Borussia Dortmund in der Krise: Die Probleme liegen viel tiefer als auf der Trainerposition
Nach dem 1:2 beim 1. FC Union ist die Aufbruchstimmung beim BVB bereits wieder verflogen. Auch über den Rekord von Youssoufa Moukoko kann sich niemand freuen.
Edin Terzic war unermüdlich. Von der Seitenlinie versuchte Borussia Dortmunds neuer Trainer durchgängig, Einfluss auf das Spiel seiner Mannschaft zu nehmen. Der 38-Jährige feuerte seine Spieler an, er gab ihnen taktische Anweisungen, er klatsche in die Hände. Der gesamten Bank des BVB war anzumerken, dass sie von außen mehr Energie, mehr Emotionalität ausstrahlen wollte.
Nach dem Abpfiff, der Dortmunds 1:2-Niederlage beim 1. FC Union besiegelte, war davon nicht mehr viel zu erkennen. Terzic wanderte verloren über den Rasen, Sportdirektor Michael Zorc vergrub das Gesicht in seinen Händen und viele Spieler schüttelten den Kopf. Nur Mats Hummels ließ seinen Gefühlen freien Lauf. Kurz vor einem Fernsehinterview schlug er vor Wut gegen die Werbetafel.
Die leichte Euphorie, die nach dem Trainerwechsel von Lucien Favre zu Terzic sowie dem Sieg unter der Woche bei Werder Bremen entstanden war, ist schon wieder weg.
Nach der vierten Niederlage in den vergangenen sieben Bundesliga-Spielen sollte auch dem letzten klar sein, dass die Probleme des BVB viel tiefer liegen als auf der Trainerposition. Das Team ist verunsichert, es fehlen Ideen, es fehlt die nötige Konzentration – und letztlich fehlt auch der unbedingte Wille, wie ihn Mannschaften wie Union, Stuttgart oder Köln auf den Platz bringen.
„Wir hauen uns selber in die Pfanne. Es darf nicht passieren, dass der beste Kopfballspieler der gegnerischen Mannschaft ohne Gegner bei einer Ecke im Zentrum steht. Das ist unverzeihbar. Wir haben jetzt zwei Spiele durch Standardgegentore abgegeben, das ist eine Katastrophe“, sagte Hummels. Schon gegen Köln waren beide Gegentreffer nach Eckbällen gefallen.
Die Standards sind aber nicht die einzige defensive Schwäche. Vor allem Thomas Meunier und Manuel Akanji leisteten sich gegen Union mehrere unerklärliche Fehler im Spielaufbau, sodass für die Berliner bei besserer Chancenauswertung auch aus dem Spiel zwei oder drei Tore möglich gewesen wären.
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Mit der Abwehr hatte Dortmund auch in der Vergangenheit immer wieder Probleme, seit einigen Wochen tut sich die Mannschaft aber nach vorne ebenfalls schwer. Solange Erling Haaland noch fit war, hat er mit seiner Wucht und Abschlussstärke viele Defizite kaschiert. Doch momentan ist das Angriffsspiel steril, ideen- und tempolos. Marco Reus und Jadon Sancho sind außer Form – und im Mittelfeld ist mit Axel Witsel und Emre Can zwar viel Physis, aber kaum Esprit vorhanden.
„Der Gegner konnte uns sehr leicht verteidigen. Unsere Bewegungen waren nicht gut, der Ball war zu langsam“, bemängelte Terzic und Torwart Roman Bürki wurde noch deutlicher: „Mit dem ganzen schönen Fußballgespiele, Chipbälle hinter die Abwehr – das funktioniert nicht. Wir müssen den Sechzehner mit Flanken bombardieren.“
Wenn es am Freitag mal gefährlich wurde, dann nur über die Achse Raphael Guerreiro/Youssoufa Moukoko. Dass das Stürmertalent mit 16 Jahren und 28 Tagen nicht nur als jüngster Torschütze in die Bundesliga-Geschichte einging, sondern mit Abstand bester Dortmunder war, spricht nicht für den Rest der Mannschaft. „Wenn wir nach jedem Tor anfangen, über ihn zu reden, wird ihm das nicht helfen“, sagte Terzic. „Aber welche Qualität er jetzt schon hat und welches Potenzial da ist, hat er heute gezeigt.“
Die Tabellenspitze verliert der BVB langsam aus dem Blick und selbst Union liegt nur noch einen Punkt hinter Dortmund. „Die Tabelle momentan ist ärgerlich. Aber das ist momentan nicht unser Thema“, sagte Terzic. „Wir wollen den Glauben in die Mannschaft zurückerwecken.“ Auch davon ist Dortmund derzeit weit entfernt.