Vor einer Woche trat der Trainer zurück: Hertha BSC ist mehr als Jürgen Klinsmann
Auch eine Woche nach der Flucht wird Hertha BSC noch auf Jürgen Klinsmann reduziert. Doch kaum jemand scheint den Weggang zu bedauern. Ein Kommentar.
Es ist schon ein bisschen komisch. Genau eine Woche ist es jetzt her, dass Jürgen Klinsmann das seiner Meinung nach „spannendste Fußball-Projekt Europas“ auf einmal dröge genug fand, um einfach abzuhauen. Und trotzdem ist er wie ein gemeiner Geist immer noch allgegenwärtig. Jeden Tag ploppen irgendwelche neue Nachrichten zum ihm auf.
Wen er nicht alles holen wollte: Lukas Podolski und Mesut Özil und Julian Draxler und Mario Götze und Emre Can und seinen Sohn Jonathan. Welche Deals Hertha nun durch seine Flucht alles verpasst haben soll: Mit Tesla und mit Amazon und mit Facebook. Was davon stimmt, lässt sich im Nachhinein schwer überprüfen. Aber da Investor Lars Windhorst angedeutet hat, dass der Name Klinsmann einige Interessenten angelockt hätte, wird schon etwas dran sein.
Auf einmal treten alle gegen Klinsmann nach
Die Frage ist doch aber, warum man sich bemüßigt sieht, das alles noch einmal aufzurollen. Jetzt, da alles vorbei ist – und niemand an einen Weg zurück glaubt. Nicht nach Berlin. Nicht zu einem anderen Bundesligisten. Das Merkwürdige daran: Quasi niemand hat versucht, Klinsmanns skurrilen Abgang zu verteidigen oder zu verstehen.
Alte Weggefährten haben ihn vielmehr zum Anlass genommen, die alten Geschichten wieder herauszukamen – als wollten sie beweisen, dass der Coach wirklich unzulänglich und realitätsfremd ist. Wie krude er sich damals als Nationaltrainer benommen hat. Wie absurd es bei den Bayern gelaufen war. Wie blöd die Trennung vom US-Nationalteam zustande kam. Undsoweiterundsofort.
So wirkt es ein bisschen so, als würden sie ein Gesicht für bedeutender halten als das gesamte Projekt. Aber wieso soll Hertha nicht auch ohne Klinsmann, der noch keinen nachhaltigen Nachweis erbracht hat, ein guter Klubtrainer zu sein, groß werden können? Ist ein Bundesligist weniger unterstützenswert, wenn er sich mit einem anderen Trainer weiterentwickelt?
Investor Lars Windhorst hat gesagt, dass Klinsmann es bestimmt schon bereue, einfach so hingeschmissen zu haben. Legt man die seither getätigten Aussagen und Wortmeldungen zugrunde, ist das wahrscheinlicher als umgekehrt. Denn dass Hertha Jürgen Klinsmanns Weggang wirklich sehr bedauert, kann man sich nach so einer egoistischen Nummer nur schwer vorstellen.