FC Liverpool gegen Manchester City: „Die beste Mannschaft der Welt“
Der FC Liverpool wird vor dem Duell mit Manchester City sogar von Pep Guardiola geadelt. Das Team von Jürgen Klopp träumt vom ersten Meistertitel seit 1990.
Im Dezember wurde Jürgen Klopps Status als Liverpooler Kulttrainer buchstäblich in Stein gemeißelt – auf moderne Art und Weise. An einer Hauswand im baltischen Quartier der Stadt wurde Klopp mit einem riesigen Graffiti-Portrait verewigt.
Für Außenstehende mag es verblüffend wirken, dass einem Trainer, der mit einem so stolzen Klub wie dem FC Liverpool bisher keinen einzigen Titel gewonnen hat, auf den Straßen der Hafenstadt so gehuldigt wird. Das Kunstwerk zeugt aber von einer tiefen Überzeugung, dass die glorreichen alten Zeiten bald wiederkommen. In Liverpool glaubt man wieder an sich, und das aus gutem Grund.
Klopp hat eine positive Bilanz gegen Guardiola
Mit sechs Punkten Vorsprung auf Tottenham Hotspur ist die Mannschaft des deutschen Trainers derzeit Tabellenführer der Premier League. Das Spitzenspiel an diesem Donnerstag (21 Uhr/live auf Dazn) kommt da gerade recht. Denn dann tritt Klopps Team beim amtierenden Meister und größten Titelrivalen an: Manchester City.
Eigentlich war es das derzeit drittplatzierte City, das vor der dritten Saison unter Trainer Pep Guardiola als der Meisterschaftsfavorit galt. Doch kaum eine Mannschaft in Europa hat in dieser Spielzeit so geglänzt wie die von Jürgen Klopp. Liverpool ist in der Liga ungeschlagen und hat in 20 Spielen nur sechs Punkte liegen lassen. Der große Traum, zum ersten Mal seit 1990 wieder Englischer Meister zu werden, lebt stärker denn je.
Gleichzeitig steht Guardiola nach drei Niederlagen in den vergangenen fünf Ligaspielen plötzlich unter Druck. Schon jetzt hat er die Partie zum Alles-oder-Nichts-Spiel erklärt. Entweder gewinnt Guardiola das Trainerduell mit Klopp – oder er kann die Titelverteidigung schon jetzt aufgeben. „Der Abstand ist groß“, sagt Guardiola. „Lassen wir Punkte liegen, ist es vorbei.“
Insgesamt 15 Mal sind die beiden Trainer in England und Deutschland aufeinandergetroffen. Im direkten Vergleich liegt Klopp mit acht Siegen knapp vorne, trotzdem geht er an diesem Donnerstag zum ersten Mal als klarer Favorit in ein Duell mit Guardiola. Als Bayern-Trainer verfügte der Katalane über das stärkere Team, und in Manchester begegnete er Klopps Liverpool immer mindestens auf Augenhöhe. Nun ist das anders.
Liverpool sei derzeit die „beste Mannschaft der Welt“, sagte Guardiola zuletzt. Gleichzeitig merkte er an, dass der Druck auf den Tabellenführer immer größer sei als auf den Verfolger. Ein kleines Psychospielchen, das aber nicht besonders überzeugte. Zwar kann City mit einem Sieg wieder an Liverpool heranrücken, aber Guardiola und sein Team haben am Donnerstag auch viel mehr zu verlieren. So gab Mittelfeldspieler Bernardo Silva zu, dass er lieber an Liverpools Stelle wäre. „Der Druck ist eher bei uns“, sagte der Portugiese.
Zuletzt hatte City fast nur mit Problemen zu kämpfen, allen voran mit den Ausfällen wichtiger Spieler. Ohne Kevin De Bruyne war der Angriff nicht mehr so überwältigend wie sonst, und ohne den Mittelfeldabräumer Fernandinho wirkte City ungewöhnlich verunsichert und konteranfällig. Ausgerechnet vor dem Duell mit Liverpool ist das alarmierend.
Mit ihrem blitzschnellen Umschaltspiel hat Klopps Mannschaft in dieser Saison viele Gegner überrumpelt. Das magische Spitzentrio um Mo Salah, Sadio Mané und den früheren Hoffenheimer Roberto Firmino ist dabei nahezu unwiderstehlich. Doch Klopp hat seinem Team auch andere Qualitäten vermittelt. Die früher so belächelte und berüchtigte Liverpooler Defensive ist mittlerweile ein regelrechtes Bollwerk, mit nur acht Gegentoren in 20 Ligaspielen. Auch ist der Kader viel ausgeglichener besetzt. Neuzugänge wie Xherdan Shaqiri, Fabinho und der Torwart Alisson Becker haben der Mannschaft eine neue Balance verliehen.
Die Mannschaft wirkt gefestigter als früher
Bisher hat es Klopp auch geschafft, die Hysterie um seine Mannschaft herunterzuspielen. Das ist wichtig, denn in der Vergangenheit sind Liverpools Träume oft an den hohen Erwartungen gescheitert. Anders als 2009 und 2014, als Liverpool im Endspurt einbrach, wirkt der Erfolg dieser Mannschaft nicht wie eine Blase, die jederzeit platzen kann.
Als Liverpool am vergangenen Samstag nach nur elf Minuten gegen den FC Arsenal das 0:1 kassierte und zum ersten Mal in dieser Saison zu Hause in Rückstand geriet, mag manch pessimistischer Fan an die Zusammenbrüche der vergangenen Jahre gedacht haben. Doch diese Mannschaft spielt befreit von dem üblichen Druck, der so schwer auf diesem traditionsreichen Verein lastet. Das Gegentor ignorierten die Spieler nahezu. Zur Halbzeit führten sie mit 4:1 und gewannen am Ende mit 5:1.
Sowohl auf dem Feld als auch auf den Rängen sind sie in Liverpool fest davon überzeugt, dass der Titel ihnen dieses Mal nicht entgehen wird. Klopp hat zwar zuletzt betont, dass der jetzige Vorsprung nichts bedeute. „Wir denken nicht an den Vorsprung. Wir sind nicht die Jäger und nicht die Gejagten. Wir wollen einfach die beste Saison unseres Lebens spielen“, sagt der 51-Jährige. Gewinnt Liverpool am Donnerstag aber, wären sie bereits zehn Punkte vor City – und neun vor Tottenham. Damit hätten sie eine exzellente Ausgangsposition, um die lang ersehnte 19. Meisterschaft zu holen.
Dann würden die Liverpooler ihren deutschen Trainer nicht nur mit einem Graffiti ehren. Sie würden ihm wohl sogar ein Denkmal bauen.