Suat Serdar und seine Perspektive bei Hertha BSC: Der Beginn einer wunderbaren Romanze?
Neuzugang Suat Serdar hat bei Hertha BSC in der Vorbereitung einen starken Eindruck hinterlassen – im Spiel aber muss noch mehr von ihm kommen.
Das mit Suat Serdar und Hertha BSC hat wie eine kitschige Romanze begonnen. Pal Dardai, der Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten, hat das vor kurzem erzählt. Er war im Urlaub am Plattensee, als sich Herthas neuer Sportchef Fredi Bobic telefonisch bei ihm meldete. Die Stimmung war gelöst, die Sonne ging gerade unter, und womöglich hatte Dardai auch schon ein Glas Weißwein in der Hand.
Der Zustand der Verliebtheit hält immer noch an. Bei Hertha sind sie sehr zufrieden mit der ersten Neuverpflichtung für die laufende Saison. Acht Millionen Euro haben die Berliner für den 24-Jährigen an Bundesligaabsteiger Schalke 04 gezahlt. „Wir sind Gott sei Dank sehr schnell gewesen“, sagt Fredi Bobic.
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Oder viel zu langsam. Denn anderthalb Jahre zuvor hätte Schalke bei einem Angebot in dieser Höhe vermutlich nicht einmal müde gelächelt. Mehr als das Fünffache, 45 Millionen Euro nämlich, soll West Ham United im Januar 2020 für den Mittelfeldspieler geboten haben, der damals schon die ersten drei seiner inzwischen vier Länderspiele hinter sich hatte. Danach ist einiges schief gegangen. Für Schalke, aber auch für Suat Serdar. Als die Mannschaft ungebremst Richtung Zweiter Liga stürzte, hat auch Serdar das nicht verhindern können.
„Er hat eine sehr schwierige Phase auf Schalke gehabt“, sagt Bobic. Vielleicht hat das andere potenzielle Interessenten abgeschreckt. Herthas neuer Sportgeschäftsführer hingegen hat versucht, Serdar unabhängig von den schwierigen Umständen zu bewerten. Das ist, wenn man sich Bobics bisherige Arbeit anschaut, nicht ungewöhnlich. Auch Filip Kostic hat einst beim Hamburger SV nicht überzeugt, und trotzdem hat Bobic den Serben zu Eintracht Frankfurt geholt, wo er zu einem der auffälligsten Spieler der Bundesliga wurde.
Zuletzt war er kein Thema bei Hansi Flick
Bei Hertha hoffen sie, dass es mit Suat Serdar ähnlich läuft. Die Anlagen sind ohne Zweifel vorhanden. „Er hat die Qualität, für die deutsche Nationalmannschaft zu spielen“, sagt Trainer Dardai. In der Vorbereitung und in den Testspielen hat Serdar das alles schon angedeutet. Der junge Mann, der in Bingen geboren ist und nach Stationen bei Mainz 05 und eben Schalke 04 bei Hertha gelandet ist, war so etwas wie die Entdeckung des Sommers.
„Man kann sich auch mit vielen Trainern aus seiner Vergangenheit unterhalten. Die loben ihn alle“, berichtet Bobic. Auch Hansi Flick sehe Serdar sehr positiv. Ihn in seinen Kader zu berufen, war für den neuen Bundestrainer zuletzt trotzdem keine Option. Und auch bei Herthas Verantwortlichen lässt sich zumindest zwischen den Zeilen ein Aber heraushören. „Alle warten natürlich darauf, wann er die Stabilität bekommt, die er braucht für sein Spiel“, sagt Bobic.
Training und Testspiele sind das eine, entscheidend aber ist die Performance im Ernstfall, und da schien es Serdar in den ersten Wochen der Saison ein wenig an der mentalen Widerstandsfähigkeit zu mangeln. Bei den drei Niederlagen, mit denen Hertha in die Spielzeit gestartet ist, stach auch Serdar nicht aus der Mannschaft heraus.
Herthas Mittelfeld hat Perspektive
Dass es jetzt wieder besser läuft und Hertha mit zwei Siegen hintereinander zum Auswärtsspiel beim Vizemeister Rasenballsport Leipzig (15.30 Uhr, live bei Sky) reist, das liegt nicht zuletzt an Serdar. Gegen den VfL Bochum trug er mit zwei Toren wesentlich zum ersten Saisonsieg der Berliner bei. Vor dem 1:0 suchte er mit viel Anlauf aus dem Mittelfeld die Tiefe. „Das macht er in jedem Training zwei, drei Mal“, sagt Trainer Dardai. „Aber im Spiel hat das noch ein bisschen gefehlt.“
Und trotzdem: Grundsätzlich sieht sich Hertha gerade im zentralen Mittelfeld auch mittel- bis langfristig gut aufgestellt: mit dem Franzosen Lucas Tousart, 24, mit Serdar, 24, und Jurgen Ekkelenkamp, 21, der vor einer Woche bei seinem Bundesligadebüt gleich ein Tor zum 2:1-Sieg gegen Fürth beigesteuert hat. Diese Besetzung hat Perspektive und eröffnet Pal Dardai einige taktische Möglichkeiten: von den zuletzt praktizierten 5-3-2- und 5-2-2-1-Modellen bis hin zu einem 4-4-2 mit Raute.
„Es liegt ihm, wenn es in die Tiefe geht und er torgefährlich werden kann. Das ist seine Stärke", sagt Dardai über Suat Serdar. „Aber er kann noch mehr.“ Bei Hertha kriege er die Plattform, um sich weiter zu entwickeln, ergänzt Fredi Bobic. „Er muss das in den Spielen noch mehr rüberbringen und noch stabilisieren. Dann ist sein Weg eigentlich sehr goldig“, sagt Herthas Geschäftsführer. „Wenn er das nicht schafft, dann wird’s schwierig.“