Trainingsauftakt Eisbären Berlin: Gute Laune und große Ziele
Zum Trainingsauftakt versprühen die Eisbären viel Elan – ihr Trainer Uwe Krupp spricht schon mal vom Meistertitel.
Es sind ja Ferien. Im gesamten Bundesgebiet momentan sogar. Das heißt, die Menschen haben Zeit und Geduld – wie die 350 Menschen, aufgrund des Ortes und diverser angelegter Devotionalien einwandfrei als Anhänger der Eisbären Berlin zu identifizieren, die am Montagmorgen in der großen Eishalle im Berliner Sportforum ausharren. Für 10 Uhr war das Auftakttraining des Berliner Klubs aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) angesetzt, als 40 Minuten später die ersten Spieler aus dem Kraftraum Richtung Kabine trotten, werden die Fans nicht unruhig. Das „Hey, wir woll’n die Eisbären sehen“, die Klubhymne, haben sie ja schon längst geträllert. Die paar Minuten halten die Fans noch durch, sie haben ja schon seit April auf ihre Lieblinge verzichten müssen. So lange haben die Eisbären nicht mehr gespielt, seit dem bitteren Viertelfinalaus in den Play-offs gegen die Kölner Haie.
62 Minuten nach angesagtem Beginn huscht die Mannschaft tatsächlich über das Eis. Trainer Uwe Krupp scheucht seine Spieler ganz schön und sagt später: „Klar, am Anfang sind natürlich alle euphorisch. Aber wir werden es schon schaffen, dass die Spieler in zwei, drei Wochen müde sind und wollen, dass dieses Trainingslager bald vorbei ist.“ Krupp lächelt. „Der Sarkasmus kommt nicht rüber? Bin mal gespannt, wie das verschriftlicht wird.“ Nun, indem man schreibt, dass der Trainer sagt, dass sein Sarkasmus nicht rüber komme.
Uwe Krupp haut einen flotten Spruch raus
Krupps flotte Wortspiele legen den Schluss nahe, dass es den Eisbären zum Trainingsauftakt gut geht. Kapitän André Rankel sagt, Mallorca-gebräunt: „Die Stimmung ist super, das Ende der vergangenen Saison mit dem Aus gegen Köln spätestens jetzt vergessen.“ So sieht es auch sein Trainer. „Wir arbeiten weiter. Frustriert bist du erst, wenn du aufgibst.“ Aber doch nicht die Eisbären. Das Ziel für die kommende Spielzeit ist klar, Krupp formuliert es: „Wir wollen Meister werden.“
An dieser Aussage wird Krupp wieder gemessen werden, Meister werden können in der DEL ab September zehn von 14 Klubs. Wie sehr lassen sich die Chancen der Berliner jetzt schon einschätzen, tatsächlich bis zum Play-off-Finale Ende April 2017 mitzuspielen? Was den Kader betrifft wird das eher schwer, denn die Eisbären haben sich nur vorsichtig verstärkt. Oder auch gar nicht. Vier von acht neuen Spielern seien bei den Berlinern für einen Stammplatz im DEL-Team eingeplant, sagt Krupp: Die Nordamerikaner Kyle Wilson (erste öffentliche Worte nach dem Training am Montag: „Berlin ist eine tolle Stadt“), Jamie MacQueen (Zweitligist Kassel) und Nick Petersen (zuvor Iserlohn) sowie Daniel Fischbuch (Düsseldorf) – allesamt Stürmer. Zudem gibt es vier junge deutsche Spieler, darunter Torwart Maximilian Franzreb mit DEL-Erfahrung. Offensichtlich ist, die Eisbären waren nicht mit einem Goldsack auf dem Transfermarkt unterwegs, der große Name fehlt bei den Zugängen. War aber laut Krupp auch nicht nötig. Denn nur, wenn eine Mannschaft nicht funktioniere, dann müsse man die Hälfte an Spielern austauschen.
Zugang Kyle Wilson: "Von den Eisbären habe ich nur Gutes gehört"
Leuchtet ein. Doch wie sehr haben die Eisbären vergangene Saison funktioniert? Gut, ganz neutral gesehen war Platz zwei nach der Hauptrunde sehr gut und das Ausschneiden im siebten Viertelfinalspiel gegen Köln in Ordnung. Doch diesmal soll es ja mehr werden, die Konkurrenz um den Titel ist aber kaum schwächer geworden – auch wenn mit den Hamburg Freezers ein potenziell starkes Team durch ein unterdurchschnittliches aus Bremerhaven getauscht wurde. Aber in München oder Mannheim haben sie mehr zugelangt als in Berlin. Das muss aber nichts heißen. Die Eisbären sind schließlich die Eisbären und leben immer ein Stück weit von ihrem eigenen familiären, kultigen Touch, den sie trotz Großarena und undurchsichtigem Eigner, der Anschutz-Gruppe, immer noch bewahrt haben. Jeder Spieler, der nach Berlin kommt, scheint das zu spüren. So sagt dann auch Kyle Wilson, der mit 31 Jahren als Eishockeyprofi schon viel herumgekommen ist in der Eishockeywelt: „Von den Eisbären habe ich in Nordamerika nur Gutes gehört.“ Er wäre bestimmt nicht zu jedem Klub in der DEL gewechselt.
Das ist doch was. Und die Chance, Berlin nun gut kennenzulernen, hat Wilson in den kommenden Wochen beim Trainingscamp in Berlin, bevor es am 19. August mit dem Auftakt in der Champions League gegen Lulea aus Schweden erstmals ernst wird für die Eisbären, die am 12. August noch ein Testspiel beim Kooperationspartner Weißwasser bestreiten. Mit schlechter Laune dann, nach fast zwei Wochen Training. Wenn man Uwe Krupp glauben darf. Ach nein, das war ja ein Scherz.