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Ein einziges Gestocher: Die Planungen für die neue DEL-Saison verlaufen nicht ganz rund.
© Andreas Gora/dpa

Streit um Gehaltsverzicht: Die Deutsche Eishockey-Liga stochert im Nebel

Die DEL-Profis sollen in der kommenden Saison auf Gehalt verzichten. Darüber regt sich der Unmut. Dabei wäre gerade jetzt Zusammenarbeit gefragt. Ein Kommentar.

Wenn es ums Geld geht, dann wird es eng bei Profisportlern. Auch bei denen, die nicht wie Fußballnationaltorwart Manuel Neuer um Millionen im Vertrag feilschen, sondern das Geld für ein eher bodenständiges Leben benötigen. Wie zum Beispiel im deutschen Profieishockey.

Die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) hat ihre Spieler jüngst dazu aufgefordert, auf 25 Prozent der Gehälter zu verzichten. Es sei die einzige Möglichkeit, die Fixkosten der Klubs zu reduzieren. Die 25 Prozent sollten in eine erfolgsabhängige Vergütung umgewandelt werden, die an den Umsatzerlösen hängt. Wenn nämlich ab dem 18. September die neue Saison nicht mit Arenapublikum gespielt werden kann, dann drohen Spielausfälle und Verluste. Die Liga bestreitet das Gros ihres Etats aus den Faneinnahmen.

Bis Sonntagabend mussten alle 14 Klubs ihre Lizenzanträge einreichen, die Verzichtserklärungen der Spieler können nachgereicht werden. Doch der Unmut ist groß bei den Profis, die Aussicht auf Verzicht keine schöne. Das Modell der DEL ist wackelig – in einer wackeligen Zeit.

Die Idee kommt aus der National Hockey League (NHL), in Nordamerika gibt es das „Escrow“-System. Nach dem wird nur ein Teil der Spielergehälter garantiert ausbezahlt. Weil vorher niemand weiß, wie viel die Liga verdienen wird, zahlen die Spieler einen Teil ihres Gehalts ein. Erst mit Geschäftsabschluss wird entschieden, wie viel sie davon zurückbekommen.

Allerdings ist dieses System schwer auf Deutschland übertragbar. In Nordamerika wird nicht vorrangig Geld mit dem Publikum im Stadion verdient. Die NHL wird ihre Saison wohl bald mit Geisterspielen fortsetzen. Hierzulande sind die im Eishockey schwer denkbar.

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Der von der DEL geforderte Gehaltsverzicht birgt viele Probleme: Die Einnahmesituation der Klubs ist unterschiedlich, Mannheim oder München haben aufgrund ihrer solventen Mäzene andere Möglichkeiten als etwa Schwenningen oder Iserlohn. Auch könnte sich die DEL auf dem europäischen Markt von der Konkurrenz in Schweden, Schweiz oder Russland in ihrer Attraktivität für die Profis weit entfernen, dort wird dann viel mehr Geld gezahlt. In der DEL droht bei Spielausfall sogar der Weg in die Kurzarbeit, für avisiert 2900 Euro netto im Monat, was für einen Eishockeyprofi nichts ist.

Prominente Spieler wie der Kölner Moritz Müller und der Nürnberger Patrick Reimer erwägen nun die Gründung einer Spielergewerkschaft. Dass auch kritisiert wird, dass Manager und Trainer von dem Verzicht verschont bleiben sollen, zeugt allerdings weniger von Weitsicht. Besonders die Verantwortlichen werden eher mehr als weniger arbeiten müssen, wenn der Betrieb womöglich im September „stufenweise“ wieder hochgefahren werden kann, wie Peter John Lee, Geschäftsführer der Eisbären, hofft. Wobei zu diesem Zeitpunkt – Stand jetzt – in Berlin keine Großveranstaltungen mit Zuschauern erlaubt sind.

Dies alles zeigt, dass das Lizenzierungsverfahren der DEL ein Stochern im Nebel ist. Solange niemand weiß, ob der Hallensport Eishockey in diesem Jahr überhaupt in gewohnter Form stattfinden kann, offenbart der Disput nur, dass es der Liga schlecht geht. Und in schlechten Zeiten hilft Zusammenarbeit mehr als Streit.

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