Champions League: "Gott sei Dank gab es schnell Entwarnung"
Der VfL Wolfsburg feiert den größten internationalen Erfolg seiner Klubgeschichte. Ein verdächtiger Gegenstand sorgt nach Spielende kurz für Aufregung.
Der Champions League-Standort Wolfsburg ist ja schon genügend kritisiert worden. In den VfL-Heimspielen gegen ZSKA Moskau und PSV Eindhoven hatten sich jeweils nur knapp über 20.000 Zuschauer unter der Woche in der Wolfsburger Arena verloren, die Stimmung war gelinde gesagt ausbaufähig. Gegen Manchester United betrieb das Publikum Ehrenrettung. 50 000 Tickets hätten sie verkaufen können und durch das mit 26 400 Plätzen ausverkaufte Rund schallten pausenlos Gesänge, so dass die Atmosphäre fast ein bisschen englisch wirkte. Nach dem Spiel mussten die Fans dann aber aus Sicherheitsgründen im Stadion ausharren, die Polizei hatte einen verdächtigen Gegenstand gefunden, gab gegen 23.30 Uhr aber Entwarnung.
Die Polizei sprach von einer "reinen Vorsichtsmaßnahme"
Grund war ein leerer Karton auf einem Parkplatz. „Gott sei Dank gab es schnell Entwarnung. Besser man ist einmal zu viel vorsichtig als einmal zu wenig“, sagte VfL-Profi Julian Draxler. Mehr als eine halbe Stunde mussten viele Anhänger ausharren, ehe sie den 3:2-Erfolg des Fußball-Bundesligisten befreit genießen konnten. Wolfsburgs Polizeisprecher Sven-Marco Claus gab Entwarnung und sprach von einer „reinen Vorsichtsmaßnahme“. Der Karton sei von Fachleuten untersucht worden: „Die haben Entwarnung gegeben.“ Nach und nach konnten dann alle Zuschauer das Stadion wieder verlassen. Auch der gesperrte Parkplatz war wieder frei zugänglich. Den Nord- und Südbereich der Arena hatten die Zuschauer zuerst verlassen dürfen. „Wir haben Fluchtwege geöffnet“, erklärte Claus.
Sportlich lässt sich der deutsche Vizemeister international ohnehin nichts zu Schulden kommen und gewann ein unterhaltsames Spiel verdient 3:2 (2:1) gegen ManU und damit auch das dritte Heimspiel der Vorrunde. Die Wolfsburger ziehen also als Gruppenerster in das Achtelfinale ein, das am Montag ausgelost wird. Der viermalige Champions-League-Sieger aus Manchester spielt dagegen nur in der Europa League weiter, weil Eindhoven 2:1 (0:0) gegen Moskau siegte, und steckt unter Louis van Gaal in der Krise.
"Die Mannschaft hat einen hervorragenden Job gemacht", urteilte Trainer Dieter Hecking. "Ich wünsche mir, dass wir die Konstanz aus der Champions League auch in die Bundesliga mitnehmen können." Zufrieden zeigte sich auch der überragende Draxler: "Wenn man Manchester schlägt, hat man vieles richtig gemacht", urteilte der Nationalspieler und meinte zum größten Erfolg des VfL auf internationaler Ebene: "Die Mannschaft ist reif genug dafür. Wir sind zurecht da, wo wir jetzt sind."
Dabei waren die Erinnerungen keine guten, vor sechs Jahren ging es für den VfL am letzten Spieltag schon einmal um Alles, Michael Owen führte Uniteds B-Elf damals mit drei Treffern zu einem 3:1-Auswärtssieg. Die Vorzeichen waren am Mittwoch ganz andere. Trotz Transferausgaben von gut 140 Millionen Euro ist der Tabellenvierte der Premier League vom Status einem Titelfavoriten weit entfernt und trat mit teueren, aber wenig prominenten Namen in Wolfsburg an, ohne den verletzten Wayne Rooney, aber mit Bastian Schweinsteiger, gegen den in England wegen eines Ellbogenschlages ermittelt wird und den van Gaal zuletzt kritisiert hatte.
Schweinsteiger blieb auch in Wolfsburg blass und wurde ausgewechselt
In Wolfsburg zogen sich die Gäste aus England zunächst überraschend weit zurück und ließen die Gastgeber kommen. Und wie die kamen. Nach drei Minuten jagte André Schürrle den Ball aus zwölf Metern gleich mal freistehend übers Tor. Besser machte es auf der Gegenseite Anthony Martial. Der 50-Millionen-Euro-Neuzugang aus Monaco wurde von Juan Mata mit einem genialen Steilpass bedient, sprintete der VfL-Abwehr davon und schob den Ball an Torwart Diego Benaglio vorbei ins lange Eck. Wolfsburg zeigte sich nicht geschockt und antwortete direkt. Verteidiger Naldo verwandelte einen Freistoß volley in Mittelstürmer-Manier. Vielleicht hatte Ricardo Rodriguez den Freistoß zuvor zu scharf geschossen, er musste danach mit einer Muskelverletzung vom Feld. Aber Wolfsburg war weiter überlegen und zeigte nach einer halben Stunde eine traumhafte Kombination: Julian Draxler ließ einem Doppelpass mit Max Kruse einen Querpass zu Vierinha folgen, der zur 2:1-Führung einschob. Doch Manchester blieb gefährlich, Benaglio parierte einen Kopfball von Marouane Fellaini gekonnt und ein weiter Ball von Jesse Lingard, der im Tor landete, zählte nicht, weil Mata in Abseitsstellung Benaglio irritiert hatte.
In der zweiten Hälfte zog sich der VfL zurück, die Gäste wussten mit dem Platz trotz einiger Torchancen wenig anzufangen. Doch zehn Minuten vor Schluss gelang ManU der Ausgleich, Fellaini stützte sich nach einer Ecke aber bei Frisur-Zwilling Dante auf, bevor Josuha Guilavoui seinen Kopfball ins eigene Tor verlängerte. Direkt danach war wieder Naldo zur Stelle und köpfte eine Ecke wuchtig zum Sieg ein. Er wird den Wolfsburgern aber im Achtelfinal-Hinspiel gelbgesperrt fehlen. Ob das dem neuen Stimmungshoch in Wolfsburg schadet? (Tsp/dpa)