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Auch der ist drin. Christoph Baumgartner (2.v.l) von TSG Hoffenheim trifft zum 2:0 vorbei an Berlins Rafal Gikiewicz (2.v.r) und Christopher Trimmel (r).
© Andreas Gora/dpa

Union nach dem 0:2 gegen Hoffenheim: Es gibt keinen Plan B

Der 1. FC Union spielt stabil und aggressiv, aber selten überraschend. Es erklärt, warum die Köpenicker nach einem Rückstand in dieser Saison nicht gewinnen.

Christopher Trimmel war sehr bemüht, die etwas unglückliche Heimniederlage gegen die TSG Hoffenheim nicht als Rückschritt darzustellen. „Für mich ist die Art und Weise das Wichtigste und ich glaube nicht, dass wir uns heute ergeben oder nicht alles versucht haben“, sagte der Kapitän des 1. FC Union nach dem 0:2 am Dienstagabend. „Es war klar: wer das erste Tor macht, gewinnt.“ Das könnte auch als Motto der Berliner Hinrunde gelten. Denn der Aufsteiger hat in der Bundesliga bisher kein Spiel nach Führung verloren, aber auch noch nie nach einem Rückstand gewonnen.

Das hat viel mit der bevorzugten Spielweise der Mannschaft von Urs Fischer zu tun. Die Adjektive, die Union in dieser bisher so positiven Saison am besten beschreiben, sind: stabil, solide, gefestigt, aggressiv. Aber eben nicht: kreativ, schnell, überraschend. Die Berliner haben es geschafft, sich dem höheren Niveau in der Bundesliga nach einer kurzen Anlaufzeit anzupassen, und waren abgesehen von den Niederlagen gegen Leipzig und Leverkusen stets konkurrenzfähig. Sie schaffen es immer wieder, fußballerisch stärkeren Mannschaften mit ihrem Pressing, der guten Ordnung und den Automatismen im Umschaltspiel Probleme zu bereiten. Wenn sie gegen einen geordneten und tief stehenden Gegner selbst Akzente setzen sollen, tun sie sich allerdings sehr schwer.

Auch gegen Hoffenheim war eine gewisse Ideenlosigkeit zu erkennen. Union spielte zwar eine gute erste Halbzeit und ließ die Gäste phasenweise nicht mehr über die Mittellinie kommen, fand aber kaum Lücken in deren Abwehr. Nur einmal erwischten die Berliner die TSG ungeordnet und sofort ergab sich eine gute Chance für Anthony Ujah. „Uns hat ein bisschen die Effizienz und die Entschlossenheit gefehlt“, sagte Trainer Fischer. „Und auch die vielen stehenden Bälle waren heute kaum gefährlich.“ Allein in der ersten halben Stunde hatte Union fünf Ecken und mehrere Freistöße aus dem Halbfeld, Hoffenheim verteidigte die sonst so guten Standards von Christopher Trimmel jedoch sehr gut.

Besonders nach der Hoffenheimer Führung wurden die spielerischen Mängel der Berliner deutlich. In der letzten halben Stunde schlugen sie die Bälle fast nur noch hoch in Richtung gegnerischer Strafraum und hofften auf die Kopfballstärke von Sebastian Andersson und Sebastian Polter.

Hoffenheims Defensive stand den Berliner Stürmern in dieser Hinsicht allerdings in nichts nach und ließ nur noch einen Schuss von Christian Gentner sowie eine gute Chance durch Andersson zu. „In der zweiten Halbzeit waren es für mich zu viele lange Bälle“, sagte Trimmel. „In gewissen Situationen musst du ruhiger bleiben und mit ein bisschen mehr Bewegung kannst du die Situationen vielleicht besser ausspielen.“ Das sah auch Fischer ähnlich. Der Trainer bemängelte die fehlende Ruhe: „Es wäre auch möglich gewesen, über die Außen Lösungen zu finden.“

Mit 22 Gegentoren hat Union die mit Abstand beste Defensive aller Konkurrenten im Abstiegskampf

Bei allem Lob, das Union bisher zurecht bekommen hat, ist dies vielleicht die größte Schwäche der Berliner. Wenn Plan A – Umschaltspiel und Standards – nicht funktioniert, fehlen die Mittel, um Gegner auf engstem Raum auszuspielen. Eine Überraschung ist das nicht, denn auch in der Zweiten Liga war Union nicht unbedingt für außerordentliche Kreativität oder erfolgreiche Dribblings bekannt. Ein großes Problem ist das für Union allerdings auch nicht. Denn wie Fischer auch nach den erfolgreichen vergangenen Spielen immer wieder betont hat, geht es für seine Mannschaft als Aufsteiger um den Klassenerhalt – und auf diesen hat sie mit ihren bekannten Stärken weiterhin exzellente Chancen. Viele Teams wie Bremen, Köln, Paderborn oder der nächste Gegner aus Düsseldorf wären heilfroh, wenn sie Unions Probleme hätten.

Im Gegensatz zu diesen Klubs wird deutlich, wie wichtig, eine stabile Abwehr ist. Mit 22 Gegentoren hat Union die mit Abstand beste Defensive aller Konkurrenten im Abstiegskampf. Solange das so bleibt, lässt sich auch die mit 19 Toren in 16 Spielen recht überschaubare offensive Durchschlagskraft verschmerzen. „Unsere Leistung war gut – wenn wir nicht sehr gut sind, wird es für uns aber schwierig“, sagte Fischer und schob einen für ihn typischen Satz hinterher. „Daraus müssen wir lernen.“

Julian Graeber

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