Olympia 2016 in Rio: Für Timo Boll zählt der Moment, nicht die Medaille
Erneut ist Tischtennisspieler Timo Boll gegen einen Außenseiter ausgeschieden. Doch er hatte in Rio einen wichtigeren Auftritt. Ein Kommentar.
Es hat ja jetzt doch geklappt mit Medaillen für Deutschland. Aber das Lästern über ausgebliebene Plaketten in den ersten Tagen war hierzulande wieder zu einer eigenen Disziplin geworden. Weil es bei Olympia um Medaillen geht, müssengefälligst auch Medaillen gewonnen werden, das ist die einfache deutsche Logik. Nur selten ist da etwas Leichtigkeit herauszuhören, etwa als eine Boulevardzeitung bei Sommerspielen angesichts enttäuschter Erwartungen fragte: Wo bleibt bloß der Hackl Schorsch?
Zum Glück teilen nicht alle diese Logik. Denn eine Medaille kann sich eigentlich jeder erkämpfen. Mit Talent. Und Glück. Und manchmal auch mit Hilfe der pharmazeutischen Industrie. Es gibt aber olympische Momente, die suchen sich eine Athletin oder einen Athleten selbst aus. Wohl auch deshalb hat Timo Boll nach seinem Ausscheiden im Achtelfinale gesagt: „Ich bin mit mir im Reinen.“
Boll schätzt seine Leistung realistisch ein
Auch diesmal unterlag der Rekord-Europameister im Tischtennis bei Olympia wieder einem Spieler, der schwächer eingestuft wird als er, Quadri Aruna aus Nigeria steht auf Platz 40 der Weltrangliste. „Ich habe einfach zu lange gebraucht, um mich auf seine unorthodoxe Spielweise einzustellen.“
Damit wäre alles zu Bolls Spiel gesagt. Nicht aber zu seinem olympischen Moment. Boll hatte schließlich bei der Eröffnungsfeier die deutsche Fahne ins Stadion getragen. Er hatte diesen Auftrag bekommen, weil ihn seine Kollegen und die Öffentlichkeit für einen herausragenden Vertreter olympischer Werte halten. Wenn er die Wahl hätte, würde er das vielleicht noch nicht einmal gegen eine Medaille im Einzel eintauschen.