BIG FOUR - Die US-Sport-Kolumne: Dominik Kahun: Nur einer kam durch
Im Sommer durften sich mehrere deutsche Eishockey-Nationalspieler Hoffnungen auf eine NHL-Karriere machen. Doch nicht immer gehen Träume in Erfüllung.
Domink Kahun kommt derzeit aus dem Strahlen gar nicht mehr heraus. Der deutsche Silbermedaillengewinner der Olympischen Winterspiele von Pyeongchang spielt in der besten Eishockey-Liga der Welt, der nordamerikanischen National Hockey League (NHL). Da, wo so viele junge Profis irgendwann einmal landen wollen. Im Falle des 23-Jährigen Kahun liegt die Betonung tatsächlich auch auf "spielen", denn der frühere Münchner ist bei den Chicago Blackhawks derzeit mehr als nur ein Ergänzungsspieler. In einer Reihe mit Team-Kapitän Jonathan Toews und Alex DeBrincat kommt der Neuling auf rund 15 Minuten Einsatzzeit pro Partie, ein Tor und sechs Vorlagen stehen nach neun Saisonspielen auf der Habenseite. Kein Wunder, dass Kahun kürzlich im Interview bei DAZN sagte: "Ich könnte es mir gar nicht schöner vorstellen. Für mich ist schon ein Traum in Erfüllung gegangen, dass ich es ins Team geschafft habe. Dass es dann auch noch so gut läuft, ist schon ein Highlight."
Neben Kahun haben in den vergangenen Monaten auch drei weitere Olympiahelden den Weg nach Nordamerika eingeschlagen. Bundestrainer Marco Sturm sagte auch deshalb schon bei uns im Interview: "Deutsche Spieler sind gefragter denn je". Der Weg von der Nachfrage zum NHL-Profi ist dann aber doch ein schwieriger. So ist Marcel Noebels bereits wieder zurück bei den Eisbären Berlin, er hatte bei den Boston Bruins letztlich keine realistische Chance auf einen Platz im Team. Yasin Ehliz und Brooks Macek sind noch drüben, allerdings nicht in der NHL, sondern in der AHL, der American Hockey League, dem Unterbau der besten Liga der Welt. Ehliz soll bei den Stockton Heat allerdings nicht besonders glücklich sein, eine baldige Rückkehr nach Deutschland scheint durchaus realistisch. Bisher kam er nur zweimal überhaupt zum Einsatz, besonders auffällig war er dabei nicht. Dass er sich so in den Blickpunkt der Verantwortlichen bei den Calgary Flames spielen kann, ist eher unwahrscheinlich.
Deutlich besser läuft es für Brooks Macek bei den Chicago Wolves. Nach sieben Spielen hat der Angreifer, der ebenfalls aus München kam, bereits zehn Scorerpunkte (acht Tore, zwei Assists) auf dem Konto und führt damit die interne Teamstatistik an. Am Mittwoch steuerte Macek beim 6:2 der Wolves gegen die Cleveland Monsters zwei Treffer und zwei Vorlagen bei. Gut möglich, dass die Las Vegas Golden Knights angesichts dieser Zahlen demnächst Verwendung finden für den 26-Jährigen.
Vier Stürmer und zwei Torhüter aus Deutschland spielen aktuell in der NHL
Noch aber liegt die deutsche Fokus in der NHL weiterhin auf Leon Draisaitl, dem für Edmonton bereits wieder vier Tore und vier Assists gelungen sind. Dahinter folgt allerdings bereits Dominik Kahun, auch weil Tobias Rieder bisher bei den Oilers nicht wirklich überzeugen konnte (eine Vorlage). Tom Kühnhackl ist der Wechsel zu den New York Islanders bisher nicht wirklich gut bekommen, gerade mal zwei Einsätze stehen für den zweimaligen Stanley-Cup-Sieger zu Buche. Und Maximilian Kammerer, der aus Düsseldorf zu den Hershey Bears (Farmteam von Stanley-Cup-Champion Washington Capitals) wechselte, hatte sich ohnehin keine großen Hoffnungen gemacht, es sofort in die NHL zu schaffen. Gleiches gilt für Manuel Wiederer, der von den San Jose Sharks unter Vertrag steht, derzeit aber in der AHL für San Jose Barracuda spielt - und das durchaus ordentlich (zwei Tore, zwei Assists).
Bleiben noch die Torhüter: Thomas Greiss kämpft bei den Islanders mit dem Schweden Robin Lehner um die Nummer eins, im Moment sieht es so aus, als hätte er diesen Kampf verloren. Gleiches gilt für Philipp Grubauer bei der Colorado Avalanche, allerdings zeigte der Trend bei ihm zuletzt deutlich nach oben.
Einen deutschen Verteidiger gibt es derzeit nicht in der NHL. Dennis Seidenberg konnte sich bei den Islanders nicht für einen neuen Vertrag empfehlen und überlegt wohl noch, ob er seine Karriere wo auch immer fortsetzt oder sie vielleicht doch beendet. Und Korbinian Holzer steht bei den Anaheim Ducks zwar noch unter Vertrag, fällt nach einer Handgelenks-OP aber noch monatelang aus.
Die NHL mag der große Traum aller jungen Eishockeyspieler sein, erfüllen können ihn sich aber die wenigsten. Dass man manchmal auch einen anderen Weg einschlagen kann, um seinem Traum näher zu kommen, zeigt übrigens das Beispiel Dominik Bokk. Der 18-Jährige wurde im Sommer von den St. Louis Blues in der ersten Runde des Drafts gezogen, spielt aber in dieser Saison noch bei den Växjö Lakers in der schwedischen Eliteliga. Einen Wechsel nach Nordamerika strebt der Stürmer dann zur Saison 2019/20 an.