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Was bringt die Saison in der MLB? Das fragt sich auch Skandalprofi Alex Rodriguez.
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Big Four - Die US-Sport-Kolumne: Die wichtigsten Fragen zum Saisonstart in der Major League Baseball

Seit ein paar Tagen läuft die Baseball-Saison in Nordamerika. Zum Start der neuen Spielzeit beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um die MLB - durchaus auch mal ganz subjektiv.

Was ist neu?
Rob Manfred. Der 56-Jährige ist neuer Chef der Major League Baseball und hat Bud Selig abgelöst. Unter seiner Regie soll das Spiel etwas flotter werden. Angesichts teilweise endloser At-Bats ein lobenswerter Ansatz, auch wenn die zarten Modifikationen in Sachen Spielfluss nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind. Künftig soll zumindest mal direkt nach einer Werbepause weitergespielt werden, dazu dürfen Manager nur noch von der Bank aus den Videobeweis einfordern (und nicht noch im Schneckentempo aufs Feld wandern). Und der Spieler an der Platte muss immer mindestens einen Fuß in der Batters Box haben. Das alles zusammen könnte bei einem durchschnittlichen Spiel von drei Stunden vielleicht fünf Minuten bringen. Immerhin.

Wer schaut sich das an?
Im Vorjahr exakt 73.739.622 Menschen live in den Stadien. Macht im Schnitt pro Spiel 30.458 Fans. Das ist eine ganze Menge, wenn man bedenkt das jedes der 30 Teams 81 Heimspiele in der Saison hat. Der Zuschauerzuspruch ist dabei relativ konstant, wobei bei die Auslastung bei den jeweiligen Teams natürlich unterschiedlich sind. Die Los Angeles Dodgers zogen 2014 mit fast 3,8 Millionen Besuchern die meisten Fans, die Stadionauslastung war mit mehr als 99 Prozent bei den St. Louis Cardinals aber höher. Letzter waren diesbezüglich mit nur rund 42 Prozent die Cleveland Indians, den niedrigsten Zuschauerschnitt wiesen die Tampa Bay Rays mit nicht mal 18.000 Fans pro Spiel auf. Die Einschaltquoten für Baseball im US-Fernsehen sind seit Jahren rückläufig und nicht mit denen beispielsweise in der NFL zu vergleichen. Andererseits wird inzwischen auch jedes Spiel irgendwo im TV übertragen, eine leichte Übersättigung ist da normal. Und bei allem Respekt: Eine World Series wie 2014 zwischen San Fransisco und Kansas City ist für die breite Masse nun mal ähnlich interessant wie hierzulande ein Fußballspiel zwischen dem HSV und Freiburg. Schlimmer als das sinkende Fernsehinteresse ist für das Spiel das geringer werdende Interesse bei Kindern und Jugendlichen. Doch deswegen ist der US-amerikanische Nationalsport nicht gleich vom Aussterben bedroht.

Wen wollen die Fans sehen?
Baseball ist ein Sport, in dem alles mithilfe von Statistiken läuft. So lässt sich auch ganz genau ermitteln, wer auf welcher Position der beste Spieler ist. Natürlich ist Klasse das eine, Publicity das andere. Und dabei kommt es auch immer auf den jeweiligen Markt an. Spieler, die in New York bei den Yankees, bei den Boston Red Sox oder auf der anderen Seite des Landes bei den Los Angeles Dodgers unter Vertrag stehen, haben es etwas leichter. Und dann kommt es auch noch darauf an, was einem besser gefällt: Pitchen oder schlagen. Der beste Werfer der Liga war zuletzt Madison Bumgarner von Champion San Fransisco, der beste Offensivspieler Mike Trout von den LA Angels. Letzterer ist noch jung und hat das Zeug dazu, den Sport auf Jahre zu dominieren. Das muss nicht immer mit Titeln für die Mannschaft verbunden sein, im Baseball sind persönliche Auszeichnungen mitunter genauso wichtig. Geht es übrigens nur nach Geld, dann ist Giancarlo Stanton von den Miami Marlins der absolute Topstar der Liga. Der kräftige Schlagmann hat zuletzt einen 13-Jahresvertrag mit einem Gesamtgehalt von 325 Millionen US Dollar unterschrieben. Herzlichen Glückwunsch!

Spielen auch Deutsche mit?
Zunächst einmal nicht. Donald Lutz ist bisher der einzige Deutsche, der in der MLB gespielt hat. Er hat es für 2015 aber nicht in den Kader der Cincinnati Reds geschafft und muss sich über den Umweg Farmteam für höhere Aufgaben empfehlen. Der Berliner Max(imilian) Kepler-Rozycki nahm bei den Minnesota Twins am Spring Training teil. Für ihn ist der Weg aber noch deutlich weiter als für Lutz. Dazu gibt es einige andere Talente aus Deutschland, doch deren Entwicklung ist derzeit beim besten Willen nicht absehbar.

