Sieben Matchbälle abgewehrt: Federer im Halbfinale der Australian Open
Der US-Amerikaner Tenny Sandgren gelingt beinahe eine Überraschung bei den Australian Open. Am Ende setzt sich jedoch der Favorit durch.
Sieben Matchbälle gegen sich – und am Ende doch ein Happy End für Roger Federer: In einem außergewöhnlichen Tennis-Duell mit Fluch-Attacken und Verletzungsauszeiten hat sich der Rekord-Grand-Slam-Turniersieger ins Halbfinale der Australian Open gezittert.
Nachdem alles schon auf ein bemerkenswertes Aus für den Schweizer hingedeutet hatte, rettete Federer am Dienstag gegen den Weltranglisten-100. Tennys Sandgren mit dem 6:3, 2:6, 2:6, 7:6 (10:8), 6:3 in Melbourne doch noch seine Titelchance. „Manchmal musst du Glück haben.
Erinnerung an Drittrundenmatch
Sieben Matchbälle hat man nicht unter Kontrolle“, sagte Federer, nachdem er selbst die erste Chance genutzt hatte, das Match zu beenden. „Ich glaube an Wunder. Ich habe es nicht verdient, aber ich stehe hier und bin natürlich sehr glücklich“, sagte der 38-Jährige, berichtete von Problemen an der Leiste und scherzte, er könnte schon beim Skifahren in der Schweiz sein.
Im Kampf um den Einzug ins Endspiel trifft Federer auf den Sieger des Duells zwischen dem serbischen Titelverteidiger Novak Djokovic und dem Kanadier Milos Raonic. Noch nie hatte der Gewinner von 20 Grand-Slam-Titeln bei den Australian Open gegen einen Spieler verloren, der so schlecht in der Weltrangliste platziert ist wie Sandgren. Diesmal war es fast soweit: Mehr als sieben Matchbälle hat Federer in seiner Karriere über zwei Jahrzehnte noch nicht abgewehrt.
Doch insbesondere weil der Amerikaner seine Chancen nicht ergriff, kann Federer noch auf seinen siebten Australian-Open-Triumph hoffen. Bei 4:5 im vierten Satz wehrte er die ersten drei Matchbälle des klaren Außenseiters ab, im Tiebreak waren es vier, davon drei in Serie. Erinnerungen wurden wach an den 4:8-Rückstand des Schweizers im Super-Tiebreak gegen den Australier John Millman in der dritten Runde, als Federer ebenfalls in fünf Sätzen knapp weiterkam.
Spätestens zu Beginn des dritten Satzes war bereits klar, dass dieses Viertelfinale kein gewöhnlicher Arbeitstag für Federer werden würde. Als er zum 0:2 im dritten Satz den nächsten Aufschlagverlust kassiert hatte und sich selbst bei eigenen Breakchancen ungewohnte Fehler erlaubte, fluchte der sonst so besonnene Federer laut vor sich hin.
Der 38-Jährige kassierte von Schiedsrichterin Marijana Veljovic eine Verwarnung und diskutierte beim Seitenwechsel weiter, ehe er begleitet von einem Physiotherapeuten für eine Behandlungspause die Rod-Laver-Arena verließ. Auch vor Satz fünf ließ er sich behandeln.
Kurios auch eine Szene im Tiebreak: Als Sandgren die Seiten wechselte, rannte versehentlich ein Ballkind gegen seine rechte Wade. Im fünften Satz wirkte Federer wieder frischer. Beim Stand von 3:2 gelang ihm mit einer starken Vorhand das entscheidende Break.
In der Damen-Konkurrenz nährt Ashleigh Barty als erste heimische Halbfinalistin seit 1984 die Hoffnungen der australischen Tennis-Fans. Mit 7:6 (8:6), 6:2 bezwang die Weltranglisten-Erste die tschechische Vorjahresfinalistin Petra Kvitova. Den nächsten Schritt zum ersten Australian-Open-Sieg einer Australierin seit 1978 kann die 23-Jährige am Donnerstag gegen Sofia Kenin schaffen. Die Amerikanerin steht nach dem 6:4, 6:4 gegen die Tunesierin Ons Jabeur erstmals in einem Grand-Slam-Halbfinale.
Dem Sauerländer Jan-Lennard Struff blieb im Doppel ein weiteres Erfolgserlebnis verwehrt. Der Davis-Cup-Spieler verlor mit seinem finnischen Partner Henri Kontinen im Viertelfinale 4:6, 4:6 gegen das amerikanisch-britische Duo Rajeev Ram und Joe Salisbury. (dpa)