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Coach Florian Kohfeldt überzeugt bei Werder.
© AFP

Fußball-Bundesliga: Werder Bremen setzt auf slow football

In Zeiten des Turbokapitalismus setzen ein paar Vereine auf behutsam aufgebautes Personal. Das sollte Schule machen. Ein Kommentar.

Beim Blick auf die aktuelle Bundesligatabelle muss man unter Umständen ein zweites Mal hinschauen: Auf dem dritten Platz, hinter den beiden Borussen-Teams, aber vor dem FC Bayern München, steht ein Verein, der vor gar nicht so langer Zeit noch um den Klassenerhalt bangen musste. Der SV Werder Bremen darf sich derzeit über den besten Saisonstart seit 13 Jahren freuen. Es sind die Früchte einer Strategie, die im Gegensatz steht zu schnellen Entlassungen und dem Gefeilsche um Spitzentrainer, die Titel und Prämien garantieren sollen.

Florian Kohfeldt trat vor ziemlich genau einem Jahr, am 31. Oktober, an, die Bremer nach dem Rausschmiss von Alexander Nouri zumindest vorübergehend zu stabilisieren. Kohfeldt ist ein klassisches Eigengewächs, als Spieler eher mäßig erfolgreich (nach Jahn Delmenhorst endete er bei der Dritten Mannschaft der Werderaner in einer Sackgasse und beendete seine Spielerkarriere), dafür als Trainer mit umso mehr Stallgeruch behaftet. Der Verein gab ihm den Raum, sich zu entfalten, zuerst bei den Jugendmannschaften und als Co-Trainer, dann, als der Moment gekommen war, in der Bundesliga.

Nun ist Werder finanziell nicht so ausgestattet, dass man sich etwa einen Tuchel leisten könnte. Trotzdem ist Kohfeldts Erfolg ein herausragendes Beispiel für einen Trend, auf den auch Hertha, Hoffenheim und Augsburg setzen: langsam herangezogene Eigengewächse, die den Verein gut kennen und über Jahre ihre Erfahrungen sammeln durften. Seit Jahren zelebriert man slow food oder slow travel, das langsame und bedachte Essen und Reisen. Nun scheint diese Philosophie auch im Fußball angekommen zu sein, als Gegenbewegung zu teuren und häufig überhitzten Trainerdeals, die Mannschaft und Verein oft verunsichern. In einer Zeit, in der Fans den Ausverkauf des Fußballs beklagen scheinen sich einige Vereine der Nachhaltigkeit zuzuwenden. Ein Modell, das Schule machen sollte.

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