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Ein Team. Trainer Florian Kohfeldt mit seinem Chef Frank Baumann.
© dpa

Werder Bremen: Florian Kohfeldt und sein Gespür für Fußball

Wie Sportchef Frank Baumann und Trainer Florian Kohfeldt Werder Bremen zu einer Topmannschaft geformt haben.

Als der SV Werder Bremen in der Bundesligatabelle das letzte Mal vor dem FC Bayern stand, da war Frank Baumann Kapitän einer Spitzenmannschaft in Deutschland. Der heutige Bremer Sportchef holte in der Saison 2003/2004 das Double. Damals stand ein gewisser Florian Kohfeldt im Tor von Werders Verbandsligamannschaft und hatte schnell erkannt: „Für den Profifußball reicht es nie.“ Seine aktive Kariere nannte scherzhaft „ein dunkles Kapitel in meiner Biografie“. Die Trainerkarriere hingegen schien vorgezeichnet, wenn man einer Anekdote über den zwölf Jahre alten Florian Kohfeldt Glauben schenken darf.

Die Geschichte handelt von einem Spiel, das Kohfeldts Mannschaft 0:5 verlor. Der frustrierte Torhüter packte direkt nach dem Schlusspfiff seine Siebensachen und verschwand. Sein damaliger Trainer befürchtete schon, der junge Mann würde das Fußballspielen ganz aufgeben. Doch Kohfeldt kam wieder und hatte eine handbeschriebene Mappe dabei. „Da standen mögliche Aufstellungen drin, was und wie wir besser trainieren könnten. So etwas habe ich bei einem Kind in dem Alter noch nie erlebt“, erinnert sich der Jugendtrainer.

Bremens Aufstieg brauchte einen längeren Anlauf

Heute ist Florian Kohfeldt Cheftrainer bei Werder. Der aktuelle Höhenflug der Bremer ist in erster Linie ein Werk des Duos Baumann/Kohfeldt, das – so verschieden ihre Vita auch ist – bestens harmoniert. Es war kein Schnellstart, es war vielmehr ein längerer Anlauf. Aber seit Florian Kohfeldt vor rund einem Jahr die Mannschaft übernommen hat, geht es kontinuierlich bergauf. Baumann war von Beginn an ein Fürsprecher Kohfeldts, auch wenn er zunächst einige mit seinen Aussagen im Herbst 2017 verwirrte. Baumann erklärte, es gäbe bessere Trainer als Kohfeldt, fügte aber auch hinzu: „Das ist nicht schlimm, wenn man es auf andere Positionen überträgt. Jiri Pavlenka war nur unsere vierte Wahl, weil wir Neuer, ter Stegen und Leno nicht bekommen haben.“ Will heißen: Tuchel, Klopp und Guardiola waren als Trainer nicht zu haben, dann eben Kohfeldt.

Torhüter Pavlenka war einer der mutigen Transfers, die Baumann getätigt hat – noch vor der Amtszeit Kohfeldts. Genau wie Baumann der geniale Coup mit Max Kruse gelang. Gemeinsam haben sie die Verpflichtungen von Davy Klaassen und Nuri Sahin zu verantworten, sie haben Maximilian Eggestein zum Bleiben überredet und die lebende Klublegende Claudio Pizarro zurückgeholt.

Der Menschenfänger. Trainer Florian Kohfeldt kommt bei seinen Spielern um Kapitän Max Kruse gut an.
Der Menschenfänger. Trainer Florian Kohfeldt kommt bei seinen Spielern um Kapitän Max Kruse gut an.
© Carmen Jaspersen/dpa

Der Kader hat kaum große Namen, aber er passt perfekt zusammen. Glaubhaft versichern beide, dass keine Entscheidung gefällt wird, wenn einer der Idee des anderen nicht folgen kann. Das erinnert an das Gespann Klaus Allofs und Thomas Schaaf. Ex-Manager Willi Lemke, der in den 1980er und frühen 1990er-Jahren mit Trainer Otto Rehhagel eine große Nummer war, sagt: „Frank und Florian sind bescheiden, beide sind schlau. Sie passen auch charakterlich zueinander, obwohl das nicht zwingend sein muss.“

Kohfeldt war 2016 Jahrgangsbester an der Hennes-Weisweiler-Akademie. Aber er kommt nicht so als Nerd herüber wie beispielsweise der Schalker Domenico Tedesco. Kohfeldt mag bescheiden sein. Gleichzeitig ist er selbstbewusst und extrem siegeshungrig. Er sagt oft Sätze wie: „Ich will immer gewinnen.“ Und er besitzt eine hohe soziale Kompetenz, Lemke nennt ihn einen „Menschenfänger“. Als solcher, und als guter Menschenkenner mit seinen erst 36 Jahren, erreicht Kohfeldt die Spieler und hat ihnen einen offensiven Spielstil eingeflüstert, der ganz in der Werder-Tradition steht.

Kohfeldt hat Werder den Schlendrian ausgetrieben

Gleichzeitig hat er Werder den ebenfalls schon traditionellen Schlendrian in der Defensive ausgetrieben. Der Trainer macht seinen Leuten Mut, er erlaubt ihnen aber auch, Fehler zu machen. Wenn man Risiko gehe, so der Coach, dann gehöre das zwischenzeitliche Scheitern dazu. Er sagt: „Es geht um eine Haltung. Als Mannschaft musst du eine Idee haben, wofür du stehen willst.“

Dass Werder vor dem Spiel gegen die ehemalige Spitzenmannschaft Bayer Leverkusen am Sonntag (18 Uhr/Sky) so weit oben in der Tabelle steht, ist für Kohfeldt „eine Momentaufnahme“. Die Frage, ob Werder inzwischen eine Spitzenmannschaft sei, verneinen Baumann und Kohfeldt: Baumann verweist darauf, dass man sich erst so nennen sollte, wenn man langfristig oben steht. Die Begründung des Trainers enthält so etwas wie eine versteckte Botschaft: „Noch verfügen wir nicht über einen Champions-League-Kader.“ Aber auch wenn er es nicht öffentlich formuliert: Genau da will Florian Kohfeldt mit Werder hin. Lange Jahre war das utopisch, momentan kann man daran glauben.

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