Olympia-Bewerbung: "Hamburg ist hungriger als Berlin"
Andreas Ullmann, Experte für Sportmarketing, erklärt im Tagesspiegel-Interview, warum der DOSB bei der Wahl der Bewerberstadt für Olympia richtig lag.
Herr Ullmann, der DOSB kürte Hamburg zum Olympiabewerber. Aus der Sicht des Sportmarketing die richtige Entscheidung?
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine breite Unterstützung in der Bevölkerung ein sehr wichtiger Faktor ist. Das ist auch für Unternehmen attraktiv, die das Vorhaben unterstützen und damit eine erfolgreiche Bewerbung erst möglich machen. Hier ist das Votum der Hamburger positiver ausgefallen.
Warum haben sich mehr Hamburger als Berliner für Olympia begeistert?
Wenn es um Weltveranstaltungen im Sport in Deutschland geht, fanden sie bisher ausschließlich in München oder Berlin statt. Deshalb kann man annehmen, dass die Gier nach etwas ganz Großem in Hamburg stärker ist. Auch das Thema Sommer spielte eine große Rolle.
Warum spricht das für Hamburg?
Hamburg ist als Standort nahezu prädestiniert für Olympische Spiele im Sommer, weil auch das Element Wasser eine zentrale Bedeutung hat. Die Nähe zu möglichen Austragungsorten wie beispielsweise Kiel würde für Besucher der Spiele kurze Reisewege bedeuten. Mit den Möglichkeiten, die Hamburg selbst bietet, fällt es den Menschen einfach leicht, sich ihre Stadt als Austragungsort der Sommerspiele vorzustellen.
Warum wollten nicht genügend Berliner die Spiele haben?
Berlin ist gespickt von Highlights und eine Weltstadt mit drei Ausrufezeichen dahinter. In regelmäßigen Abständen finden dort global beachtete Veranstaltungen im Sport- und Kulturbereich statt, von der Berlinale bis hin zum diesjährigen Champions-League-Finale. Die Berliner sind vielleicht nicht müde, aber eben nicht so hungrig wie die Hamburger.
Was würden Olympischen Spiele Hamburg bringen?
Angefangen mit den Übernachtungszahlen aus dem Ausland, liegt Hamburg in Deutschland hinter Berlin und München auf Rang drei. Hamburg könnte in diesem Punkt nachhaltig von Olympischen Spielen profitieren. So haben zum Bespiel bei der Fußball-WM 2006 viele Gäste Deutschland als Reiseziel erst kennengelernt und sind später als Touristen zurückgekommen. Auch die Bevölkerung wird beispielsweise von den Sportstätten oder infrastrukturellen Neuerungen profitieren. Das macht die Stadt noch lebenswerter und attraktiver.
Aber ist die nicht so große Reputation Hamburgs im Ausland nicht auch bei der Olympiavergabe das große Manko gegenüber Mitbewerbern wie Boston oder Rom?
Das sind sicherlich Städte, die auf den ersten Blick in der Welt mehr Bedeutung haben. Aber wenn die Bevölkerung in Hamburg, Deutschland und vielleicht sogar im benachbarten Ausland die Bewerbung unterstützt, kann das der Kandidatur große Schubkraft geben. Und man darf Hamburg auch nicht kleiner reden, als es ist. Denn von der Bevölkerungszahl her ist es größer als Boston.
Mit was könnte Hamburger Bewerbung international punkten?
Das Konzept der kurzen Wege und einer zentralen Lage des möglichen Olympiastadions ist für Gäste hochattraktiv, auch wegen der Nähe zu touristischen Attraktionen. Die Stadt hat ein sehr ausgeprägtes maritimes Flair wie kaum eine andere Stadt in der Welt. Feuer und Flamme sind die Hamburger ja schon, jetzt müssen sie nur noch das Element Wasser stärker in die Bewerbung einfließen lassen.