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Ungestüm. Jhon Cordoba bringt hier Willi Orban hier zu Fall – Strafstoß.
© imago images/Jan Huebner

Eine Niederlage, die Mut machen soll: Hertha BSC und der Null-Punkte-Aufschwung

Wie schon gegen den FC Bayern hält Hertha BSC auch gegen Leipzig gut mit und verliert unglücklich. Es passt ins merkwürdige Bild des Teams in diesem Herbst.

Parallel zur Mitgliederversammlung des Vereins hatte Bruno Labbadia seine Spieler am Sonntag zum Training gebeten. Für jene, die am Tag zuvor beim 1:2 in Leipzig nicht zum Einsatz gekommen waren, stand ein sogenanntes Spiel-Ersatztraining auf dem Programm, die anderen trainierten regenerativ, wie es so schön heißt. Bereits in Leipzig, direkt nach dem Spiel, hatte Herthas Trainer ein paar Worte an seine Mannschaft gerichtet. Wie schon bei den Bayern habe sein Team auch in Leipzig mit einer weiteren Top-Mannschaft lange Zeit mithalten können. „Das habe ich meinen Spielern gesagt“, berichtete Labbadia, „leider haben die Ergebnisse nicht gestimmt, aber diese Leistung müssen wir als Ansporn nehmen.“

Tatsächlich gibt Hertha im Herbst 2020 ein sehr merkwürdiges Bild ab. Unbestritten ist, dass der Charlottenburger Bundesligist besser ist, als die drei Punkte in der Tabelle sagen. Und ja, die 1:2-Niederlage beim Tabellenführer RB Leipzig war mal wieder eine der besseren Sorte. Es soll ja Niederlagen geben, die Hoffnung machen. Wie schon das 3:4 in München.

Wären da nicht immer wieder die Totalausfälle in den Heimspielen gegen Frankfurt und zuletzt gegen den Aufsteiger Stuttgart. Das 1:2 in Sachsen war nun schon die vierte Niederlage in Serie. Und so steckt Hertha nach fünf Spieltagen im Tabellenkeller fest, saisonübergreifend haben die Berliner sogar neun der letzten elf Spiele verloren. Zu sehr schwanken die Leistungen, zu fehlerhaft ist das Spiel. Eine neue Team-Achse auf dem Rasen ist noch nicht gefunden. Die Ergebnisse stimmen nicht. Alles Zutaten einer Krise.

Davon will bei den Berlinern niemand etwas hören. „Das war ein Auftritt, der Mut macht“, sagte etwa Alexander Schwolow. Herthas Torhüter sah einen Teilgrund für die knappe Niederlage in der Leistung des Schiedsrichters. „Wir haben einen Super-Fight hingelegt. Klar liegt die Schuld bei uns, aber die Gelb-Rote Karte war eine Fehlentscheidung, die unser Spiel komplett umgehauen hat.“

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Bis zur Halbzeitpause (1:1) hatten die Berliner, die in Leipzig in Führung gegangen waren, das Spiel offen halten können. Mit Beginn der zweiten Hälfte hatte Schiedsrichter Tobias Stieler den gerade erst eingewechselten Deyovaisio Zeefuik nach zwei Fouls innerhalb weniger Minuten nach Gelb-Rot wieder vom Platz geschickt. Eine harte Entscheidung, auch wenn man sagen muss, dass Zeefuik an der Außenlinie beide Male geschickter hätte agieren müssen. Michael Preetz allerdings suchte die Schuld vor allem beim Unparteiischen. „Dieses sehr intensive Spiel hätte einen guten Schiedsrichter verdient gehabt. Das war heute eben nicht der Fall“, schimpfte Herthas Manager nach Spielende. Man fühle sich benachteiligt. Stieler habe sich über das Spiel gestellt. Den entscheidenden Foulelfmeter schloss er dabei aber explizit aus: „Der war eindeutig“, sagte Preetz.

Selbst in Unterzahl konnte Hertha dem wachsenden Druck der Leipziger lange Zeit durch ein verbessertes Defensivverhalten trotzen. Bis Stürmer Jhon Cordoba zu Beginn der Schlussphase im eigenen Strafraum den Leipziger Willi Orban zu Fall brachte, was zum 2:1-Siegtreffer für die Gastgeber führte. „Wir hatten das 2:1 auf dem Fuß, kassieren dann aber den dummen Elfmeter“, sagte Labbadia.

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Oft sind es individuelle Fehler, die Hertha zuletzt oft auf die Verliererstraße gebracht haben. Und diese Fehler unterlaufen immer anderen Spielern, „das macht es uns derzeit schwer“. Labbadia stellte sich aber schützend vor Cordoba, der die Führung erzielt hatte, und später in der Defensive aushelfen wollte. „Das ist mehr aus Eifer passiert“, sagte Labbadia. Cordoba wisse selbst, dass das nicht passieren dürfe, „er hatte es gut gemeint“.

Gut gemeint – das umschreibt Herthas Treiben im Herbst 2020 ganz gut. In Leipzig zeigten die Berliner sich mannschaftlich verbessert. Allein es fehlte der Lohn. „Wir müssen da jetzt dran bleiben“, appellierte Labbadia, die Ergebnisse würden dann schon kommen.

Fakt ist, dass die Leistungen in den Auswärtsspielen in Bremen, München und Leipzig stimmten. Die Tabelle lügt nicht, heißt es so schön. Aber es gibt auch eine zweite Wahrheit. Und dazu gehört, dass Hertha über eine bessere Grundqualität verfügt als jene Mannschaften, die in den unteren Tabellenhälfte um Hertha herum platziert sind. Viel Zeit hat Labbadia nicht mehr, inmitten des Umbruchs eine Mannschaft zu formen, die stabil und konstant Leistung liefert.

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