American Football: Die Berlin Adler wollen wieder nach oben
Der mehrmalige Deutsche Meister Berlin Adler spielt nur noch drittklassig American Football. Doch jetzt soll es für den Klub wieder nach vorne gehen.
Seine ersten Erfahrungen im American Football hat Roman Motzkus in Spandau gemacht. Bei den Bulldogs. Motzkus hat den Verein 1988 mitgegründet. Danach ging er zu den Berlin Adlern, mit denen er dreimal als Spieler die deutsche Meisterschaft gewann. Die Adler waren das dominierende Team in Deutschland. Am Sonntag treten sie zum Spitzenspiel an. In der Regionalliga Nord/Ost, gegen die Spandau Bulldogs (16 Uhr, Poststadion). „Das ist ein bisschen surreal“, sagt Motzkus, der seit vergangenem Oktober Vizepräsident der Adler ist: „Wir spielen jetzt gegen Gegner, die früher sportlich nie in unserem Umfeld waren.“
Motzkus erlebte die größte Zeit der Adler mit, die zwischen 1987 und 1991 vier nationale Titel holten. Auch 2004 und 2009 wurden sie Deutscher Meister. Dazu kamen 2008, 2010 und 2014 Triumphe in europäischen Wettbewerben. „Die letzten Erfolge waren teuer erkauft“, sagt Motzkus. Die Schulden wuchsen immer weiter an, im sportlichen Bereich musste kräftig gespart werden. „Das Wasser stand dem Verein nicht bis zum Hals, sondern bis zur Lippe“, so der 49-Jährige. Eine Crowdfunding-Aktion 2015 zögerte den tiefen Fall etwas heraus. Doch in den beiden vergangenen Saisons stiegen die Adler jeweils ab, sind nun zum ersten Mal nur noch drittklassig. Im Jahr des 40. Vereinsgeburtstags.
Ein solcher Niedergang kann zwei Szenarien nach sich ziehen: Es geht stetig weiter bergab, bis zum ganz bitteren Ende. Oder es gelingt irgendwie die Wende. Bei den Adlern scheint das freundlichere Szenario einzutreten. „Natürlich tut der sportliche Absturz weh. Aber in Sachen finanzieller Sanierung war er für uns ein Glücksfall“, sagt Motzkus. Keine hohen Lizenzgebühren mehr für die German Football League (GFL), dazu beträchtliche Einsparungen bei den Auswärtsfahrten. Vier Gegner kommen aus Berlin, es stehen nur Reisen nach Cottbus und Neubrandenburg an.
Im Nachwuchs sind die Adler in Berlin immer noch vorn
Der Abstieg aus der Zweiten Liga zeichnete sich vergangene Saison früh ab, schon da begannen die Planungen für die Regionalliga. Nach mehreren Gesprächen sagte Motzkus – seit 2015 TV-Experte bei den NFL-Übertragungen von Sat.1 und ProSieben Maxx – zu, im Vorstand mitzuarbeiten. Präsident ist Stefan Mücke, ebenfalls eine Legende im Verein. Headcoach Daniel Kiffner war als Spieler mit den Adlern auch sehr erfolgreich. Er war vor der letzten Saison kurzfristig als Coach eingestiegen. Andere ehemalige Spieler und weitere Geldgeber sind nun als Sponsoren tätig. Ende des Jahres wollen die Adler schuldenfrei sein.
Über die Hälfte des Kaders ist nach dem erneuten Abstieg geblieben, dazu kamen Jugendspieler und einige für einen Drittligisten bemerkenswerte Verstärkungen. Beispielsweise Linebacker Kevin Kus und Wide Receiver Daniel Voehringer, beide mit Bundesligaerfahrung und Adler-Vergangenheit. Die Spieler schätzen die sehr guten Trainingsbedingungen im Stade Napoleon. Zudem hilft der Klub etwa bei Ausbildungsplätzen. Und dann hatten die Adler auch noch Glück: Der erfahrene Quarterback Zach Cavanaugh zog nach Berlin, weil seine Freundin hier lebt, und stellte sich beim Verein vor. Der machte den 30-Jährigen, der zuletzt bei den Ljubljana Silverhawks spielte und zuvor in der GFL, zum Hauptverantwortlichen für die Jugend. 300 der 400 Mitglieder gehören den starken Nachwuchsteams an, zumindest dieser Trumpf ist den Adlern noch geblieben.
Langfristig ist dann auch die Bundesliga wieder ein Ziel
In Berlin sind sie längst nur noch die Nummer zwei hinter den Rebels. Gleich um die Ecke sind inzwischen auch die Potsdam Royals vorbeigezogen. Am vergangenen Wochenende spielten die Adler gegen die zweite Mannschaft der Rebels – eine Konstellation, die bei langjährigen Fans für Wehmut sorgte. Ein wenig lassen sie beim Verein die alten Zeiten ganz bewusst weiterleben: beim Rahmenprogramm, das beim Football eine große Rolle spielt. Ein Stück Erste Liga in der Drittklassigkeit. Es gibt weiterhin ein großes Verpflegungsangebot, dazu einen VIP-Raum, am Sonntag gegen die Spandau Bulldogs spielt eine Live-Band und in der Halbzeit sind die Getränke kostenlos. Bisher waren im Schnitt um die 700 Zuschauer da.
Beide Teams sind aktuell noch ungeschlagen. „Das wird der erste Gradmesser für uns“, sagt Motzkus vor der Begegnung mit seinen eigenen Football-Wurzeln. Für die Adler soll es nur ein weiterer kleiner Schritt auf dem langen Weg zurück nach oben sein. „Wir wollen aufsteigen“, sagt Motzkus. Zunächst in die GFL2. Langfristig ist dann auch die Bundesliga wieder ein Ziel. Aber das ist noch sehr weit weg.