Argentinische Fußballlegende: Diego Maradona ist tot
Als Mensch war Diego Maradona umstritten, als Fußballer über jeden Zweifel erhaben. Nun ist er im Alter von 60 Jahren kurz nach einer Hirn-Operation gestorben.
Diego Armando Maradona ist tot. Der 60-Jährige sei an einem Herzstillstand gestorben, teilte am Mittwoch ein Sprecher des ehemaligen Fußballstars mit. Der Argentinier gilt als einer der besten Spieler der Fußball-Geschichte und wurde nicht nur in seiner Heimat verehrt. Besonders in Neapel, wo er die beste Zeit seiner Karriere verbrachte, hat er trotz aller Skandale immer noch den Status eines Fußballgottes.
Maradona war erst kürzlich aus dem Krankenhaus entlassen worden. Der Weltmeister von 1986 war am 2. November, wenige Tage nach seinem 60. Geburtstag, in ein Krankenhaus gebracht worden. Zunächst war lediglich von emotionalem Stress, Blutarmut und Dehydrierung die Rede.
Bei den Tests wurde dann ein subdurales Hämatom bei dem Fußballhelden entdeckt. Dabei handelt es sich um eine Blutung zwischen harter Hirnhaut und Gehirn. Am 3. November wurde Maradona nach Angaben seines Ärzteteams erfolgreich operiert. Maradona habe den möglicherweise schwierigsten Moment seines Lebens überstanden, sagte sein Anwalt Matías Morla da. Der frühere „Pibe de Oro“ (Goldjunge) sei gewillt, sich wegen persönlicher Probleme zu rehabilitieren: „Es wird Maradona noch eine Weile geben.“
Die Fußballlegende hatte in der Vergangenheit immer wieder mit Gesundheitsproblemen zu kämpfen. So erlitt Maradona bereits zwei Herzinfarkte, erkrankte an Hepatitis und ließ sich wegen schweren Übergewichts einen Magen-Bypass legen. Auch war er mehrfach wegen Drogensucht in Behandlung.
Zuletzt war Maradona als Trainer des Fußballclubs Gimnasia y Esgrima La Plata beschäftigt. Wie bei fast allen seinen Unternehmungen seit dem Karriereende als aktiver Spieler 1997 konnte Maradona auch dort nicht mal ansatzweise an die vorherigen Erfolge anknüpfen.
Schon mit 16 Jahren debütierte er 1977 für die argentinische Nationalmannschaft, die er 1986 zum Titel bei der Weltmeisterschaft und 1990 erneut ins Finale führte. Besonders die WM 1986 in Mexiko stand ganz im Zeichen des argentinischen Offensivspielers. Im Viertelfinale gegen England erzielte er zwei der legendenumwobensten Tore der Fußballgeschichte: einen Alleingang, bei dem er sich startend von der Mittellinie durch die halbe englische Abwehr dribbelte und den Treffer mit der Hand, der "Hand Gottes", wie er später selbst sagte.
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Auf Vereinsebene führte ihn sein Weg von den Argentinos Juniors schon früh nach Buenos Aires zu den Boca Juniors, einem der zwei größten Klubs des Landes. 1982 wechselte Maradona im Alter von 21 Jahren für eine Rekordablösesumme nach Europa zum FC Barcelona, wo er wegen einiger Verletzungen und Skandale aber nur bis 1984 blieb. Was folgte, sah auf den ersten Blick wie ein Rückschritt aus, erwies sich allerdings als beste Entscheidung seiner Karriere. Maradona schloss sich erneut für eine Rekordsumme dem SSC Neapel an. Der Klub hatte zuvor bis auf zwei italienische Pokalsiege nicht viel erreicht, wurde in den sieben Jahren mit Maradona aber zu einem europäischen Spitzenteam. Zwei Mal gewann Neapel die Meisterschaft, einmal den nationalen Pokal und 1989 den Uefa-Cup, bis heute der größte Erfolg der Vereinsgeschichte.
In Neapel wurde Maradona bereits empfangen wie ein Star, in den folgenden Jahren wurde er mit fast religiöser Hingabe verehrt. Noch heute finden sich an Häuserwänden in Neapel Bilder von Maradona, Diego wurde zu einem der beliebtesten Vornamen in der Region und die Fans huldigten ihrem Star auf alle erdenkliche Arten. "Oh Mama, Mama, Mama, weißt du, warum mein Herz so schlägt? Ich habe Maradona gesehen und jetzt bin ich verliebt", sangen sie auf den Tribünen des San-Paolo-Stadions.
Doch der Ruhm in Neapel hatte auch seine dunklen Seiten. Maradona genoss seinen Status und das Leben, er feierte gerne und viel. In Neapel wollten sich viele Menschen im Licht des Fußballstars sonnen - und das galt auch für die Camorra. Mit einigen Mitgliedern berüchtigter Familien durchzechte Maradona die Nächte, trank viel, nahm Drogen. Der Fußballverband sperrte ihn 1991 für 15 Monate, nachdem ihm Kokain in einer Dopingprobe nachgewiesen wurde. Später wurde er wegen Drogenbesitzes verurteilt. So endete auch seine Zeit in Italien, die vom Regisseur Asif Kapadia in einer 2019 veröffentlichten Doku eindrucksvoll nachgezeichnet wird, unrühmlich.
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Beim FC Sevilla und nach seiner Rückkehr nach Argentinien war seine einzigartige Klasse zwar immer wieder mal zu sehen, sein Lebensstil und sein schwieriger Charakter verhinderten aber ein Comeback auf höchstem Niveau. Den Abgang vom großen Fußball sah die Welt dann bei der WM 1994 in den USA, als Maradona in den ersten zwei Spielen zwar mit starken Leistungen überzeugte, dann aber wegen einer positiven Dopingprobe vom Turnier ausgeschlossen und gesperrt wurde.
Nach der Spielerkarriere versuchte sich Maradona mehrfach als Trainer, jedoch ohne großen Erfolg. Bei der WM 2010 erreichte er mit seinem Heimatland das Viertelfinale, scheiterte dort aber mit 0:4 an der deutschen Nationalmannschaft. Als Edelfan seines Jugendvereins Boca Juniors, als TV-Experte und Showgastgeber blieb er vor allem in seiner Heimat stets präsent. Seine jüngsten gesundheitlichen Probleme waren tagelang auf den Titelseiten der Zeitungen zu sehen. Argentinien bangte um den wahrscheinlich berühmtesten Sohn des Landes. Am Mittwoch ist es passiert: Einer der größten Fußballer aller Zeiten, ist tot. Oder wie die Zeitung Clarin schreibt: "Das Urteil, das schon viele Male geschrieben wurde, dem das Schicksal aber immer wieder ausgewichen ist, ist nun Teil der traurigen Realität: Diego Armando Maradona ist gestorben." (mit Agenturen)