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Florian Wellbrock geht in Berlin gleich über vier Distanzen an den Start, bisher hat es zu zwei Titeln gereicht.
© dpa

Schwimmen bei den Finals: Florian Wellbrock bleibt cool in Berlin

Schwimm-Weltmeister Florian Wellbrock spult bei den nationalen Titelkämpfen ein großes Programm ab.

Immer wenn Florian Wellbrock die Schwimmhalle an der Landsberger Allee betritt, wird es laut auf den Tribünen. Viele der Zuschauer sind vor allem seinetwegen zu den Deutschen Meisterschaften gekommen. Wegen des 21 Jahre alten Doppel-Weltmeisters vom SC Magdeburg. Wellbrock scheint das Interesse an seiner Person zu genießen. Er wirkt gelassen, schmunzelt immer wieder vor sich hin und blickt zufrieden in die voll besetzten Zuschauerränge. Im nächsten Moment ist aber auch schon wieder die Konzentration in Wellbrocks Gesicht zu sehen. Dann geht sein Blick nur in eine Richtung. So ist das bei jedem seiner Auftritt in Berlin. Den ersten hatte er Freitag, als er über die 800 Meter Freistil ins Becken sprang. Er holte sich den Meistertitel – und wie.

Die ersten 50 Meter absolvierte Wellbrock in 26,74 Sekunden. Neben dem vier Jahre älteren Ruwen Straub vom SC Wiesbaden und dem 20-jährigen Christian Keber vom SV Würzburg auf der anderen Seite schwamm Wellbrock kurzzeitig sogar auf Europarekordkurs. „Ich habe zwischendurch mal hochgeguckt und alle Leute haben geklatscht. Das ist schon ein tolles Gefühl“, sagte Wellbrock. „Ich weiß nicht, ob ich es hier jemals so voll gesehen habe. Ich glaube noch nicht mal beim Weltcup, als Michael Phelps hier noch war, war es so voll.“

Es war aus mehreren Gründen mehr als ein gewöhnliches 800-Meter-Rennen. Über diese Distanz passierte ihm bei der WM in Südkorea vor gut einer Woche noch ein Fauxpas, als er bereits im Vorlauf ausschied. Damit hatte keiner gerechnet. Es war ein Auftritt zum Vergessen. Sein Trainer Bernd Berkhahn sprach sogar davon, dass Wellbrock sich fühle, als könne er gerade nicht mehr richtig schwimmen. Doch das scheint sich wieder geändert zu haben. In Berlin war er mit seinen 7:47,69 Minuten gut sechs Sekunden schneller als in Südkorea. „Ein packendes Rennen“, rief der Hallensprecher und die Zuschauer applaudierten lautstark.

Zwar verpasste Florian Wellbrock seinen eigenen deutschen Rekord, doch er wirkte trotzdem zufrieden. Bekanntlich mag er ja auch den Austragungsort. „Ich bin sehr gerne in Berlin“, sagte der Weltmeister über 1500 Meter Freistil im Becken und zehn Kilometer im Freiwasser. „Die Schwimm- und Sprunghalle ist so ein bisschen das Mekka für uns deutsche Sportler.“

Es sind wenige dieser emotionalen Aussagen, die man Wellbrock entlocken kann. Meist kommt er sehr sachlich rüber. Ohnehin ist er jemand, der seine Gefühlswelt nicht jedem offenlegt und bei öffentlichen Auftritten nicht übermäßig aus sich herausgeht.

Wellbrock inszeniert keine große Show um sich

Er geht mit seinen Erfolgen anders um als manch anderer Überflieger des Schwimmsports: keine Show, keine Inszenierung, kein Drama. Mit dieser Strategie sollte er gute Chancen haben, sich weiterzuentwickeln, was keine ganz einfache Aufgabe ist. „Dass es jetzt eine gewisse Erwartungshaltung gibt, weiß er mit Sicherheit auch“, sagte Paul Biedermann erst kürzlich. „Ein Doppel-Weltmeister im Freiwasser und im Becken ist eine Rarität. Es ist aber auch eine Herausforderung, wie man mit der Erwartungshaltung umgeht, auch im Trainingsalltag.“ Biedermann weiß, wovon er spricht. Er siegte vor zehn Jahren bei der Weltmeisterschaft in Rom über 200 und 400 Meter Freistil und stellte dabei die noch heute gültigen Weltrekorde auf.

Die Gefahr, dass Florian Wellbrock abhebt, ist relativ gering. Er zieht sich lieber ein wenig zurück und setzt auf Ruhe, Coolness und Fokus. Alle drei Aspekte braucht er, wenn man sein Programm bei den Meisterschaften in Berlin anschaut. Nach seinem Triumph am Freitag ging er am Samstag in der erneut ausverkauften Halle über die 200 Meter und 1500 Meter an den Start. Zumindest auf der kurzen Strecke machte sich dabei der Kräfteverschleiß bemerkbar: Wellbrock belegte den siebten Rang. Über 1500 Meter gewann er dagegen seinen zweiten Titel bei diesen Meisterschaften. Am Sonntag, dem letzten Wettkampftag, wird Wellbrock außerdem die 400 Meter in Angriff nehmen. Ein enormes Pensum.

Nach den Deutschen Meisterschaften will er dann aber wirklich mal durchatmen. Ein Urlaub ist geplant. Danach will er wie seine Freundin Sarah Köhler die Vorbereitung auf Olympia 2020 vorantreiben. Frei nach seinem Motto, das er immer wieder ausgibt: „So viele Titel wie möglich gewinnen.“ Florian Wellbrock ist auf einem guten Weg.

Kristina Smirnov

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