Demme wechselte von Leipzig nach Italien: Endlich wieder ein Diego beim SSC Neapel
Diego Demme hat RB Leipzig im Winter verlassen, um sich beim SSC Neapel einen Traum zu erfüllen. Am Mittwoch spielt er im Pokal-Halbfinale gegen Inter Mailand.
Als Diego Armando Maradona im März 1991 zum letzten Mal für den SSC Neapel auflief und gegen Sampdoria Genua seinen 115. Treffer für den Verein erzielte, war Petra Demme gerade schwanger. Ihr Mann Vincenzo, vor Jahren aus dem Süden Italiens ins ostwestfälische Herford emigriert, bewunderte den argentinischen Jahrhundertfußballer schon lange und setzte sich letztlich bei der Namensfindung durch: Am 21. November 1991 wurde der kleine Diego geboren.
28 Jahre und ein paar Monate später spielt der nicht mehr ganz so kleine Demme selbst für die Società Sportiva Calcio Napoli und erzielte Anfang Februar als erster Diego seit dem großen Maradona ein Tor für den Klub, ebenfalls gegen Sampdoria.
In einer Stadt, die ein Faible für Legenden und das Übernatürliche hat, wird solch eine Geschichte natürlich ganz besonders aufgenommen, auch wenn sie fast wie aus einem Film von Produzent und Vereinspräsident Aurelio De Laurentiis klingt. „Für Diego ist es fantastisch, dieses Trikot zu tragen – und für mich wird ein Traum wahr“, sagte Vincenzo Demme nach dem Transfer seines Sohnes von Rasenballsport Leipzig nach Kampanien im Januar.
Auch wenn Diego Demme durch seinen Vater natürlich mit dem Mythos Maradona aufwuchs, ist der Wechsel nach Neapel für rund zwölf Millionen Euro aus einem anderen Grund besonders für ihn. Seit Carlo Ancelotti im Dezember entlassen wurde, trainiert Gennaro Gattuso das Team – und eben jener Weltmeister von 2006 war das große sportliche Vorbild Demmes. „Als ich jünger war, waren Gattuso und Pirlo meine Idole“, sagte er jüngst in einem Video des Klubs. „Ich möchte jeden Tag von ihm lernen.“
Zu Gattuso, der keine 100 Kilometer entfernt vom Heimatort Vincenzo Demmes in Kalabrien aufgewachsen ist, bestehen deutlich mehr Ähnlichkeiten als zu Namensvetter Maradona. Der 28 Jahre alte Demme nimmt im zentralen Mittelfeld eine vergleichbare Rolle ein wie einst sein Trainer. Beide haben ihre Stärken eher im körperlichen Bereich und haben es vor allem dank einer guten Einstellung so weit nach oben geschafft. „Ich glaube, dass ich die richtige Mentalität habe. Ich laufe viel und bin auf dem Platz gerne ein Leader“, sagte Demme.
Gerade solch einen Spieler können sie in Neapel momentan gut gebrauchen und dass er dem Team helfen kann, hat Demme in den ersten Spielen schon angedeutet. Nach Jahren als erster Verfolger von Dauermeister Juventus Turin ist die aktuelle Saison in der Serie A bisher eine einzige Enttäuschung. Die technische Qualität ist mit Ausnahmekönnern wie Lorenzo Insigne sowie Dries Mertens fraglos vorhanden, aber die Balance fehlt und im Team soll es rumoren. Die Tabellenspitze ist schon mehr als 20 Punkte entfernt und die Qualifikation für den Europapokal ernsthaft in Gefahr.
In der Champions League trifft Napoli im Achtelfinale auf den FC Barcelona und so ist die Coppa Italia die einzige realistische Chance, um die Spielzeit noch zu retten. Im Halbfinal-Hinspiel tritt Demme mit seinem Team am Mittwoch (20.45 Uhr, live bei Dazn) beim wiedererstarkten Inter Mailand an.
Ein ungewöhnlicher Karriereweg
Sein Wechsel von Leipzig nach Neapel passt irgendwie zu einer eigenwilligen Karriere mit Umwegen. In der Saison 2013/14 verließ er den SC Paderborn, der wenige Monate später erstmals in die Bundesliga aufsteigen sollte, und ging in die Dritte Liga nach Leipzig.
Im Nachhinein hat sich der sportliche Rückschritt ausgezahlt, in Sachsen entwickelte sich Demme in sechseinhalb Jahren zum Bundesliga-Profi und Kapitän. Zudem findet sich in seiner Statistik ein Spiel für die deutsche Nationalmannschaft. Dass es nicht mehr wurden, verhinderte eine Verletzung kurz vor dem Confed-Cup 2017, für den er eigentlich nominiert war.
In Leipzig hat Demme deutlich mehr Spuren hinterlassen als im DFB-Team. Beim ersten Heimspiel nach seinem Wechsel feierten ihn die Fans – angelehnt an seine Trikotnummer – in der 31. Minute mit Sprechchören und Plakaten. Zwar kam Demme in der Hinrunde bei der Mannschaft von Julian Nagelsmann noch regelmäßig zum Einsatz, für unverzichtbar hielt ihn der Trainer aber offensichtlich nicht.
„Wenn ein Spieler, der nicht mehr der jüngste ist und einen auslaufenden Vertrag hat, bei seinem Traumverein spielen kann, kommt diese Chance nur einmal“, sagte Nagelsmann. „Wir haben ihm einen großen Traum erfüllt.” Manchmal neigen sie halt nicht nur in Neapel zu ein bisschen Pathos.