Formel 1 in Monaco: Die üblichen Verdächtigen fahren nur hinterher
Beim Großen Preis von Monaco sind ausnahmsweise die Red-Bull-Fahrer Daniel Ricciardo und Max Verstappen die großen Favoriten.
Wenn es darum geht, vorherzusagen, wer beim Großen Preis von Monaco an diesem Sonntag vorne dabei sein wird, dann lohnt ein Blick auf die Zwischenzeiten des letzten Rennabschnitts in Barcelona vor zwei Wochen. Dieser sehr enge und winklige Streckenteil gilt als einer der Gradmesser für Monaco – und da waren eben nicht die üblichen Verdächtigen wie Lewis Hamilton oder Sebastian Vettel am schnellsten, sondern die Red-Bull-Fahrer Max Verstappen und Daniel Ricciardo.
Ein Eindruck, der sich in den ersten freien Trainings am Donnerstag in Monaco prompt bestätigte. Denn danach fehlte der silbernen und roten Formel-1-Konkurrenz um Hamilton und Vettel mehr als eine halbe Sekunde auf die Bestzeit von Ricciardo. Der Australier legte die 3,337 Kilometer in 1:11,841 Minuten zurück – so schnell war bisher noch niemand auf dem engen Straßenkurs unterwegs. Ricciardo leitete daraus selbstbewusst ab: „Ich bin mir sicher, dass wir am Samstag im Qualifying noch ein bisschen schneller sein werden. Ziel ist es, an diesem Wochenende zu dominieren und zu versuchen, den Sieg zu holen.“
Auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner war zufrieden. „Beide Fahrer hatten ein gutes Gefühl im Auto, das ziemlich gut lief.“ Trotzdem mahnte er zur Vorsicht: „Wir müssen noch abwarten. Aber wahrscheinlich ist das unsere beste Quali-Chance in diesem Jahr.“
Der Grund dafür: In den engen Straßenschluchten von Monaco zählt die Motorleistung deutlich weniger als auf anderen Strecken. Genau das ist der Punkt, bei dem Red Bull mit dem Renault-Antrieb immer noch deutlich hinter Mercedes und Ferrari liegt. Vor allem im Qualifying, wenn die Kontrahenten für eine Runde noch einmal eine Portion Extra-Leistung freigeben können.
In Spanien vor zwei Wochen war Red Bull fast sieben Zehntelsekunden von der Pole-Zeit weg. „Hier sollten es aber deutlich weniger sein. Wenn wir in Barcelona fünf Zehntelsekunden durch den Motor verloren haben, sind es hier vielleicht maximal zwei“, sagte Daniel Ricciardo. „Aber mit etwas Selbstvertrauen und einem guten Set-up können zwei Zehntelsekunden auf einer Strecke wie dieser schnell kommen.“
Überholen ist in Monaco fast unmöglich
Nirgendwo anders ist es so wichtig, von ganz vorne zu starten, wie in Monaco, wo das Überholen fast unmöglich ist. Insofern gibt Ricciardos Teamkollege Verstappen schon einmal die geplante Marschroute für das Wochenende vor: „Aus der ersten Reihe starten, den richtigen Moment für den Boxenstopp abpassen und von den Mauern wegbleiben.“ Der Niederländer versucht, nichts Besonderes in diesem Rennen zu sehen, von dem Sebastian Vettel sagt, dass ein Sieg hier für jeden Fahrer nach dem WM-Titel das zweitwichtigste Ziel sei. „Für mich ist Monaco ein Grand Prix wie jeder andere“, betonte der 20-Jährige. Wohl auch, um sich selbst nicht zu viel Druck aufzubauen.
„Wir haben ein gutes Auto, jetzt wird es darum gehen, das Potenzial auszuschöpfen und dann hoffentlich ein schönes Ergebnis einzufahren. Es gibt nicht zu viele Geraden hier, das ist gut für uns“, sagte Verstappen. „In den Kurven liegt das Auto gut, die Balance scheint auch einigermaßen zu stimmen – das ist ja ganz entscheidend. Als Fahrer kannst du vielleicht einen ganz kleinen Unterschied ausmachen, aber der Rest muss auch passen.“
Die Experten sind sich nach den ersten Beobachtungen an der Strecke jedenfalls einig: Red Bull ist der Favorit. Der frühere britische Formel-1-Fahrer Martin Brundle schwärmt: „Sie sind auf dieser Piste schlicht überlegen. Sie haben offenbar unglaublich viel Grip.“ Und vor allem Ricciardo, der in dieser Saison schon den Großen Preis von China gewonnen hat, ist in herausragender Form.
Ricciardo selbst findet ja, dass er in Monaco eigentlich noch einmal ausgleichende Gerechtigkeit erfahren sollte: Für 2016, als er auf dem Weg zu einem sicheren Sieg war, Red Bull dann aber beim Boxenstopp nicht die richtigen Reifen parat liegen hatte und Lewis Hamilton von der Panne profitierte.
„Ich habe hier noch was gut“, sagte der 28-Jährige. „Aber mir ist auch klar, dass ich mir das verdienen muss. Ein Geschenk werde ich nicht erhalten, nur weil es eine Gerechtigkeit gibt.“