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Stark verteidigt. Boateng blockt Lewandowski, der bleibt hängen.
© AFP

Deutschland - Polen 0:0: Der Weltmeister bleibt seltsam unvollendet

Erstes torloses Spiel bei dieser EM. Im Endeffekt tut das weder den Deutschen, noch den Polen weh. Aber wirklich prickelnd war das Spiel nicht.

Joachim Löw wandte sich irgendwann kurz vor Schluss ab vom Geschehen und klatschte, die Hände dicht vor seinem Gesicht, leicht vor sich hin. Es war kein Applaus, es war mehr ein Flehen, denn gerade hatte sich Benedikt Höwedes den Ball zu weit vorgelegt im polnischen Strafraum. Vielleicht wäre ja da das erlösende Tor gefallen, das einzige des Abends, das für Deutschland den Sieg und das vorzeitige Erreichen des Achtelfinals bei dieser Fußball-EM bedeutet hätte. So aber trennten sich Deutschland und Polen im Stade de France im Paris Vorort Saint-Denis 0:0.

Damit liegen beide Mannschaften mit vier Punkten nach zwei Vorrundenspielen ihrer Gruppe und je einem Auftaktsieg gleichauf, der letzte Spieltag am kommenden Dienstag wird über die Endplatzierung entscheiden. Während Polen auf die Ukraine trifft, spielt die deutsche Mannschaft gegen Nordirland, erneut in Paris, dann aber im Prinzenpark.

Verloren ist also nichts, doch gewonnen ist eben auch noch nichts. Zufrieden kann der Bundestrainer eigentlich nicht sein. Zu pomadig spielte seine Mannschaft über weite Strecken des Spiels, dass am Ende Jerome Boateng, ein Abwehrspieler, zum Spieler des Spiels gewählt wurde, sagt einiges.  

Joachim Löw hatte gestern etwas getan, was er für gewöhnlich nicht tut nach einem erfolgreichen Turnierauftaktspiel. Dieses Mal aber nahm der 56-Jährige eine Veränderung in seiner Startelf vor. Für Shkodran Mustafi, der vor vier Tagen noch die Führung beim 2:0 gegen die Ukraine erzielt hatte, rückte Mats Hummels in die deutsche Innenverteidigung. Und das nur 26 Tage nach einem Muskelfaserriss in der Wade, erlitten im deutschen Pokalfinale.

In der ersten Halbzeit sah man dem Bald-Bayern allerdings einige Male an, dass ihm der Spielrhythmus fehlt und er sein Spiel noch nachjustieren muss. Es bedurfte einige Zeit, ehe der 27-Jährige wieder annähernd zu seinem gewohnt sicheren Spiel fand, gerade Robert Lewandowski konnte ihn zweimal das Nachsehen geben, was allerdings keine Folgen hatte.

Mats Hummels stand nach seiner Verletzung erstmals wieder in der Startelf

Überhaupt erwischten die deutsche Nationalelf den flotteren Start, rasch hatte sie zwei, drei mittelschwere Torchancen, die aber allesamt ihr Ziel verfehlten. Das wiederum schien die Polen zu stimulieren. Nach zwanzig Minuten legten die den Respekt vor dem Weltmeister ab und kamen selbst zweimal halbwegs gefährlich vor das Tor von Kapitän Manuel Neuer. Danach schließlich schlief die Partie etwas ein und passte sich leider dem mittelprächtigen Niveau an, das bisher bei dieser EM geboten wird.

Zwar war die deutsche Mannschaft um Regisseur Toni Kroos die dominantere Mannschaft mehr Spiel- und Feldanteilen, doch ihrem Tun fehlte die Produktivität. Oft war ihr Angriffsspiel zu statisch gegen die kompakte polnische Defensive. Bei der besten Chancen des ersten Abschnitts hatte Mario Götze dann auch noch Pech, als er kurz vor dem Halbzeitpfiff mit seinem Linksschuss von der Strafraumgrenze nur den Pfosten traf.

Wenn schon vorn kein Tor fiel, so verstand es die Mannschaft von Löw wenigstens, dem Gegner Kontermöglichkeiten zu unterbinden. Denn das ist das Spiel, welches die Polen mit ihren beiden Spitzen Lewandowski und Arkadiusz Milik beherrschen wie derzeit vielleicht kein zweites Team. Und so blieben auch die Polen im ersten Abschnitt ohne echte Torchance.

Das aber änderte sich gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit, als Sekunden nach Wiederanpfiff der aufgerückte Milik einen Meter vor dem deutschen Tor sich bei einer Hereingabe etwas verschätzte. Neuer wäre machtlos gewesen. Wenig später konnte Jerome Boateng, der Beste im weißen Trikot mit dem Adler auf der Brust, im letzten Moment noch den einschussbereiten Lewandowski blocken.

Und so entwickelte sich doch noch ein etwas abwechslungsreicheres Hin- und Her, mit mehr Power und mehr Risiko. Nach einer Stunde fielen die Deutschen wieder zu sehr in ihr bedächtiges Positionsspiel in der Offensive zurück. Da fehlte es oft an Witz und Tempo, und so brachte Löw André Schürrle für den letztlich wirkungslosen Götze. Und Schürrle bediente gleich einmal Mesut Özil, der mit seinem Schuss Lukasz Fabianski im polnischen Tor zu einer Glanztat zwang.

Löw wollte das Spiel unbedingt gewinnen, und so kam in Mario Gomez (für Julian Draxler) ein klassischer Mittelstürmer. Das Spiel wurde nun wieder offener, aber auch wilder. Letztlich blieb das Offensivspiel des Weltmeisters seltsam unvollendet. Den Deutschen fehlte es an Stringenz im Vorwärtsgang, die Polen beschränkten sich zu sehr aufs Kontern. Sie werden mit dem torlosen Unentschieden zufriedener sein als die Deutschen.

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