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US-Präsident Donald Trump ist alles andere als begeistert von den Protestaktionen im Sport.
© Susan Walsh/dpa

Auslaufen mit Lüdecke: Donald Trump ist außer sich

Einst stand Hertha eher für Mittelmaß und Skandale, jetzt sorgt der Verein mit seiner Aktion gegen Diskriminierung für Aufsehen. Für unseren Kolumnisten ein zu begrüßender Wertewandel.

In den USA protestieren derzeit zahlreiche Sportler gegen Polizeigewalt und Diskriminierung. Sie knien während des Abspielens der Hymne nieder, um ihrem Protest Ausdruck zu verleihen. Donald Trump ist außer sich. Und jetzt geht er womöglich vollends auf die Barrikaden. Denn die Spieler von Hertha BSC haben sich dem Protest angeschlossen. Auch sie knieten vor ihrem Spiel am Samstag gegen Schalke nieder. Die Aktion hat für großes Aufsehen gesorgt.

Abwehrspieler Sebastian Langkamp erklärte: „Wir leben nicht mehr im 18. Jahrhundert, sondern im 21.“ Und damit hatte er völlig recht. „Komischerweise“ gäbe es da einige Leute, so Langkamp, die noch nicht „so weit seien“. Also so weit wie die Spieler von Hertha BSC. „Wenn wir denen ein bisschen Nachhilfe geben können, machen wir das gern“, sagte der Abwehrchef.

Das sind ganz neue Töne bei Hertha. Hertha gibt Nachhilfe? In Zivilcourage? Wem eigentlich? Der amerikanischen Öffentlichkeit? Dem Präsidenten womöglich? Ich finde das ambitioniert. Sogar Manager Preetz kniete an der Außenlinie!

Impulsreferate im Hertha-Training?

Da muss die Woche ganz schön was los gewesen sein, auf dem Trainingsgelände. Impulsreferate über Diskriminierung. Grundsatzdiskussionen über Toleranz und Vielfalt. Bei Twitter gab der Verein bekannt, er stehe für „Vielfalt, Toleranz und Verantwortung“. Ich muss gestehen, das wusste ich gar nicht. Früher stand der Verein ja eher für Skandale, Abstieg und Mittelmaß. Aber diesen Wertewandel begrüße ich natürlich. Die Zeit ist längst reif. Und warum sollen nicht auch Fußballer in intellektuelle Debatten eingreifen, wenn sie dabei von pfiffigen Social-Media-Agenturen beraten werden. Dass uns allerdings Pal Dardai nächstes Wochenende etwas über Victor Orban und die Situation der Menschenrechte in Ungarn berichtet – das gehört wohl ins Reich der Fabel.

Während die Herthaner also Menschen, die mental noch im 18. Jahrhundert verortet sind, intellektuelle Nachhilfe erteilten, erhielten sie im Gegenzug auch welche. Und zwar sportliche, von Schalke 04. Die Gelsenkirchener gewannen 2:0 und gestatteten den Berlinern keine einzige Torchance. Aber das sollte an so einem Tag eigentlich ohne Bedeutung sein. Toleranz, Vielfalt, Verantwortung – und dann noch gut Fußball spielen? Alles geht eben nicht. Und Sport ist auch nicht alles.

Der Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Bundesliga.

Frank Lüdecke

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