Vor dem Spiel gegen Augsburg: Hertha BSC steht vor entscheidenden Wochen
Hertha BSC muss das Heimspiel am Sonntag gegen Augsburg gewinnen, um weiter im Rennen um Europa zu bleiben.
Als Pal Dardai neulich die Auswärtsniederlage in Mönchengladbach zu erklären versuchte, die siebente in Folge, landete er plötzlich bei Dieter Hoeneß. Das überraschte insofern, als dass der inzwischen 64-Jährige längst nicht mehr die Geschicke von Hertha BSC bestimmt, was er 13 Jahre als Manager tat und in einer seiner ersten Amtshandlungen den Spieler Pal Dardai verpflichtete. Also „der Dieter“, sagte Dardai, habe nicht gerade als Edeltechniker gegolten, obwohl er allein für den FC Bayern mehr als einhundert Tore geschossen hat. Die Kunst bestehe laut Hoeneß nämlich darin, dass der Ball im Netz ist. „Diese Kunst fehlt jetzt“, sagte Herthas Trainer Dardai.
Die Torgefahr ist das eine, was Berlins Bundesligist momentan abgeht. Drei Niederlagen am Stück (Köln, Hoffenheim und Mönchengladbach) haben zudem etwas am Selbstvertrauen gekratzt, auch wenn Michael Preetz vor dem Heimspiel am Sonntag gegen den FC Augsburg keinen Grund erkennen kann, „nicht selbstbewusst ins Spiel zu gehen“. Gleichwohl gibt Herthas Manager zu, dass es „nicht schlecht wäre“, wieder mal ein Spiel zu gewinnen.
Ins Team zurückkehren wird Vedad Ibisevic. Der Mannschaftskapitän und Mittelstürmer, mit elf Treffern Hertha torgefährlichste Spieler, hat sein Sperre abgesessen. „Es tut gut, dass er wieder dabei ist“, sagte Dardai, „aber er kann es eben nicht allein machen.“ Wenn er zwei Verteidiger auf sich ziehe, müssten andere offensive Spieler in die Lücken stoßen und Torabschlüsse suchen.
Dabei haben sich gerade Spiele gegen den FC Augsburg als ziemliche zähe und enge Angelegenheiten mit relativ wenig Toren erwiesen. „Das befürchte ich wieder“, sagte Dardai. Wenn seiner Mannschaft kein schnelles Tor gelänge, werde man sich auf ein Geduldsspiel einrichten müssen.
„Wir streben zum Abschluss der Englische Woche drei Punkte an“, sagt Preetz. Für Herthas Manager könne ein Sieg eine kleine Serie initiieren. Mit Augsburg, Mainz (auswärts) und Wolfsburg haben die Berliner jetzt drei Gegner zu bespielen, die schlagbar sind. Es folgen dann noch Spiele gegen Bremen (auswärts), Leipzig, Darmstadt (auswärts) und Leverkusen. Vier dieser sieben Spiele will Dardai gewinnen. Mit zwölf Punkten könne man Platz sechs verteidigen und Europa erreichen, wie Dardai sagt.
Weit vom Ziel entfernt
Unmöglich erscheint dieses Vorhaben nicht, doch Hertha hat seit dem Heimsieg über Dortmund geschwächelt. In den nächsten drei Spielen wird sich zeigen, ob aus einer bisher mäßigen Rückrunde, noch eine ordentliche wird. Von den zehn Spielen der diesjährigen Rückrunde hat Hertha sechs verloren und nur zehn Punkte erreicht. Zum selben Zeitpunkt der Hinrunde hatte Hertha gegen dieselbe Gegnerschaft sechs Sieg und 20 Punkte geholt.
Von den 30 Punkten der Hinrunde, die Dardai sich von seiner Mannschaft auch in der Rückrunde wünschte, ist die Mannschaft meilenweit entfernt. „30 Punkte in einer Halbserie kann sie, aber dann muss alles passen, alle müssen fit sein“, sagte Dardai. Wenn nicht alles passe, oder wie zuletzt Schlüsselspieler verletzt oder gesperrt sind, dann könnten am Ende eine Halbserie auch mal nur 18 Punkte herauskommen. Wie in der Rückrunde der vorigen Spielzeit.
Diese gilt den allermeisten in der Nachbetrachtung als missraten, weil Hertha nach 32 Punkten als Hinrundendritter auf den letzten Metern der Spielzeit einen Platz im Europapokal vergeigte. „Alle haben damals geschimpft wegen der 18 Punkte, ich gar nicht so sehr, weil ich sah, woran es lag“, sagte Dardai.
Seine Mannschaft habe sich entwickelt, sie sei weiter, auch wenn momentan ein paar Punkte fehlten. Ohnehin würden ihm zu oft Parallelen zur Rückrunde der Vorsaison gezogen, und zu der davor, und zu der „vor hundert Jahren“, sagte Dardai über Herthas latente Rückrundenschwäche, „aber das hilft uns nicht“.
Im Profifußball gehe es am Ende um Punkte, „es wäre also nicht schlecht, jetzt zu gewinnen“, sagte der Trainer frohen Mutes. Er sehe doch, dass seine Spieler willens sind, dass sie sich im Training mühten. Auch in den letzten Spielen könne er ihnen in Sachen Einsatz und Einstellung keine Vorwürfe mache, „wir müssen realistisch bleiben, wir haben Limits“. Vor allem und gerade im Torabschluss. Vielleicht sollte er noch einmal auf ein Spiel aus dem Februar 1984 zurückgreifen, als Anschauungsunterricht. Ein gewisser Dieter Hoeneß schoss damals in 21 Minuten fünf Tore.