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Das läuft. Leon Goretzka (l-r), Joshua Kimmich, Marco Reus, Torschütze Ilkay Gündogan, Serge Gnabry und Leroy Sane jubeln nach dem Tor zum 4:0.
© Arne Dedert/dpa

Schützenfest zum Saisonende: Deutschland feiert lockeren Sieg mit vielen Toren

Deutschlands Fußball-Nationalmannschaft verabschiedet sich mit einem klaren Erfolg in die Spielpause und gewinnt auch das dritte EM-Qualifikationspiel.

Niklas Süle machte einen tiefenentspannten Eindruck. Normalerweise gehen Fußball-Profis unmittelbar vor dem Anpfiff ja noch einmal in sich und versetzen sich gedanklich in eine Parallelwelt, die gemeinhin auch als Tunnel bekannt ist. Süle dagegen flachste am Dienstagabend in den Katakomben der Arena von Mainz ausführlich mit jenen Einlaufkindern, die seine Teamkollegen wenig später aufs Feld führen sollten.

Die Szene stand sinnbildlich für die Herangehensweise der deutschen Nationalmannschaft vor ihrem letzten Pflichtspiel der Saison 2018/19: Mit einer halbwegs soliden Leistung, so viel war vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen Estland und bei allem Respekt vor dem Gegner klar, würde schon nicht viel anbrennen können an diesem lauwarmen Sommerabend. Nach 90 unterhaltsamen, wenn auch höchst einseitigen Minuten kam es dann genau so: Die Mannschaft von Teilzeit-Bundestrainer Marcus Sorg, der den wegen einer Arterien-Quetschung fehlenden Platzhalter Jogi Löw zum zweiten und vorerst letzten Mal an der Seitenlinie vertrat, durfte vor 26.050 Besuchern im ausverkauften Mainzer Stadion einen lockeren, nie gefährdeten 8:0 (5:0)-Sieg bejubeln. Durch den dritten Erfolg im dritten Qualifikationsspiel verabschiedeten sich Deutschlands Auswahl-Fußballer mit der Maximalausbeute von neun Punkten in die Strandsaison.

Drei Tage nach dem Pflichtsieg über Weißrussland (2:0) modifizierte Sorg seine Startformation gegen deutlich stärker eingeschätzte Esten lediglich auf zwei Positionen: Thilo Kehrer und Leon Goretzka rückten für Jonathan Tah und Lukas Klostermann in die erste Elf. Die beiden jungen Innenverteidiger stoßen in den nächsten Tagen zum Kader von U-21-Nationaltrainer Stefan Kuntz, der sich im Moment auf die anstehende Europameisterschaft (16. bis 31. Juni) in Italien und San Marino vorbereitet. Auf der Linksverteidiger-Position durfte - wie schon am Samstag - Nico Schulz beginnen.

Womöglich hätte Sorg auch zwei Innenverteidiger aus der Uwe-Seeler-Gedächtnismannschaft aufstellen können – gegen derart harmlose Esten wäre auch in diesem konkreten Fall nichts passiert. Die Deutschen überrannten den Gegner bereits in der Anfangsviertelstunde: Nach einer feinen Kombination über Gündogan und Kehrer finalisierte Marco Reus die Hereingabe seines Kollegen zur frühen 1:0-Führung. Keine zehn Minuten später war Gündogan erneut Ausgangspunkt für ein Tor: er lupfte den Ball über die estnische Abwehr hinweg auf seinen Vereinskameraden bei Manchester City, auf Leroy Sané also, der ganz uneigennützig noch einmal auf Serge Gnabry querlegte – und schon stand es 2:0. Wiederum wenig später führte eine Kombination zweier Bayern-Profis zum 3:0: Joshua Kimmich flankte in den Strafraum, wo Leon Goretzka per Kopf traf. Goretzka bereitete indirekt auch das 4:0 vor: nach einem Foul am Mittelfeldspieler im Strafraum waltete Gündogan seines Amtes und verwandelte den fälligen Strafstoß souverän ins linke untere Eck.

Es ging auch in der zweiten Halbzeit munter weiter

Das Scheibenschießen war damit allerdings noch längst nicht beendet: Fünf Minuten vor der Pause stellte Marco Reus mit einem wunderbar getretenen Freistoß aus 20 Metern Torentfernung auf 5:0. Wie dominant die Deutschen in Halbzeit eins aufgetreten waren, verdeutlichten zwei Zahlen: Zur Pause wies die Statistik mehr als 80 Prozent Ballbesitz für den haushohen Favoriten aus – und Manuel Neuer musste erst in der Nachspielzeit eingreifen; es war der erste Schuss der Esten auf das Tor des Nationalkeepers.

Nach dem Seitenwechsel ließen es die Deutschen ein wenig entspannter angehen, ohne das Toreschießen zu vergessen: Gnabry erhöhte auf Vorarbeit des eingewechselten Lukas Halstenberg auf 6:0 – und Leroy Sané wurde ein formvollendeter Treffer aberkannt, weil er beim Abspiel hauchzart im Abseits gestanden hatte. Der Schlusspunkt war schließlich dem eingewechselten Timo Werner vorbehalten, der auf Vorlage des ebenfalls eingewechselten Julian Draxler zum 7:0 traf. Sané schoss dann noch das 8:0. Das war eine Genugtuung für ihn, denn zuvor hatte er zwei Abseitstore erzielt.

Einen positiven Aspekt hatte die hohe Niederlage sogar für die Gäste – oder zumindest für ihren Nationaltrainer. Martin Reim hatte vor der Partie gegen Deutschland angekündigt, sich im Falle eines überraschenden Punktgewinns von seinem Bart trennen zu wollen. Den Rasierer kann er also vorerst im Schrank lassen. (Tsp)

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