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Wayne interessiert’s. Rooney im Dialog mit Trainer Roy Hodgson.
© Reuters/Keogh

Wayne Rooney übt fleißig: England und die Angst vor dem Elfmeterschießen

England und die K.-o.-Runde, das passt kaum zusammen. Sieben Mal sind die Engländer bei großen Turnieren zum Elfmeterschießen angetreten, sechs Mal schieden sie aus. Heute soll's anders werden.

Wayne Rooney hat sich schon mal was Außergewöhnliches ausgedacht, ganz vorsorglich, wie sich das für einen Kapitän geziemt. Wenn Englands Nationalspieler bei dieser EM im Training Elfmeter üben, verrät Rooney den Torhütern vorab, in welche Ecke er den Ball gleich schießen wird. „Wenn er ihn nicht halten kann, obwohl er weiß, welche Ecke ich wähle, gibt es für mich keine Sorgen mehr“, sagt Rooney. „Es ist schwieriger, aber wenn er ihn nicht pariert, ist alles gut.“

Mögliches Elfmeterschießen verursacht Bedenken

Das Szenario – oder besser gesagt: die Sorge –, am Montag im EM-Achtelfinale gegen Außenseiter Island vom Elfmeterpunkt eine Entscheidung herbeiführen zu müssen, ist angesichts des bisherigen Turnierverlaufs und der vergleichsweise stabilen Defensive des heutigen Gegners alles andere als unbegründet. Und dann gibt es ja noch diese Statistik, die alle in der Heimat und beim mitgereisten Anhang erschaudern lässt. Sieben Mal sind die Engländer bei großen Turnieren zum Elfmeterschießen angetreten, sechs Mal schieden sie aus. Auch bei der letzten EM vor vier Jahren war im Viertelfinale gegen Italien Schluss vom Punkt.

Dieser Statistik begegnet Rooney mit dem einzig probaten Mittel, mit Selbstironie. Auf die Frage, was er, der Routinier, seinen jungen Teamkollegen für die K.-o.-Runde mit auf den Weg geben werde, antwortete er: „Ich bin wahrscheinlich nicht die allerbeste Person, um ihnen einen Ratschlag zu geben. Ich bin schon in einigen K.-o.-Spielen aufgelaufen, nicht viele sind gut ausgegangen.“

Eine grandiose Untertreibung. Bei fünf Duellen in der entscheidenden Turnierphase gab es für Rooney bislang nur einen Sieg, beim 1:0 gegen Ecuador 2006. Ansonsten stehen ein frühes verletzungsbedingtes Aus (EM 2004), eine Rote Karte (WM 2006), ein Aus mit 1:4 gegen Deutschland (WM 2010) und ein Aus im besagten Elfmeterdrama bei der EM 2012 in der Statistik. „Für England in Turnieren zu spielen, war bislang enttäuschend“, gesteht Rooney.

Rooney - der ultimative Profi

Angesichts seines Alters von 30 Jahren wird dieses Turnier auch maßgeblich über den Platz Rooneys in den Geschichtsbüchern des englischen Fußballs entscheiden. Gegen Island wird er in seinem 115. Länderspiel zu David Beckham als Feldspieler mit den meisten Einsätzen aufschließen. Die Bestmarke als Rekordtorschütze Englands hat Rooney dem legendären Bobby Charlton dieses Jahr schon abgenommen. Doch wird von den Turnieren lediglich der formschwache, der hitzköpfige, der körperlich angeschlagene Rooney in Erinnerung bleiben?

„Er ist der ultimative Profi“, schwärmt Englands Trainer Roy Hodgson. „Du kannst niemals an seiner Professionalität zweifeln, an seinem Verlangen, das Richtige für England zu machen, und seiner Fähigkeit, sich selbst zum Wohle des Teams zu opfern.“ Auf dem Feld zeigte Rooney bei der EM bislang in seiner ungewohnten Rolle als Mittelfeld-Organisator starke Auftritte, ließ jedoch dadurch auch die Torgefahr früherer Tage vermissen.

Torschüsse erzielen, heißt es nun

Am Montagabend liegt der Druck nun wieder auf englischer Seite. „Es ist ganz einfach – wenn wir nicht gewinnen, fahren wir nach Hause. Also fangen wir besser langsam mal an, Tore zu schießen“, sagt Hodgson. Seit zehn Jahren warten die Engländer schon auf einen Sieg in der K.-o.-Runde, seit dem WM-Sieg 1966 setzte sich England nur sechsmal in einem Duell ums Weiterkommen durch.

„Das ist erbärmlich“, klagt die „Times“ und entwarf das nächste Schreckensszenario: „Bricht der zweite Brexit heran? Islands Posterjungs könnten uns in die Kälte stoßen.“ Dies hätte vier Tage nach dem Votum Großbritanniens für den EU-Austritt auch für den Coach Konsequenzen: „Eine Niederlage gegen Island, ein Land mit mehr Vulkanen als Vollzeit-Fußballprofis, würde die Ära von Hodgson hier und jetzt beenden“, schreibt die Zeitung.

Die Zuversichtlichkeit auf den Sieg steigt

Im Vergleich zur missglückten Personalrochade von Hodgson beim 0:0 gegen die Slowakei soll Rooney, wie Stürmer Harry Kane, nun in die Startelf zurückkehren. Durch den verpassten Gruppensieg hatte sich England den härteren Weg durch die K.-o.-Runde eingebrockt. Nach einem möglichen Viertelfinal-Duell mit Frankreich würden Weltmeister Deutschland, Titelverteidiger Spanien oder Italien drohen. Rooney sieht sein Team durchaus auf Augenhöhe mit den Favoriten. „Vor vier Jahren hätte man besorgt sein müssen, wenn es gegen Frankreich, Spanien oder Deutschland geht“, sagt er, „aber die Lücke hat sich geschlossen.“

(Tsp)

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