Finals 2019 in Berlin: Es kann nur Gewinner geben
Wer nicht will, dass sich dieses Land immer weiter auf Fußball fokussiert, der muss sich etwas einfallen lassen. Wie die Finals 2019 in Berlin. Ein Kommentar.
Vier Jahre warten und quälen und hoffen. Vier Jahre alles geben. Vier lange Jahre nur für den einen Moment Aufmerksamkeit. Wer als Sportler nicht mit dem Glück oder Talent gesegnet ist, ein besonders guter Fußballer zu sein, dem bleibt in der Regel nichts anderes übrig, als auf seine fünf Minuten Ruhm bei den Olympischen Spielen zu spekulieren. Darauf, dass genau dann funktioniert, wofür man die ganze Zeit gekämpft hat, und dass es sich danach buchstäblich auszahlt, wenn man vielleicht einen Werbevertrag erhält. So sieht das Leben der allermeisten Spitzensportler in Deutschland aus: beschwerlich, beschaulich – und oft auch bedauerlich. Denn selbst die besten deutschen Turner, Schwimmer oder Läufer werden mit ihrem Sport nicht reich, sondern müssen zusehen, dass sie irgendwie über die Runden kommen.
Doch vielleicht gibt es bald öfter große Momente für die vielen kleinen Sportarten. Eine Chance dazu bietet sich am Wochenende, wenn zum ersten Mal mehrere Deutsche Meisterschaften gebündelt an einem Ort ausgetragen werden. Und ist es nicht schön, dass Berlin der Ort dieser Finals ist? Endlich darf die Stadt mal wieder zeigen, dass sie auch gewinnen kann. Faszinierend ist es ja schon: Was hier sonst auch alles schieflaufen mag, liegt eine Sportveranstaltung an, funktioniert es fast immer. Das war bei der Fußball-WM 2006 so, bei der Leichtathletik-WM 2009, im vergangenen Jahr bei der Europameisterschaft der Leichtathleten, bei der Handball-WM zu Beginn dieses Jahres, und vieles spricht dafür, dass sich die Berliner auch diesmal begeistern lassen – für ein vergleichsweise kleines Event wie Deutsche Meisterschaften.
Dass Sportsenator Andreas Geisel (SPD) in den Finals schon ein neues „Sommermärchen“ sieht, ist selbstverständlich viel zu hoch gegriffen. Allerdings ist es schon richtig, möglichst viele solcher Veranstaltungen in Berlin abzuhalten, jetzt und in Zukunft. Schließlich sind so viele Stadien und Hallen vorhanden, dass nicht viel zusätzlich investiert werden muss, sodass es eigentlich nur Gewinner geben kann. Es müssen gar nicht unbedingt Olympische Spiele sein, dagegen sind die meisten Bürger immer noch. Eine Art Mini-Olympia wie jetzt die Finals genügt. Immerhin kämpfen mehr als 3000 Athleten in zehn Sportarten um die Titel der Deutschen Meister. Verteilt in der gesamten Stadt: Kanu auf der Spree, Turnen in der Max-Schmeling- Halle, Bahnradfahren im Velodrom, Trial-Fahren im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, Schwimmen an der Landsberger Allee, und dann sind da noch die vielen Sportarten, die im altehrwürdigen Olympiapark abgehalten werden. Alles garniert mit Sportfesten, Jedermann-Wettbewerben und allem Zipp und Zapp.
Sportarten wie Schwimmen beeinflussen das Bewegungsverhalten von Kindern positiv
Klar ist schon jetzt, dass auf diese Weise mehr Menschen erreicht werden, als wenn jede Sportart wie bisher ihre eigenen Deutschen Meisterschaften irgendwann irgendwo austrägt. Genau so soll es sein, so muss sogar es sein. Denn sogenannte Multisportevents sind die einzige, wenn nicht sogar die letzte Chance für kleinere Sportarten, abseits von Olympia überhaupt an Bedeutung zu gewinnen. Wer nicht will, dass sich dieses Land immer weiter auf das Spiel mit dem Ball am Fuß fokussiert, der muss sich eben etwas einfallen lassen. Und wie sonst soll der Nachwuchs sich fürs Radfahren oder Laufen begeistern, wenn die Kleinen nicht mit den Großen ihres Sports mitjubeln und ihnen nacheifern können. Es kann ja nicht ernsthaft das Ziel in Deutschland sein, künftig nur noch Fußballer in die Vereine zu locken.
Hier sind die Verbände und die Stadt gefragt, Angebote zu schaffen und immer wieder auf den Gesundheitsaspekt zu verweisen. Denn vor allem Sportarten wie Schwimmen oder Leichtathletik sind es, die das Bewegungsverhalten von Kindern positiv beeinflussen. Deshalb müssen sie in der Breite genauso wie in der Spitze gefördert und ins Licht der Aufmerksamkeit gezogen werden. Und zwar öfter als nur alle vier Jahre.