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Alles ehrlich. An diesem Sonntag beteiligen sich 200 Fußballvereine am Tag der Amateure.
© 11 Freunde

Tag der Fußball-Amateure in Berlin: Die Kleinen ganz groß - ohne den DFB

An diesem Sonntag findet erstmals der Tag der Fußball-Amateure statt. Der Verband ist dabei allerdings nicht involviert.

Der Dulwich Hamlet Football Club blickt auf eine lange Geschichte zurück – die zunächst nicht spektakulär klingt. 1893 gegründet, kickt sich der Londoner Verein seit jeher durch untere Ligen. Zuschauer? Ein paar. Doch plötzlich im September 2014 waren es 3000. Das Stadion Champion Hill war ausverkauft. Bei einem Spiel der siebten Liga. Ein Amateurfußballmärchen, das es ohne den „Non League Day“ nicht gegeben hätte.

Non-League football bezeichnet in England das, was in Deutschland Amateurbereich heißt – alles unterhalb der Profiligen. In England hat dieser Fußball, der auch in Deutschland inzwischen immer mehr als „der ehrliche Fußball“ gilt, dank der Initiative des Fans James Doe seit 2010 einen eigenen Tag. In einer Länderspielpause rücken die Amateure in den Blickpunkt. Und geben alles. Hier verteilt ein Vereinspräsident selbstgesammelte Pilze, dort gibt es freien Eintritt für jeden, der im Superheldenkostüm kommt. Oder die Fans werben vorher im Stadtteil und wecken so die Neugierde. Wie bei Dulwich Hamlet.

Was in England, das in Sachen Fußball-Kommerz noch weiter fortgeschritten ist, bereits eine Riesensache darstellt, soll auch in Deutschland groß werden. An diesem Sonntag findet erstmals der „Tag der Amateure“ statt. Initiiert vom Magazin „11 Freunde“, mit Berichten im Vorfeld, Reportern bei den Spielen und einem Liveticker. Eine Kooperation mit dem Deutschen Fußball-Bund war angedacht, ist aber nicht zustande gekommen. Der Berliner Fußball-Verband (BFV) steht der Aktion „sehr positiv“ gegenüber, sagt Geschäftsführer Kevin Langner. Der BFV ist zwar bisher ebenfalls nicht involviert, „wir können uns aber gut vorstellen, das in Zukunft aktiv zu unterstützen.“

Es ist der Gegensatz zur Bundesliga-Glitzerwelt

Andreas Bock, einer der Organisatoren bei „11 Freunde“, sagt: „Es gehen so viele Leute zum Profifußball, aber nur wenige zu den Amateurklubs.“ Gut 200 Vereine von der Oberliga abwärts sind dabei. Sie wollen zeigen, dass es sich lohnt, bei einem ganz normalen Punktspiel des Klubs von nebenan vorbeizuschauen. Möglichst öfter als einmal. Bei einer Bratwurst für zwei Euro, „die noch wie eine Bratwurst schmeckt“, sagt Bock. Bei Bier für zwei Euro. Bei Fußball, der ganz anders ist als in der Bundesliga-Glitzerwelt, wo eine vierköpfige Familie für einen Stadionbesuch schnell 200 Euro los ist.

Der Amateurfußball präsentiert sich liebenswert unperfekt. Mit dem Torwart, der kaum noch ins Trikot passt, jedoch hechtet wie ein Modellathlet. Dem Vorsitzenden, der schon 20 Mal aufhören wollte, aber keinen Nachfolger findet. Dem Rentner, der stets verkündet, dass er nie wieder kommt – um zwei Wochen später im Dauerregen wieder fluchend an der vergilbten Werbebande zu stehen.

Oberligist Tennis Borussia hat bei Twitter unter „tagderamateure“ auf das Pokalspiel beim Landesligisten TSV Mariendorf 97 an diesem Sonntag (14.30 Uhr) hingewiesen. Ansonsten ist die Resonanz in Berlin ausbaufähig, nur ein halbes Dutzend Einträge stehen auf der Internetseite tagderamateure.de in der Rubrik „schon dabei“. Viel weniger als in anderen Teilen des Landes. Manche der teilnehmenden Vereine legen sich besonders ins Zeug: Der TSV Künzell (Gruppenliga Fulda) gibt ein Spielerquartett heraus, bei dem eine Kategorie „Trinkfestigkeit“ lautet. Und ehemalige Profis wie Christoph Metzelder (TuS Haltern) oder Thomas Hitzlsperger (VfB Forstinning) und aktuelle Bundesligaspieler wie Weltmeister Christoph Kramer (BV Gräfrath) schauen auf den Plätzen ihres Heimatvereins vorbei.

Andreas Bock von „11 Freunde“ ist aufgefallen, dass bei manchen Vereinen Berührungsängste vorhanden sind, wenn sie nicht etwas Aufregendes anbieten können. Aber es muss nicht die unglaublichste Aktion in der Geschichte des Amateurfußballs sein. „Jeder, der sich beteiligen will, darf mitmachen“, sagt Bock. Gern im kommenden Jahr. Denn eines steht schon fest: Der „Tag der Amateure“ soll fortgeführt werden. Was daraus werden kann, zeigt das Beispiel des Dulwich Hamlet Football Clubs aus London. Die Zuschauerzahlen sind mitunter immer noch vierstellig.

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