DFB-Niederlage gegen Mexiko: Herr Löw, ich widerspreche Ihnen
Beim 0:1 gegen Mexiko fehlt bei der deutschen Nationalmannschaft vieles. Wie sich Bundestrainer Löw nach der Auftaktniederlage gibt, wirkt deplatziert. Ein Kommentar.
Die deutsche Mannschaft wollte ein Zeichen setzen, als Titelverteidiger sozusagen, gleich in ihrem Auftaktspiel. Bundestrainer Joachim Löw hatte das so gesagt, und es klang wie ein Versprechen. Nun, man kann dem Titelverteidiger nach dem 0:1 gegen Mexiko vieles unterstellen, nicht aber, kein Zeichen gesetzt zu haben. Dummerweise nur ganz anders als geplant. Die Leistung war kein Ausrufezeichen, sie hinterließ ein großes Fragezeichen.
Natürlich fällt jetzt wegen einer Niederlage zum Auftakt nicht alles auseinander. Das deutsche Team hat noch alle Möglichkeiten, das zu korrigieren. Doch ein paar grundlegende Gedanken sollten alle Beteiligten anstellen.
Ein Weckruf zur rechten Zeit war es nicht, denn dafür ist es bei einem Turnier zu spät. Löw und sein Team haben ihre Weckrufe gehabt. Gegen die Fußballgiganten Österreich und Saudi Arabien. Angekommen ist da offenbar nichts. Der Auftritt des Titelverteidigers in der ersten Halbzeit wirkte unbeholfen und teilweise sogar selbstgefällig wie so mancher in seinem Gehabe und Gerede in den vergangenen Tagen der Turniervorbereitung. Vielleicht tut die Niederlage dem einen oder anderen einmal gut, der sich abgehoben gab oder so spielte.
Wo war die Hingabe?
Löws mexikanischer Kollege Juan Carlos Osorio war freudetrunken nach dem historischen Sieg, noch nie konnte Mexiko bei einer WM Deutschland schlagen. Auf sein Geheimnis angesprochen, antwortete er, dass er und seine Mannschaft seit sechs Monaten einen Plan verfolgt hätten. Genau den vermisste man bei den Deutschen, Herr Löw.
„Wir haben heute aus der Liebe zum Sieg gespielt, und nicht mit der Angst auf Verzicht“, sagte Osorio. Lateinamerikaner können so schöne Sätze bauen, wenn sie auch noch Wahrheit in sich tragen, sollten sie einem nachklingen.
Genau das hat der Weltmeister vermissen lassen, die Liebe zum Sieg und die Hingabe, die dafür erforderlich ist. Wenn die fehlt, ist das entweder ein Zeichen, Spiel oder Gegner nicht ernst genommen, oder, schlimmer noch, das eigene Können überhöht zu haben.Ein Zustand, der übrigens nicht nur für die Spieler gelten kann.
Und Herr Löw, ich widerspreche Ihnen: Es muss nicht erst lange ergründet werden, woran es gelegen hat. Die Unzulänglichkeiten waren zu offensichtlich. Ein wenig Demut würde allen einmal ganz gut stehen.
Drei der letzten vier Weltmeister vor 2014 haben anschließend nicht mal die Vorrunde überstanden. Ein Journalist aus Südamerika wollte von Löw wissen, was er tun werde, um dieses Schicksal abwenden zu können. „Uns wird es nicht passieren“, sagte Löw, „wir werden es schaffen.“ Da war es wieder, was schon seit langem nicht passt, das Lapidare.
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