NBA-Star Kobe Bryant: Egoist auf Sabotage-Tour
Auf seiner Abschiedstournee wird Basketballstar Kobe Bryant selbst auswärts bejubelt. Seinem Klub L.A. Lakers ist weniger feierlich zumute: Die Pleitenserie ist auch Bryants Schuld.
Kobe Bryant ist es nicht gewohnt, bei Auswärtsspielen bejubelt zu werden. Der 37-Jährige spielt im Trikot er Los Angeles Lakers seine 20. Saison in der US-Profiliga NBA, Buh-Rufe und Pfiffe haben ihn seine ganze Karriere begleitet. Wer erfolgreich ist – und ein wenig arrogant –, der wird in gegnerischen Hallen nicht immer geliebt. Seit Bryant aber vor gut einer Woche seinen Rücktritt zum Saisonende angekündigt hat, ist der Basketballer der Liebling des amerikanischen Sports. Auch in Detroit wurde der Star der Lakers am Sonntagabend mit „Ko-Be, Ko-Be“-Sprechchören gefeiert, als er Mitte des dritten Spielviertels seinen ersten Wurf traf.
Dass Bryant zuvor neun Mal hintereinander vorbeigeworfen hatte, störte niemanden so wirklich. Im Gegenteil.
Mit der Ankündigung seines Rücktritts hat sich Kobe Bryant auf eine lange Abschiedstournee begeben. Bis zum Ende der regulären NBA-Saison stehen noch mehr als 60 Spiele aus. Die folgenden Play-offs werden die Lakers mit Sicherheit verpassen. Ihre aktuelle Bilanz von drei Siegen und 17 Niederlagen ist die zweitschlechteste der Liga. Und Kobe Bryant – fünfmaliger NBA-Champion, drittbester Werfer der NBA-Geschichte, 17-maliger All Star, zweimaliger Olympiasieger – ist nicht unschuldig daran, wie schlecht und unansehnlich sein Team spielt.
Nachdem L.A. in der vergangenen Woche bei den zuvor noch sieglosen Philadelphia 76ers verloren hatte, schrieb der amerikanische NBA-Experte Zach Lowe, Kobe Bryant würde sein Team „geradewegs sabotieren“. Der Star der Lakers spielt einfach so, wie er immer gespielt hat: Bryant wirft und wirft und wirft, egal ob er frei ist oder sich drei Gegenspieler auf ihn werfen. Im Gegensatz zu seinen Glanzzeiten, in denen er 2006 beispielsweise einmal 81 Punkte in einem Spiel erzielte, trifft er aber nicht mehr.
Nach mehr als 1500 Profispielen, einem Achillessehnenriss und einer Schulter-Operation fehlen Bryant Fitness und Explosivität, sein an Größenwahn grenzendes Selbstvertrauen ist aber noch intakt. Niemand im Team der Lakers wirft häufiger, niemand trifft schlechter. Seine Dreierquote von 21,8 Prozent ist unterirdisch, seine knapp acht Dreierversuche pro Spiel sind eine Frechheit. Gegen Detroit kam Bryant am Ende auf fünf Punkte, zwei seiner 15 Wurfversuche fanden ihr Ziel, die Lakers verloren 91:111.
Zuvor hatte er über Magenprobleme geklagt und das Aufwärmprogramm fast komplett verpasst. Das hinderte ihn nicht daran, sofort nach Spielbeginn immer wieder den Ball zu fordern und umgehend und blindlings in Richtung Korb zu befördern. „Wenn es nicht meine letzte Saison wäre, hätte ich wahrscheinlich nicht gespielt“, sagte Bryant, der nach Spielende erst einmal eine Infusion brauchte.
Das Nachdenken über seinen Rücktritt und die Reaktionen der Fans hätten ihn „reifer“ werden lassen, sagte Bryant. Als Person mag das stimmen, als Spieler ist er eher noch kindischer geworden. Seine Abschiedstournee scheint ihm als Rechtfertigung dafür zu dienen, keinen Millimeter von seiner Spielweise abzurücken. Lakers-Geschäftsführer Mitch Kupchak beschrieb die Situation im Team zuletzt als „misslich“. Offensichtlich sei das Leistungsniveau für einen Spieler wie Bryant „keine Herausforderung“. Er habe schon vor 15 bis 18 Jahren die Hoffnung aufgegeben, sein Star werde irgendwann einmal weniger werfen. „Er ist, wie er ist“, sagte Kupchak. „Und ich bin dankbar dafür.“
Am 13. April gegen die Utah Jazz endet Bryants Karriere und seine Abschiedssaison, für die ihm die Lakers 25 Millionen US-Dollar überweisen. Bis dahin wird er so weiterspielen, wie er es gewohnt ist. Trotz seiner Magenprobleme kündigte er an, auch am Montagabend in Toronto auflaufen zu wollen. „Wenn ich gehen kann, werde ich spielen“, sagte Bryant. Und werfen und werfen und werfen.