Favoriten, Außenseiter und das ewige Thema Doping

Was macht eigentlich Alex Rodriguez?
Der meistgehasste Spieler der MLB ist nach seinem Jahr Dopingsperre wieder mit dabei. Rodriguez gibt sich geläutert, er macht zudem einen fitten Eindruck. Immerhin will er ja auch noch drei Jahre für die New York Yankees spielen (und dafür etliche Millionen Dollar einstreichen). Die Aufregung um den Biogenesis-Skandal hat sich inzwischen auch gelegt, Rodriguez wirkt wie ein ganz normaler Spieler - wenn auch wie einer, bei dem das Ende der Karriere absehbar ist. Mit den Yankees spielt er in diesem Jahr wohl nicht um den Titel, dafür winkt immer noch der ewige Homerun-Rekord. Bis zur Bestmarke von Barry Bonds (762) fehlen Rodriguez noch 108 Homeruns. Das könnte knapp werden.

Dopen die nicht alle?
Die Verdacht wird immer wieder geäußert, aber ganz so ist es dann doch nicht. Zumal in der MLB die härtesten Dopingregularien im US Sport gelten. Gerade erst wurde mit Ervin Santana ein Spieler für 80 Spiele (also die halbe Saison) gesperrt. Seit 2005 ist er der 53. ertappte Doping-Sünder in der Major League. Und die Strafen sind auch deshalb durchaus heftig, weil die Profis kein Gehalt bekommen, wenn die Liga sie sperrt. Nicht vergessen werden sollte, dass es 25 aktive Spieler in jedem der 30 Teams gibt, dazu kommen weitere 15 aus den Minor Leagues, die ständig hin und herpendeln zwischen den Mannschaften. Da sind nicht mal zwei Dopingfälle im Schnitt pro Jahr in der MLB dann doch eher überschaubar.

Wer spielt um den Titel?
Und damit sind wir mittendrin im Rätselraten, denn so offen wie die MLB ist keine andere US-Liga. Wer zum Beispiel hätte in der vergangenen Saison mit den Kansas City Royals in der World Series gerechnet? Wer am Ende vorn sein will, muss nicht nur gute Spieler haben, sondern die müssen auch gesund bleiben. Und bei 162 Spielen pro Saison - also fast einem an jedem Tag - ist das fast unmöglich. Favoriten gibt es natürlich trotzdem. In der American League zum Beispiel die Boston Red Sox, die Detroit Tigers oder die LA Angels. Auch Kansas City haben diesmal mehr Leute auf dem Zettel als 2014. In der National League gelten die Washington Nationals als heißer Tipp, dazu wie üblich die St. Louis Cardinals und die Los Angeles Dodgers. Und San Fransisco? Die Giants haben in den vergangenen fünf Jahren dreimal den Titel geholt - aber immer in den geraden Jahren. Von daher müssten sie 2015 die Play-offs eigentlich wie zuletzt immer in den ungeraden Jahren verpassen.

Welches Team hat sich verbessert?
Die Frage könnte auch lauten: Wer sind die Geheimtipps? Und da gibt es einige. In der American League zum Beispiel die Toronto Blue Jays, obwohl die Kanadier aus ihren Ambitionen keinen Hehl machen. Dazu haben sich die Chicago White Sox und die Seattle Mariners kräftig verstärkt. Ob das für die Play-offs schon reicht? Zumindest sind die Chancen ein bisschen größer als noch vor einem Jahr. Auch das Chicagoer Team in der National League hat sich viel vorgenommen. Ob die Cubs ihren Ruf als ewige Verlierer aber schon in dieser Saison ablegen können? Ebenfalls ordentlich investiert haben die San Diego Padres. Aber was auf dem Papier gut aussieht, muss auf dem Feld noch lange nicht funktionieren.

Wo sind die Chancen eher gering?
Zum Abschluss folgt die gefährlichste Frage - die nach den Losern der Saison. Im Baseball können daraus auch ganz schnell Sieger werden, aber bei diesen Teams lege ich mich fest: Der Titel ist 2015 unmöglich. Als da wären: Tampa Bay, Minnesota, Houston (wenn auch auf einem guten Weg) in der American League. Milwaukee, Arizona und Philadelphia in der National League.

Übrigens: Wer sich das alles mal anschauen will, für den gibt es bei Sport1.US pro Woche zwei bis drei Spiele live. Die richtigen Baseball-Freaks ziehen selbstverständlich MLB.TV vor. Hier gibt es alle Saisonspiele live oder als Aufzeichnung für im Moment etwas mehr als 100 Dollar für das gesamte Jahr.

Jörg Leopold

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