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Da ist das Ding: Der HSV bejubelt das späte Tor von Gian-Luca Waldschmidt.
© Christian Charisius/dpa
Update

2:1 gegen den VfL Wolfsburg: Der Hamburger SV bleibt unabsteigbar

Der HSV rettet sich mal wieder in allerletzter Sekunde. Der eingewechselte Luca Waldschmidt trifft kurz vor Schluss zum 2:1. Nun muss Wolfsburg in die Relegation.

An einem Tag, an dem bei den Hamburgern ziemlich viel schief gelaufen war, kam es auf eine Panne mehr oder weniger auch nicht mehr an. „Bitte, bleibt auf euren Plätzen!“, mahnte der Stadionsprecher im Hamburger Volkspark. „Platzsturm hat keinen Sinn.“ Er hatte den Satz kaum ausgesprochen, da strömten die Massen aus der Nordkurve und fluteten den Rasen. "Immer Erste Liga, HSV“, sangen sie. Und: „Oh, wie ist das schön.“ Der Platzsturm war ohne Zweifel ein positiv besetzter. Durch ein spätes Tor des eingewechselten Luca Waldschmidt hatte der Hamburger SV das Play-off-Spiel zur Relegation gegen den VfL Wolfsburg mit 2:1 (1:1) für sich entschieden.

Während sich der HSV durch den Sieg auf Platz 14 rettete, müssen die Wolfsburger in die Relegation, mutmaßlich gegen ihren niedersächsischen Rivalen Eintracht Braunschweig. „Ich bin echt ein bisschen sprachlos“, sagte Stürmer Mario Gomez. Die Gäste schienen die Sache eigentlich über die Ziellinie retten zu können, aber „wenn du nur reagierst im Fußball, machst du irgendwas falsch“, erklärte Gomez.

Was für ein Schrei, was für eine Wucht! Ein einziges „Jaaaaa!“ aus 50 000 Hamburger Kehlen im ausverkauften Volksparkstadion, als es in der 88. Minute passierte. Filip Kostic hatte eine Flanke von seltener Präzision in den Wolfsburger Strafraum geschlagen, Waldschmidt, zwei Minuten zuvor eingewechselt, erwischte den Ball mit dem Kopf und sicherte dem HSV einen Sieg mit Folgen. „Hamburg war nicht wirklich ein Gegner, der dir das Gefühl gegeben hat: Da kommt noch was“, sagte Gomez. Der Nationalstürmer hatte nach dem 1:2 noch eine glänzende Möglichkeit zum Ausgleich, scheiterte jedoch in der vierminütigen Nachspielzeit am überragenden Hamburger Torhüter Christian Mathenia. „Mathenia war voll da in den schwierigen Momenten“, sagte Trainer Markus Gisdol.

Der Torhüter und der Siegtorschütze waren in letzter Konsequenz die Garanten eines fast unmöglichen Klassenerhalts. „Wir haben keinen Grund zu triumphieren“, sagte Hamburgs Sportdirektor Jens Todt, „aber wir haben einen Grund, glücklich zu sein.“ Nach zehn Spieltagen hatten die Hamburger ganze zwei Punkte. „Wir waren tot, wir waren erledigt“, erinnerte sich Trainer Gisdol, der die Mannschaft im September übernommen hat. In der Pressekonferenz schien er mit den Tränen zu kämpfen. „Es ist unglaublich emotional“, sagte er. „Ich bin irgendwie froh, aber leer. Aber schlafen will ich heute auch nicht.“

Der HSV zeigte nicht den Hauch von Spielkultur

Als sich die Mannschaft weit nach dem Abpfiff noch einmal aus den Katakomben wagte, war der Rasen noch voller Fans. Es hatte was von einer Meisterfeier, nur ohne Schale. Am Bahnhof Stellingen, wo die S-Bahnen aus der Stadt ankommen, waren am Mittag Spieltagsschals verkauft worden, wie bei einem richtigen Finale. Ein bisschen war es das auch. Der Abstiegskampf ist die Meisterschaft des kleinen Mannes, die Begegnung zwischen dem HSV und dem VfL war gewissermaßen das Endspiel. Ein Duell, das vor allem von der Spannung lebte, nicht vor der spielerischen Qualität.

Die Bälle flogen hoch, sie flogen weit, und sie flogen selten so, wie es eigentlich gedacht war. Beiden Mannschaften war die Nervosität anzumerken, den Hamburgern noch ein bisschen mehr als den Wolfsburgern, die deutlich schneller ins Spiel fanden. Das 1:0 durch einen Kopfball von Innenverteidiger Robin Knoche nach etwas mehr als 20 Minuten fand Wolfsburgs Trainer Andries Jonker „verdient und logisch“. Seine Mannschaft hatte sich zu diesem Zeitpunkt 5:0-Ecken erarbeitet; die Hamburger fanden kaum einmal den Weg in die Wolfsburger Hälfte, geschweige denn in den Strafraum. Nicht der Hauch von Spielkultur war bei ihnen zu erkennen.

Als die Sitzplatzfans erstmals mit Pfiffen reagierten, halfen die Wolfsburger dem HSV wieder in die Spur. Philipp Wollscheid verlor unter Bedrängnis im Mittelfeld den Ball, Bobby Wood passte in die Mitte, Nicolai Müller ließ den Ball passieren, und Filip Kostic schloss mit dem ersten Torschuss der Hamburger überhaupt zum 1:1 ab. Acht Spiele lang war der Serbe an keinem Tor mehr beteiligt gewesen.

Es war nicht das erste und nicht das letzte Mal, dass sich die Hamburger durch das Gespür für den richtigen Moment auszeichneten. Darin haben sie es zuletzt zu einer gewissen Meisterschaft gebracht. Vor einer Woche erzielte der eingewechselte Pierre-Michel Lasogga den 1:1-Endstand gegen Schalke – es war sein erstes Saisontor. Und am Samstag, nach langem Warten, wiederholte sich die Geschichte, nur in anderer Besetzung. Weil Lasogga verletzt fehlte, wechselte Gisdol diesmal eben Luca Waldschmidt ein, der mit seiner ersten Ballberührung zum 2:1 traf. Es war, natürlich, sein erstes Saisontor.

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