 Jahre alte Franzose ist ein klassischer Außenbahnspieler, schnell, trickreich und technisch begabt, der als Rechtsfuß vornehmlich auf der linken Seite zum Einsatz gekommen ist. Ausgebildet wurde Maolida bei Olympique Lyon, ehe er 2018 für zehn Millionen Euro nach Nizza wechselte.
Acht Millionen Euro soll die Ablöse betragen, die Hertha nun für den Franzosen bezahlen muss. Ähnlich wie der offensive Mittelfeldspieler Jurgen Ekkelenkamp, der in der vergangenen Woche von Ajax Amsterdam verpflichtet wurde, scheint auch Maolida eher ein Perspektivspieler zu sein. Für Nizza hat er in 51 Einsätzen in der Ligue 1 vier Tore erzielt und sechs weitere vorbereitet. Gut möglich also, dass Hertha nach dem Abgang von Lukebakio noch einen weiteren Spieler für die Außenbahn sucht, der sofort hilft.
Hertha BSC hat viel Qualität verloren
Nötig wäre das nicht nur wegen der prekären Tabellensituation. Mit Matheus Cunha, Jhon Cordoba und eben Lukebakio haben die Berliner in diesem Sommer ihre drei besten Scorer der Vorsaison abgegeben. Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass alle drei zu den am besten bezahlten Profis in Herthas Kader gehört haben. Cunha und Lukebakio sind zu einer Zeit gekommen, als Hertha auf dem Transfermarkt noch so großspurig auftreten konnte wie der neureiche Onkel aus Amerika auf seinem Besuch bei den armen Verwandten in Europa.
Als Lukebakio im Sommer 2019 nach Berlin gekommen ist, war die Welt noch eine andere. 20 Millionen Euro bezahlte Hertha an den FC Watford, und sein damals ausgehandeltes Gehalt ist längst der Zeit gefallen ist. Immerhin dieses Geld sparen die Berliner durch das Leihgeschäft mit dem VfL Wolfsburg nun ein. „Die Option für diesen Wechsel hat sich kurzfristig eröffnet und ergibt für beide Seiten Sinn“, sagt Sportgeschäftsführer Fredi Bobic.
Auch Hertha muss sparen, weil auch an Hertha die Folgen der Pandemie nicht spurlos vorbeigegangen sind. Das Geld, das Lars Windhorst in diesem Sommer an den Klub überwiesen hat (60 Millionen Euro), dient vor allem dazu, die pandemiebedingten Mindereinnahmen zu kompensieren. Für Neuverpflichtungen steht Fredi Bobic daher nur das Geld zur Verfügung, das er zuvor durch Transfers eingenommen hat. Die Erwartungen an Hertha und an Bobic waren andere. Insofern ist es gut möglich, dass auch dies für den einen oder anderen in einer an Überraschungen nicht armen Transferperiode überraschend kommt.