Hertha BSC verpflichtet Marius Wolf: Ein Kämpfer gegen den Absturz
Hertha BSC hat sich kurz vor Schluss der Transferphase mit Marius Wolf verstärkt. Bei Borussia Dortmund spielte er zuletzt keine Rolle mehr.
Wenn man behauptet, dass Marius Wolf recht positive Erinnerungen an seinen künftigen Arbeitsplatz hat, dann ist das schamlos untertrieben. Marius Wolf hat beste Erinnerungen an das Berliner Olympiastadion, die Heimspielstätte von Hertha BSC. Im Olympiastadion hat der 24-Jährige den größten Erfolg seiner wechselhaften Karriere gefeiert. Vor etwas mehr als einem Jahr, im Mai 2018, besiegte er hier mit Eintracht Frankfurt den FC Bayern München und sicherte sich damit den DFB-Pokal. In Zukunft wird Wolf alle zwei Wochen an den Ort des Triumphs zurückkehren – als Spieler von Hertha BSC. „Da habe ich richtig Bock drauf“, sagt Wolf, der für ein Jahr von Borussia Dortmund ausgeliehen und das Trikot mit der Nummer 30 tragen wird. Hertha zahlt eine Ablöse im niedrigen siebenstelligen Bereich und besitzt zudem die Option, ihn anschließend für etwa 20 Millionen Euro fest zu verpflichten.
Es ist eine weitere Wendung in Wolfs Karriere, die an Wendungen nicht arm ist. Anderthalb Jahre vor dem erfolgreichen Pokalfinale mit den Frankfurtern hatte er noch für die U 23 von Hannover 96 in der Regionalliga Nord gegen den VfB Oldenburg und Eintracht Norderstedt gespielt. Andererseits galt er vor einem Jahr, als er von der Eintracht für fünf Millionen Euro zum BVB wechselte, als potenzieller Nationalspieler. Davon ist längst keine Rede mehr. Wolf ist in den vier Pflichtspielen dieser Saison noch keine einzige Minute zum Einsatz gekommen, zweimal schaffte er es bei den Dortmundern nicht einmal in den Kader. Bei Hertha könnte er nun mal wieder einen Neustart wagen.
Ende April hat Wolf zuletzt für den BVB gespielt. Im Derby gegen den FC Schalke 04 stand er als rechter Außenverteidiger in der Startelf und sah 20 Minuten vor dem Ende für ein rüdes Foul an Suat Serdar die Rote Karte. Die 2:4-Niederlage war nicht nur das Ende der Dortmunder Meisterträume, das Revierderby war auch für Marius Wolf das letzte von insgesamt 22 Pflichtspielen für die Borussia. Kurz zuvor hatte er auch außerhalb des Platzes Aufsehen erregt, als er wegen Fahrens ohne Führerschein zu einer Geldstrafe von 200.000 Euro verurteilt worden war.
„Schnell, jung, dynamisch, flexibel“, schrieb Herthas Manager Michael Preetz bei Twitter über Wolf. „Passt zu uns!“ Sein Wechsel am letzten Tag der Transferperiode sieht auf den ersten Blick wie eine Kurzschlussreaktion auf den missratenen Saisonstart der Berliner aus. Manager Preetz hat allerdings immer gesagt, dass man die Augen offenhalte. Und es war kein Geheimnis, dass Hertha vor allem für die rechte Außenbahn noch eine Verstärkung gesucht hat. Mit Valentino Lazaro, der rechts sowohl defensiv als auch offensiv eingesetzt werden konnte, hat Hertha schließlich in diesem Sommer im Grunde gleich zwei Spieler verloren. „Mit Marius Wolf bekommen wir einen Spieler, der mit seiner nachgewiesenen Dynamik, Flexibilität und Mentalität unsere Möglichkeiten noch erhöhen wird“, kommentierte Preetz die Verpflichtung.
Stark und Köpke kennt er aus der Jugend des FCN
Den freien Platz in der Viererkette hat fürs Erste Lukas Klünter übernommen. Und der hat seine Sache in den bisherigen drei Saisonspielen ordentlich bis gut erledigt. Sein potenzieller Ersatz Mathew Leckie konnte die Erwartungen hingegen nicht erfüllen. Routinier Peter Pekarik war in der Vorbereitung lange verletzt, hat am Sonntag für die U 23 gespielt und ist aktuell mit der slowakischen Nationalmannschaft unterwegs.
Die rechte offensive Außenbahn ist bei Hertha mit Leckie, Alexander Esswein und Dodi Lukebakio eigentlich ausreichend besetzt. Doch wenn Trainer Ante Covic Dodi Lukebakio in die Mitte versetzen sollte, wäre auf der Seite durchaus noch Bedarf, weil bisher weder Leckie noch Esswein restlos überzeugen konnte. Wolf, der mit Niklas Stark und Pascal Köpke von der U 13 bis zur U 17 in der Jugend des 1. FC Nürnberg zusammengespielt hat, ist auf verschiedenen Positionen verwendbar. Er ist schnell, zielstrebig und mit seiner intuitiven Art, Fußball zu spielen, für den Gegner oft schwer zu greifen. Über seine alten und neuen Weggefährten sagt Wolf: „Der Kontakt zu beiden ist nie ganz abgebrochen, mit Pascal Köpke habe ich eigentlich jede Woche telefoniert. Es ist natürlich schön, dass wir jetzt wieder zusammen spielen.“
Für Wolf gehe es „in den ersten Tagen darum, die Mannschaft schnell kennenzulernen und ein Gefühl für alles zu entwickeln“, sagte Wolf. „Ich möchte der Mannschaft so schnell wie möglich helfen.“ In Dortmund hat der meist rechts offensiv gespielt, aber punktuell ist er auch auf der linken Seite zum Einsatz gekommen und einmal sogar zentral im Sturm. In der Rückrunde aber ist Wolf bei all seinen sieben Startelfeinsätzen als rechter Außenverteidiger aufgelaufen.
Doch neben seiner Variabilität macht ihn vor allem eine andere Eigenschaft für Hertha BSC interessant. Michael Zorc, der Sportdirektor von Borussia Dortmund, hat ihm einen „hervorragende Mentalität“ bescheinigt, und von Fredi Bobic, dem Vorstandschef von Eintracht Frankfurt, stammt die Aussage: „Den kriegst du nicht tot.“ Nach dem Absturz auf den vorletzten Tabellenplatz ist es genau diese Mentalität, die Hertha jetzt braucht.