Fünf Tore in zwei Spielen: Der unverzichtbare Lewandowski
Philippe Coutinho kommt in der zweiten Halbzeit zu seinem Debüt. Der entscheidende Münchner beim 3:0 gegen Schalke ist jedoch mal wieder der Stürmer.
Philippe Coutinho konnte sich kaum retten. Der Brasilianer, seit kurzem in Diensten des FC Bayern München, wurde vor dem Gastspiel seines neuen Arbeitgebers bei Schalke 04 regelrecht von der Fotografen-Horde belagert, die am Samstag in die Arena von Gelsenkirchen gekommen war.
Natürlich wollte jeder den schönsten, besten, skurrilsten Schnappschuss von jenem Mann haben, den der Rekordmeister für schlappe 8,5 Millionen Euro bis zum Saisonende vom FC Barcelona ausgeliehen hat. Die Sache war nur: Action-Fotos von Coutinho gab es am zweiten Bundesliga-Spieltag lange Zeit nicht. Coutinho saß fast eine Stunde lang auf der Ersatzbank, ehe Serge Gnabry Platz für ihn machte und vom Feld ging.
Immerhin wurde Coutinho Zeuge eines souveränen Auftritts seiner neuen Kollegen. Eine Woche nach dem 2:2 gegen Hertha BSC zum Auftakt der 57. Bundesliga-Saison durfte sich die Mannschaft von Trainer Niko Kovac über den ersten Sieg der Spielzeit 2019/20 freuen. Mit 3:0 (1:0) setzten sich die Münchner vor 62.217 Zuschauern bei Schalke 04 durch und verhinderten damit einen Fehlstart.
Im Anschluss an den souveränen Erfolg ging es allerdings nur bedingt um Philippe Coutinho - weil ihm ein anderer, arrivierter Starspieler der Bayern die Show gestohlen hatte: Robert Lewandowski.
In seinem 292. Bundesliga-Spiel erzielte der Pole seine Tore 205 bis 207 und führte seine Farben damit fast im Alleingang zum Sieg. Mit einer Quote von 0,7 Treffern pro Begegnung ist Lewandowski der einzige Spieler in 56 Jahren Bundesliga-Geschichte, der auch nur annähernd an den unvergleichlichen Gerd Müller herankommt. Müllers Quote liegt bei 0,85 Toren pro Spiel.
„Er ist eine Legende“, sagt Coutinho
Dieses Zahlenwerk nötigte auch Neuzugang Coutinho allerhöchsten Respekt ab. „Das ist einfach aufregend“, sagte der Brasilianer über Lewandowski, „er ist eine Legende“. Und diese Legende wird den Bayern wohl noch einige Zeit erhalten bleiben. In Kürze soll der bis 2021 gültige Vertrag vorzeitig um weitere zwei Jahre verlängert werden. Dies sei „zu 95 Prozent klar“, bestätigte Lewandowski nach dem Spiel bei „Sky“.
„In jeder Saison kann ich alleine etwas Besonderes machen, aber ich versuche, der Mannschaft zu helfen“, ergänzte Lewandowski nach seinem glanzvollen Auftritt. Schon beim 2:2 zum Saisonauftakt gegen Hertha BSC hatte er doppelt getroffen. In der noch jungen Bundesliga-Saison hat der Angreifer damit alle fünf Tore des Rekordmeisters erzielt. „Fünf Tore in zwei Spielen – die Messlatte hat er schonmal sehr hoch gelegt“, sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic.
Auf den Spuren von Manfred Burgsmüller
Aller Voraussicht nach wird Lewandowski wohl noch in dieser Saison an Manfred Burgsmüller (213 Tore) und seinem ehemaligen Trainer Jupp Heynckes (220) in der ewigen Torjägerliste vorbeiziehen. Darüber hinaus ist er bereits nach zwei Spieltagen auf einem guten Weg zur dritten Torjägerkanone in Folge; es wäre zugleich Lewandowskis fünfte insgesamt. Gerd Müller steht bei: sieben.
„Robert Lewandowski war natürlich sensationell gut. Seine Effizienz und seine Kaltschnäuzigkeit sind einzigartig“, sagte Trainer Niko Kovac. Bei Sportdirektor Salihamidzic klang das ähnlich: „Lewa ist Wahnsinn. Er ist ein Stürmer, den man sich nur wünschen kann. Ein Wort: unverzichtbar.“
An diesen Stellenwert erinnerte Lewandowski mit seinem Auftritt, nachdem tagelang eigentlich nur über Coutinho gesprochen und geschrieben wurde. Der 27 Jahre alte Brasilianer soll ein Mosaikstein auf dem Weg zum ersehnten Champions-League-Titel sein. „Unser Kader ist optimal“, sagte Lewandowski nach den Ausleihen Coutinhos vom FC Barcelona und Ivan Perisics von Inter Mailand in der vergangenen Woche. Zudem kam noch Mickaël Cuisance aus Gladbach.
„Es sieht wirklich sehr gut aus. Wir konnten heute in der zweiten Halbzeit zwei Wechsel machen und dann kam frisches Blut rein, das hat mich sehr gefreut“, befand Lewandowski. Immer wieder hatten er und andere Führungsspieler in den vergangenen Wochen Verstärkungen gefordert. Nun dürfte es auch im Hinblick auf Lewandowskis vorzeitige Vertragsverlängerung schnell gehen.
Schon in den vergangenen Monaten hat Lewandowski – angesichts des sich abzeichnenden letzten Karriereabschnitts bei den Bayern – eine bemerkenswerte Wandlung durchgemacht. In der Vergangenheit galt er auch im Nationalteam als Einzelgänger, der von Beraterseite forciert auf einen Vertrag bei Real Madrid fokussiert schien.
Im Bewusstsein, den wichtigsten Pokal des Vereinsfußballs wohl nur noch mit den Bayern holen zu können, wandte sich Lewandowski in München dem Team zu und übernahm als Vize-Kapitän von Manuel Neuer auch mehr Verantwortung. Am Samstag gab der Hochgelobte entsprechende Worte zu Protokoll. „Alleine kann man ein Spiel gewinnen“, sagte Lewandowski, „aber mit der Mannschaft gewinnst du Titel.“ (Tsp)