Olympia ohne NHL: Eine Liga sperrt sich aus
Die Olympischen Spiele sind für die beste Liga der Welt nicht mehr interessant. Leidtragender ist der Eishockey-Fan. Jetzt ist Europa gefordert. Ein Kommentar.
Leon Draisaitl weiß, wo er am 10. Februar 2018 sein wird. Wenn in Südkorea das olympische Eishockeyturnier beginnt, steht der deutsche Nationalspieler auf dem Eis – in San José: denn dort müssen die Edmonton Oilers, Arbeitgeber von Draisaitl, an diesem Tag antreten. Die National Hockey- League (NHL) hat ihren Spielplan veröffentlicht und damit unverrückbar klargemacht, dass die beste Eishockeyliga der Welt nicht für die Winterspiele ihren Betrieb unterbrechen wird – so, wie sie das seit 1998 gemacht hat. Im Eisstadion von Gangneung werden die besten Spieler der Welt fehlen, fast alle jedenfalls. Denn die russisch regierte Kontinental Hockey League (KHL) hat verlautbart, dass sie pausiert für Olympia. 33 Tage. Damit alle Spieler, die wollen, bei den Spielen spielen können. Womit die unterschiedliche Wertschätzung des Turniers offensichtlich ist.
Im eishockeyverrückten Russland wollen sie die Medaille. Dass sie die in Kanada (zuletzt zwei Mal Olympiasieger) nicht verteidigen wollen oder dass sie in den USA nicht endlich nach dem Goldmedaillengewinn von 1980 nach einem zweiten „Miracle on Ice“ dürsten – das stimmt nicht. Natürlich interessiert es die Fans in Kanada und den USA. Nur die NHL interessiert Olympia weniger als ihr Geschäft. Der Restweltmarkt ist nicht so wichtig wie der fast 370 Millionen Menschen starke Markt in den USA und Kanada. Werbung bei Olympia bringt anscheinend nichts – womöglich ein Irrtum. Ein Sidney Crosby ist vielen Menschen außerhalb der NHL-Sphären nur ein Begriff, weil er 2010 mit seinem Tor für Kanada das olympische Finale gegen die USA entschied. Da schaute die halbe Welt zu.
Jetzt, da Crosby nicht kommen wird, hat der kanadische Verband bei Adler Mannheim angeklopft und gefragt, ob einige dort beschäftigte Profis für Kanada in Südkorea spielen können. Denn in Nordamerika ist nichts zu holen, nicht einmal die unteren Ligen pausieren. Das könnte peinlich werden für das Team Kanada, blöd für Weltmeister Schweden und undankbar für die Fans aller zwölf Teams. In jedem Fall tut sich die NHL mit ihrer Machtdemonstration keinen Gefallen. Der Eishockey-Weltverband ist bloßgestellt, die Olympischen Winterspiele sind als zweitklassige Sportveranstaltung abgekanzelt. Der Fall zeigt: Es ist längst überfällig, dass sich Europa zusammenrauft und über die Entwicklung eines Gegengewicht zur NHL nachdenkt.