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Schwere Last. Granit Xhaka mutete seinem Landsmann Yann Sommer einiges zu, nachdem er das Siegtor im Derby erzielt hatte.
© dpa

Borussia Mönchengladbach in der Europa League: Granit Xhaka ist jetzt der Faktor X

Granit Xhaka hat lange gebraucht, um bei Borussia Mönchengladbach eine tragende Rolle zu spielen. Jetzt will er in der Europa League Titelverteidiger Sevilla ausschalten.

Der Reifeprozess, der ihm inzwischen von allen Seiten bescheinigt wird, äußert sich bei Granit Xhaka unter anderem in einer deutlich entspannteren Sicht auf die eigene Person. Xhaka, der Mittelfeldspieler von Borussia Mönchengladbach, kann inzwischen auch über sich selbst lachen. Am vergangenen Wochenende zum Beispiel hat der Schweizer in der dritten Person von sich gesprochen und sich als „der Mann, der am meisten redet“ bezeichnet. Das war durchaus ironisch gemeint.

Der ausgeprägte Mitteilungsdrang ist Xhaka nicht immer nur positiv ausgelegt worden, seitdem er 2012 vom FC Basel nach Gladbach gewechselt ist. „Ich habe früher mehr geredet und weniger Leistung gezeigt“, sagt er selbst. Inzwischen befinden sich Worte und Taten bei ihm in einem gesunden Gleichgewicht. Dabei ist Xhaka auch weiterhin nicht besonders schweigsam. „Er hat sich sehr positiv entwickelt“, sagt Borussias Trainer Lucien Favre. Diese Entwicklung lässt sich auch mit Zahlen belegen: In seinen ersten beiden Jahren in Gladbach hat Xhaka gerade ein Tor geschossen und eins vorbereitet; in dieser Saison kommt er bereits auf vier Treffer und vier Assists.

„Die ersten anderthalb Jahre waren sehr schwer für mich“, sagt er. Neben vielen Worten, seinem ausgeprägten Selbstbewusstsein, einem gewissen Hang zum Jähzorn hat sich Xhaka vor allem durch viele vermeidbare Fehler hervorgetan. Er habe anfangs zu viel gewollt, gibt er selbst zu. Dass Xhaka bei seinem Wechsel zur Borussia gerade 19 war, wurde leicht vergessen, weil er längst Nationalspieler und champions-league-erfahren war – und die Gladbacher eben 8,5 Millionen Euro für ihn gezahlt hatten. Andererseits hat er sich wohl auch ein bisschen über- und die Bundesliga ein bisschen unterschätzt.

Seit dieser Saison ist Xhaka ein wichtiger Faktor im Spiel der Gladbacher, die in allen drei Wettbewerben noch aussichtsreich vertreten sind. In der Bundesliga sind sie Dritter, im Pokal spielen sie im Achtelfinale beim Viertligisten Kickers Offenbach – und in der Zwischenrunde der Europa League treten sie an diesem Donnerstag beim Titelverteidiger FC Sevilla (21.05 Uhr, live bei Kabel 1) an. „Wir alle haben Ziele und Träume“, sagt Xhaka.

Inter Mailand und der SSC Neapel galten als mögliche Interessenten für Xhaka

Dabei schien er vor gut einem Jahr bereits am Ende seiner Träume bei Borussia angelangt zu sein. Immer wieder wurde darüber spekuliert, dass er den Klub nach der WM verlassen könnte. Inter Mailand und der SSC Neapel galten als mögliche Interessenten. Doch Xhaka blieb und hat in der internen Hierarchie inzwischen seinen Nebenmann im defensiven Mittelfeld, Weltmeister Christoph Kramer, hinter sich gelassen. Erst vor ein paar Tagen haben die Gladbacher den Vertrag mit dem 22-Jährigen bis 2019 verlängert.

„Er spielt jetzt viel schneller und disziplinierter“, sagt Lucien Favre. Der Trainer aus der Schweiz hat mit seinem Landsmann so ausdauernd an den Basics gearbeitet, dass Xhaka sich gelegentlich wie ein C-Jugendspieler vorkam. Inzwischen erfüllt er die Rolle, die ihm bei den Gladbachern von Anfang an zugedacht war. Xhaka gibt seiner Mannschaft Struktur, er ist der erste Aufbauspieler aus der Tiefe. Am Wochenende gegen den 1. FC Köln kam er auf 160 Ballkontakte.

Zudem verfügt Xhaka über die Fähigkeit zur Auto-Emotionalisierung, was ihn aus einem Team heraushebt, das in der Regel kühl dem Plan seines Trainers folgt. Nicht immer gelingt es ihm, seine Emotionen in die richtige Richtung lenken. Im Herbst, im längst verlorenen Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt, sah er in der Nachspielzeit innerhalb einer Minute wegen Ballwegschlagens und eines unnötigen Fouls im Mittelfeld zwei Mal Gelb. Andererseits hat er sich zuletzt gegen Köln eben nicht mit dem 0:0 zufrieden gegeben. So ein Derby ist für Xhaka noch ein bisschen mehr eine Frage der Ehre. Als es in der Nachspielzeit einen Freistoß gab, schickte er seinen kopfballstarken Kollegen Tony Jantschke nach hinten, nahm dessen Platz im Kölner Strafraum ein und köpfte schließlich zum 1:0 ein. Es war Xhakas erstes Kopfballtor als Profi.

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