Vertrag in Melsungen ab 2020: Heinevetter verlässt die Füchse Berlin
Die Füchse Berlin verlieren in Handball-Nationaltorhüter Silvio Heinevetter eines ihrer bekanntesten Gesichter. Ab 2020 spielt er in Melsungen.
Montag stand ein netter Termin für die Handball-Nationalmannschaft an. Das Team von Bundestrainer Christian Prokop traf sich vor den EM-Qualifikationsspielen gegen Polen in Berlin und besuchte am Nachmittag das Bundeskanzleramt. 40 Tage nach der Heim-WM empfing Angela Merkel die DHB-Auswahl – und einer der Spieler mit dem kürzesten Anreiseweg war Silvio Heinevetter, der Nationaltorhüter und Keeper der Füchse Berlin.
Es sind auch Anlässe wie der Termin bei der Kanzlerin, die Heinevetter in Berlin haben heimisch werden lassen. Der exzentrische Torwart, 2009 aus Magdeburg zu den Füchsen gewechselt und seit einigen Jahren mit der Schauspielerin Simone Thomalla liiert, ist regelmäßiger Gast auf den Roten Teppichen der Stadt, vorwiegend bei Theater- oder Filmpremieren. Der 34-Jährige zählt zu den wenigen Vertretern seiner Sportart, die auch fachfremden Menschen ein Begriff sind. Heinevetter ist nicht nur dienstältester Spieler im Füchse-Kader, sondern auch Gesicht des Vereins. Jedenfalls im Moment noch.
Heinevetter war der "Franchise-Player" der Füchse
In absehbarer Zeit müssen sich die Füchse nun neue Gesichter suchen. Wie am Montag bekannt wurde, verlässt Heinevetter den Klub im Sommer 2020. Nach dem verlorenen DHB-Pokal-Halbfinale gegen Kiel am Samstag informierte er Manager Bob Hanning und die Berliner Kollegen über seine Entscheidung. Dem Vernehmen nach soll es den Torhüter zum Bundesliga-Konkurrenten MT Melsungen ziehen. „Silvio ist nicht der erste Spieler, der sich sportlich verändern will“, sagt Hanning, „das ist ganz normal.“
Ganz so gleichgültig wie offiziell verlautbart dürften sie den Abgang ihres populärsten Angestellten allerdings nicht hinnehmen. Hanning hat Heinevetter mehrfach „unseren Franchise-Player“ genannt – ein Begriff aus dem US-Sport, der jenen Spieler bezeichnet, um den eine Mannschaft aufgebaut wird. Als sich der HSV Handball im Sommer 2013 um Heinevetters Dienste bemühte, gingen die Berliner finanziell an ihre Grenzen, um einen Wechsel zu verhindern. Als Heinevetter seine Arbeitspapiere im Dezember 2016 vorzeitig um zwei weitere Jahre verlängerte, äußerten die Entscheidungsträger den Wunsch, dass der Torhüter seine Karriere womöglich sogar im Füchse-Trikot beenden möge. „Ich mag Berlin, die Mannschaft und habe momentan sehr viel Spaß bei meinem Job“, sagte Heinevetter, „warum sollte ich also wechseln?“
In Melsungen warten vier Kollegen aus dem Nationalteam
Knapp zweieinhalb Jahre später hat er seine Meinung offenbar geändert. Zuletzt ist der Nationalkeeper – genau wie seine Teamkollegen – öffentlichkeitswirksam von Trainer Velimir Petkovic angezählt worden. „Wenn Heine einen Konkurrenten hat, der ihn nicht überholen kann, trainiert er nicht jeden Tag auf höchstem Niveau“, sagte Petkovic. Es war nicht das erste Mal, dass Heinevetters Trainingseifer Gegenstand öffentlicher Debatten war. Nach seiner Nicht-Nominierung für die EM 2016, bei der Deutschland den Titel gewann, sagte der damalige Füchse-Trainer Erlingur Richardsson: „Vielleicht war das das Zeichen für ihn, dass er wieder mehr im Training machen muss. Ich weiß, dass er viel besser sein kann als im Moment.“ Heinevetter nahm sich die Kritik zu Herzen – und kam stärker zurück. Mittlerweile zählt er längst wieder zum festen Stamm der Nationalmannschaft.
Bei seinem neuen Klub in Melsungen wird Heinevetter auf einige Kollegen aus dem Nationalteam treffen. Der Klub aus Nordhessen hat zuletzt mächtig aufgerüstet und beschäftigt in Tobias Reichmann, Finn Lemke und Julius Kühn bereits drei deutsche Nationalspieler. Zur übernächsten Saison haben sich die Melsunger zudem die Dienste Kai Häfners gesichert – und eben Heinevetters. „Die MT Melsungen hat mir viel Wertschätzung entgegengebracht und um mich gekämpft, wie man es sonst nur um eine tolle Frau macht“, wird Heinevetter auf der Facebook-Seite der Handball-Bundesliga zitiert. Klingt beinahe so, als hätten die Füchse genau das eben nicht getan.