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Bundestrainer Marco Sturm trifft mit der deutschen Mannschaft zum Auftakt der Vorrunde auf Finnland.
© dpa

Deutsche Eishockey-Nationalmannschaft: Einmal wie 1976, bitte!

Die großen Stars fehlen beim Eishockey-Turnier der Männer – das deutsche Team will davon profitieren. Der erste Gegner Finnland hat es aber in sich.

Ja, diese Medaille wiegt schwer. 1976 gab es Bronze für die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft in Innsbruck. Es war unvermeidbar, dass vor dem ersten Auftritt des deutschen Teams bei den Winterspielen 2018 mal wieder Bilder vom letzten großen deutschen olympischen Eishockey-Triumph gezeigt wurden. Und die Geschichte um diesen Erfolg wird immer legendärer, 2018 war in einem TV-Bericht sogar die Rede davon, dass das Team von Xaver Unsinn auch den damals übermächtigen Russen Gegenwehr bot. Ganz so fluffig war es aber nicht damals für Alois Schloder und Teamkollegen: Die Deutschen verloren in der Endrunde von fünf Spielen drei (darunter 3:7 gegen die Sowjetunion) und Schweden sowie Kanada waren beim Turnier in Österreich nicht dabei. Es war eine Veranstaltung mit Mängeln, was die Leistung der Deutschen aber nicht schmälern soll.

Warum dieser Tage so oft an 1976 erinnert wird, ist klar. Das olympische Turnier der Männer, das in der Nacht zum Mittwoch begonnen hat, weist Parallelen zu Innsbruck auf: Auch diesmal fehlen wegen des Fernbleibens der Profis aus der National Hockey-League (NHL) viele starke Spieler, was die Hoffnung bei den Außenseitern weckt, Großes bewegen zu können. So auch beim deutschen Team, das am Donnerstag im ersten Gruppenspiel gegen Finnland antritt.

Bundestrainer Marco Sturm hat gesagt, gegen die starken deutschen Vorrundengegner Finnland und Schweden sei es nicht das Ziel „mit einem Tor Abstand zu verlieren“. Sie wollten sich da reinkämpfen gegen die Gegner, die vor vier Jahren in Sotschi – noch mit anderen Teams – Silber (Schweden) und Bronze (Finnland) holten. Das Viertelfinale sei das Ziel, sagt Christian Ehrhoff. „Uns für Olympia qualifiziert zu haben, reicht uns nicht.“ Wobei die, die bei der Qualifikation 2016 in Lettland maßgeblich mitgeholfen haben, nun zum großen Teil nicht dabei sind. NHL-Spieler wie Leon Draisaitl, Tobias Rieder, Tom Kühnhackl oder Torwart Philip Grubauer fehlen dem deutschen Team. Verteidiger Ehrhoff, der selbst 862 Mal in der NHL gespielt hat, glaubt allerdings, dass seiner Mannschaft nicht so viele starke Spieler wie anderen Teams fehlen. „Dadurch sind unsere Chancen gewachsen.“

Sturm hatte vor den Spielen seinen Vertrag bis 2022 verlängert

Bundestrainer Sturm, der seinen Vertrag schon vor dem Turnier vom Deutschen Eishockey-Bund bis 2022 verlängert bekam (wen sollten sie sonst auch nehmen?), hat sich aber auch vorsichtig geäußert ob der Qualität seines Kaders. So habe er etwa drei Torhüter dabei, die alle nicht unumstrittene Nummer eins in ihren DEL-Klubs seien. Im Gegensatz zu Ehrhoff hat Sturm die anderen Teams im Teilnehmerfeld nicht kleingeredet, die Finnen und Schweden sowieso nicht, und dann sind ja neben den Russen mit ihren einstigen NHL-Superstars Pawel Dazjuk und Ilja Kowaltschuk auch noch zwei nordamerikanische Mannschaften am Start in Gangneung.

Die Teams von Olympiasieger Kanada und den USA, 2010 Silbermedaillengewinner, werden vielerorts als nicht allzu stark eingeschätzt. Was ein Irrtum sein könnte. In einem Vorbereitungsspiel am 11. Februar haben die Kanadier sogar Schweden 4:1 geschlagen. Die Nordamerikaner haben Profis im Kader, die in den stärksten europäischen Ligen beschäftigt (vorrangig in Russland und Schweden) und stärker einzuschätzen sind als viele der nordamerikanischen Profis, die in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) ihr Geld verdienen. Aus der ist beim Team Kanada nur Torwart Justin Peters (Kölner Haie) dabei. Und das ist angesichts der Tatsache, dass die DEL nach der britischen Liga die Profi-Klasse mit dem höchsten Ausländeranteil Europas ist, eine schlechte Nachricht für das deutsche Eishockey.

Aber erst einmal spielen die Deutschen ja gegen die drei Teams aus dem Norden: Schweden (Freitag) und Norwegen (Sonntag) folgen auf Finnland. Gegen Kanada könnte es danach im Turnier aber gehen für die Deutschen, egal wie sie nun in ihren drei Gruppenspielen abschneiden: Denn auch der olympische Modus lädt den Außenseiter zum Träumen ein. Alle zwölf Teams der drei Gruppen spielen nach der Gruppenphase weiter. Die vier besten erreichen schon das Viertelfinale, die anderen acht Teams spielen in einer K.-o.-Runde die anderen vier Viertelfinalteilnehmer aus. Gewinnen die Deutschen zumindest ihr letztes Gruppenspiel gegen Norwegen, bestünde die Chance, dass sie in dieser Runde einen leichteren Gegner bekämen und ins Viertelfinale rutschen. Von da aus wäre der Weg zu einer Sensation dann zumindest nicht mehr so lang – aber immer noch viel schwerer als 1976.

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