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Alles im Blick. Das Dach in der Düsseldorfer Arena blieb zu. So wurde aus dem Winter Game ein Hallenspektakel. Die Fans hatten dennoch Spaß.
© DEL Wintergame/City-Press

Winter Game in Düsseldorf: Eishockey braucht keine Kälte

Das Freiluftspiel beim zweiten Winter Game in der Deutschen Eishockey-Liga fällt aus – dem Spektakel vor 51.125 Fans in Düsseldorf tut das keinen Abbruch. Und am Ende gewinnt auch noch die Heimmannschaft.

Das Dach blieb zu. Ging ja auch nicht anders, Wind und Regen und dazu zwölf Grad. Also wurde das Düsseldorfer Fußballstadion am Sonnabend zur größten Eishockeyarena Europas. Trotzdem firmierte das 206. rheinische Derby im Eishockey, das die Düsseldorfer EG mit 3:2 (1:0, 2:1, 0:1) gegen die Kölner Haie gewann, als „Winter Game“. Was kann schließlich die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) dafür, dass der westeuropäische Winter diesen Namen schon lange nicht mehr verdient?

Natürlich hatten die Fans der Düsseldorfer EG akustische Hoheit in der – ja, Halle. Die Vereinsfarben gelb und rot waren beherrschende Farben auf den Zuschauerplätzen. Die Spielfläche war von fast allen Seiten sehr gut einzusehen. Es war ein imposantes Bild. Schon beim Warmmachen beider Mannschaften, das von einem gewaltigen Lichtgeflacker optisch untermal wurde. Um die Eisfläche in der Mitte des Feldes war der Fußballplatz winterweiß abgedeckt. Und als das Spiel um 16.34 Uhr begann, wurde es ohrenbetäubend laut – kein Wunder. Die Fans beider Lager schrieen und beschimpften sich nach allen Regeln. Neutrale Besucher oder Fans anderer DEL-Teams waren beim Derby Zuschauerminderheit. Und Eishockeyfans sind immer für hohe Lärmpegel gut und wenn es dann auch noch zehntausende sind, dann setzt man besser Ohrenschützer auf. Denn die zweite Auflage des Spektakels brachte zwar nicht den angepeilten europäischen Rekord für ein Eishockeyspiel im Freien, aber den Besucherrekord für ein europäisches Ligaspiel: 51.125 Zuschauer kamen am Sonnabend.

Das war ein wenig mehr als noch vor zwei Jahren beim ersten Winter Game der DEL. Das hatte vor 50 000 Zuschauern wirklich draußen im Nürnberger Fußballstadion stattgefunden, war dafür aber ordentlich verregnet.

Natürlich gab es diesmal auch allerhand Brimborium vor der Hauptsache. Ein Eishockeyspiel mit ehemaligen Profis aus beiden Städten – auch Eisbären-Manager Peter John Lee griff für die DEG-Altstars zum Schläger. Viele Anhänger waren da aber noch an den Bierständen im Hallenumlauf. Voller wurde es beim Konzert der schwedischen Rocker von Mando Diao, die unter anderem ihren schon etwas angestaubten Hit „Dance with somebody“ zum Besten gaben. Und wer Düsseldorf sagte, musste auch Karneval sagen. Natürlich marschierte der aktuelle Düsseldorfer Karnevals-Prinz, Christian der Zweite, im Innenraum ein – immerhin qualifizierte den Mann, dass er „vor ein paar Jahren den DEG-Liveticker für die Rheinische Post“ geschrieben hatte. „Helau!“ riefen die DEG-Fans.

Das nächste Winter Game könnte wieder in Düsseldorf stattfinden - weil das Stadion ein Dach hat

Zu diesem Zeitpunkt, kurz vor der Kernveranstaltung, war in den Kellergängen der Arena noch mächtig Unruhe. DEG-Sprecher Frieder Feldmann stand der Schweiß auf der Stirn. „Wir sind als Organisation eigentlich nur aufgestellt wie ein Fußball-Drittligist“, sagte er. „Aber heute müssen wir wie bei einem Fußball-Erstligisten arbeiten.“ Sonst habe er fünf ältere Herren, die bei Heimspielen auf freiwilliger Basis die Stadionhefte feilböten, diesmal sei es eine Armada von Helfern."

Dass die DEG irgendwelche organisatorische Schwächen zu kaschieren hatte, war der Veranstaltung nicht anzumerken. Es war ein runder Nachmittag bei angenehmen Temperaturen in der Halle. Gernot Tripcke fand das mit dem ausfahrbaren Dach schon im Vorfeld besser, weil sicherer. Aber, sagte der DEL-Geschäftsführer nach dem Spiel: „Ein Dach ist keine Bedingung für die Austragung eines Winter Games.“ Womit für die dritte Auflage mal wieder das Berliner Olympiastadion ins Spiel gebracht werden durfte. Eisbären-Manager Lee gab in dieser Hinsicht aber keine klare Antwort. München und Mannheim sind wohl die ernsthaften Kandidaten. Wobei Kölns Angreifer Philip Gogulla, doppelter Torschütze im Spiel, fand: „Das sollte man jede Saison machen, dann bringt das sicher noch mehr Aufmerksamkeit für das deutsche Eishockey.“

Düsseldorf hat also – unfreiwillig – bewiesen, warum es sinnvoll ist, Eishockey in Deutschland in der Halle zu spielen. In Nordamerika, bei den Freiluftveranstaltungen in der Profiliga NHL mag das anders aussehen – zumindest in Kanada ist ja auf den Winter noch Verlass. Aber in jedem Fall erfüllte das Spektakel am Sonnabend seinen Nebensinn, Aufmerksamkeit für das deutsche Eishockey zu erreichen. Und das scheint nur mit Zuschauerrekorden zu gehen. Wobei ein wenig mehr Investitionen – etwa in den Nachwuchs – auch helfen könnten, das Image der Sportart zu verbessern. Die U-20-Nationalmannschaft stieg gerade erst bei der WM ab, während eine Nation wie Dänemark die Klasse halten konnte.

Aber es wäre unfair, die DEL ausgerechnet an dem Tag, an dem sie mit ihren Fans ihr großes Fest feierte, für Versäumnisse in der Nachwuchsförderung zu gängeln. Denn es lässt sich mit Respekt feststellen: Über 50 000 Fans für ein Ligaspiel ins Stadion zu locken, das schafft in Deutschland in der Regel nur der Fußball – der natürlich zuverlässiger. Aber die Idee, der 52 Spieltage langen Hauptrunde einen besonderen Höhepunkt zu verleihen, ist sicherlich keine schlechte. Und Eishockey braucht den Winter nicht, was in Düsseldorf schon länger klar war. Zumindest den Menschen, die diesem Wintersport nicht mal für einen Tag etwas winterliche Romantik gegönnt hatten.

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