Deutschland besiegt Ukraine 2:0 zum EM-Auftakt: Schweinsteiger: "Es ist unglaublich, dass es so etwas gibt"
Die deutsche Mannschaft kommt zum EM-Auftakt zu einem 2:0 gegen die Ukraine. Shkodran Mustafi und der eingewechselte Bastian Schweinsteiger treffen.
Mitte der zweiten Hälfte erhielt Shkodran Mustafi Szenenapplaus. Souverän gewann der Innenverteidiger einen Zweikampf im eigenen Strafraum und leitete den Ball dann sofort wieder nach vorne. Es war eine der wenigen schwungvollen Aktionen in der zweiten Hälfte, der Jubel war also verständlich. Allerdings hatten sich die deutschen Fans unter den 43.035 Zuschauern im Stadion von Lille am Sonntag schon auf Mustafi eingegroovt. Denn zunächst hatten sie nur sein Tor in der ersten Hälfte feiern können.
Dank Mustafis Treffer und eines Tores in der Nachspielzeit des spät eingewechselten Bastian Schweinsteiger gewann die deutsche Nationalmannschaft ihr Auftaktspiel bei dieser Europameisterschaft gegen die Ukraine mit 2:0 (1:0) (zum Liveblog). Wirklich überzeugen konnte sie dabei allerdings nicht. „Es ist unglaublich, dass es so etwas gibt. Ich habe gerade einmal 300 Spielminuten in den Knochen, dann passiert so etwas“, sagte Schweinsteiger.
Viel war vor der Partie über die Aufstellung und das System spekuliert worden, mit der Joachim Löw in die EM startet würde – besonders angesichts der Ausfälle in den vergangenen Wochen. Der Bundestrainer entschied sich für eine Formation, die jener vom 2:0-Testspielsieg gegen Ungarn vor gut einer Woche sehr nahe kam. Die einzige Veränderung in der Startelf war eben Mustafi. Der 24-Jährige ersetzte in der Innenverteidigung den verletzten Antonio Rüdiger. Ansonsten spielte Mario Götze im 4-2-3-1 erneut als falsche Neun in der Spitze – und Manuel Neuer vertrat den noch nicht komplett fitten Bastian Schweinsteiger.
Bundestrainer Löw hatte genau den richtigen Spieler gebracht
In den vergangenen zwei Jahren hatte der Weltmeister nur höchst selten überzeugt. Spieler und Verantwortliche beschwichtigten stets, sobald es dann wieder um etwas gehe, werden wir spielen wie in Brasilien. Und als am Sonntagabend für die Deutschen nun das nächste große Turnier begann, zeigten sie dies zunächst auch. Von Beginn an bestimmte Löws Mannschaft die Partie. Nach einem Dribbling von Mario Götze schoss Julian Draxler zum ersten Mal den Ball auf das gegnerische Tor, allerdings knapp daneben.
Die Ukrainer agierten defensiv, suchten jedoch auch die eigenen Möglichkeiten. Direkt nach Draxlers Chance profitierte Jewgen Konoplyanka von einem Ballverlust Mustafis und platzierte einen harten Schuss auf Neuers Tor, und der 30-Jährige rettete sogleich mit einer Parade.
Von da an dominierten die Deutschen die Partie klar. Mit vielen kurzen Pässen spielten sie sich nach vorne, oft versuchten sie auch die Außenverteidiger Benedikt Höwedes und Jonas Hector einzubeziehen. So traf Hector nach einer gelungenen Kombination den Ball im Strafraum nicht richtig. Kroos organisierte vortrefflich – und bereitete wenig später die 1:0-Führung vor.
Einen Freistoß aus halbrechter Position brachte der Champions-League-Sieger von Real Madrid hart und platziert in den Strafraum. Dort rauschte Mustafi herein und wuchtete den Ball per Kopf ins Tor. Löw hatte also genau den richtigen Spieler gebracht – und die Deutschen etwas vollbracht, was sie seit der Weltmeisterschaft in Brasilien nicht mehr geschafft hatten. Sie hatten einen Treffer nach einem Freistoß erzielt. Zuletzt war dies 2014 im WM-Viertelfinale beim 1:0 gegen Frankreich gelungen.
Nach der Pause taten die Deutschen nicht mehr als nötig
Große Sicherheit zog die deutsche Nationalmannschaft aus dieser Führung allerdings nicht. Stattdessen kamen die Ukrainer wieder zu einer großen Chance. Nach einer Ecke lenkte Neuer mit einem einarmigen Reflex einen Kopfball von Jewgen Khacheridi gerade noch über die Latte. Kurz danach hätten die Deutschen jedoch ihre Führung erhöhen müssen. Kroos spielte einen famosen langen Ball vom Mittelkreis in den Lauf von Sami Khedira. Allein lief der 29-Jährige auf das ukrainische Tor zu. Keeper Andrey Pyatow wehrte seinen Schuss aber ab.
Fortan wurden die Ukrainer immer mutiger, besonders über ihre schnellen Außen. So zwangen sie Jerome Boateng zu einer Abwehraktion, die ebenfalls weltmeisterwürdig war. Nach einem Pass von Konoplyanka hatte Sosulja Neuer bereits überwunden. Der Ball sprang Boateng an die Brust – und dann zeigte der Innenverteidiger höchste Körperbeherrschung. Mit einer artistischen Drehung klärte er den Ball noch ganz knapp vor der Linie.
Gegen Ende der ersten Hälfte schien es, als würden die Deutschen die Halbzeit herbeisehnen. Die Ukrainer kamen weiter auf, ihnen gelang sogar ein Tor, das aber zurecht nicht zählte, weil es aus Abseitsposition fiel. Und dann war endlich Pause.
Danach war von dem Schwung der Ukrainer nichts mehr zu sehen. Auch die Deutschen taten nicht mehr als nötig. Gegen sich nun immer weiter zurückziehende Gegner kontrollierten sie den Ball und versuchten es vor allem mit Weitschüssen. Doch wirklich gefährlich waren die Abschlüsse von Julian Draxler, Kroos, Khedira und Thomas Müller nicht. Die Deutschen kombinierten konzentriert und sicher. Und nach Schweinsteigers Kontertor gab es sogar noch mehr Applaus.
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