Bundesliga-Transfermarkt: Hertha BSC ist der stille Beobachter
Nach zurückhaltendem Beginn brummt der Bundesliga-Transfermarkt mittlerweile - nur Hertha hält sich noch zurück. Das hat verschiedene Gründe.
Pal Dardai widerspricht der Vermutung, dass der vergangene Sonntag ein schwarzer für Hertha BSC gewesen sein könnte – und das durchaus überzeugend. Am Sonntag sind in der Fußball-Bundesliga einige Personalfragen zum Abschluss gebracht worden. Allerdings nicht von den Berlinern, sondern von ihrer Konkurrenz. Sidney Sam wechselt wohl zu Eintracht Frankfurt, und Emir Spahic hat sich für einen Einjahresvertrag beim HSV entschieden. Beide waren auch mit Hertha in Verbindung gebracht worden, und zumindest bei Spahic schienen die Berliner echte Chancen gehabt zu haben. „Ich habe mit ihm nicht gesprochen“, sagt Trainer Dardai. „Der Einzige, mit dem ich persönlich gesprochen habe, war Mitchell Weiser. Und der hat sich für uns entschieden.“
Mit anderen Worten: Die Verhandlungen mit Spahic waren längst nicht so weit gediehen wie kolportiert. Und auch sonst ist offenbar noch kein Transfer final vorbereitet. Dardai würde sich zwar wünschen, dass sein Kader im zweiten Trainingslager Ende des Monats weitgehend komplett wäre; er hat sich allerdings schon darauf eingestellt, dass einige Transfers erst im August vollzogen werden können. Michael Preetz nimmt er trotzdem in Schutz. „Auch der Manager arbeitet hart“, sagt er.
Dardais Gelassenheit ist so etwas wie Herthas offizielle Linie in diesem Stadium der Transferperiode. „Nur keine Hektik“, verkündet der Ungar. Doch während der Transfermarkt inzwischen richtig angefangen hat zu brummen, begnügen sich die Berliner weiterhin mit der Rolle des stillen Beobachters. Kein Klub der Fußball-Bundesliga hat sich derart zurückgehalten wie Hertha. Nur Weiser wurde bisher verpflichtet, dazu ist Sami Allagui aus Mainz zurückgekehrt.
Dass Hertha nach dem glücklichen Klassenerhalt Verstärkungen braucht, dürfte kaum jemand bestreiten. Der Kaderumbau aber gestaltet sich weiterhin schwierig. Das liegt zum einen daran, dass die sechs Millionen Euro des neuen Hauptsponsors bis zur offiziellen Vertragsunterzeichnung nur virtuell verplant werden können. Zum anderen tut sich in Herthas Kader auch in die andere Richtung derzeit nichts. Nur Marcel Ndjeng, John Heitinga und Fabian Holland haben den Klub bisher verlassen. Die anderen Spieler, von denen sich Hertha noch trennen möchte, trainieren weiterhin mit. Intern gehen die Berliner davon aus, dass die meisten die Zeichen richtig gedeutet haben und sich beruflich verändern werden. Die Frage ist nur: wann?
Am Montag sind mit Salomon Kalou, Valentin Stocker, Peter Pekarik und Per Skjelbred vier weitere Nationalspieler im Trainingslager in Bad Saarow eingetroffen. Inklusive der drei Nachwuchskräfte Maximilian Mittelstädt, 18, Shawn Kauter, 19, und Florian Kohls, 20, standen 23 Spieler auf dem Feld. Insgesamt aber umfasst der Kader derzeit 31 Mann – keine praktikable Größe für die tägliche Trainingsarbeit.
Herthas Problem ist nicht die Quantität, sondern die Qualität. „Genügend Spieler haben wir“, sagt Valentins Stocker. Allerdings haben die Berliner nach Heitingas Weggang mit Sebastian Langkamp und John Anthony Brooks nur noch zwei gelernte Innenverteidiger. Fabian Lustenberger könne jederzeit in der Viererkette aushelfen, sagt Dardai, auch den Außenverteidigern Marvin Plattenhardt oder Johannes van den Bergh traut er diese Rolle zu. „Wir haben andere Baustellen“, findet Dardai. Ein spielstarker Mittelfeldspieler und ein Mann für die Offensive stehen weiterhin ganz oben auf der Herthas Liste.
Solange Hertha keine Abschlüsse auf dem Transfermarkt vermelden kann, geht Dardai davon aus, dass er auch mit dem Altbestand zurechtkommen würde. Er vertraut darauf, dass sich einige Neuzugänge aus dem vergangenen Sommer in ihrer zweiten Saison besser zurechtfinden. Salomon Kalou etwa, von dem der Trainer sagt, er habe im vergangenen Jahre „nicht so doll ausgesehen“. Trotzdem hat er ihm öffentlich das Vertrauen ausgesprochen. Darauf wird sich der Ivorer nicht mehr verlassen können. Dardai sagt: „Letztes Jahr Vertrauen, dieses Jahr Konkurrenzkampf, das ist das Motto.“