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Der hochfliegende Holländer. Jurgen Ekkelenkamp trug entscheidend dazu bei, dass Hertha das Spiel gegen Greuther Fürth noch drehen konnte.
© imago images/Jan Huebner

Ein Zocker für den Strafraum: Jurgen Ekkelenkamp entzückt Hertha BSC

Erstes Spiel in der Bundesliga, erstes Tor: Jürgen Ekkelenkamp erlebt beim 2:1-Sieg gegen Greuther Fürth ein traumhaftes Debüt für Hertha BSC.

Pal Dardai war schon den ganzen Abend über leicht gereizt gewesen. Kurz vor dem Schlusspfiff brach es dann endgültig aus ihm heraus. Schiedsrichter Tobias Stieler musste sich ein paar – vermutlich nicht besonders freundliche Worte – von Dardai anhören. Was ihn so erzürnt und was er gesagt hatte, das wollte der Trainer von Hertha BSC später nicht erzählen. Er reichte zumindest für eine Gelbe Karte.

Selbst danach konnte sich Dardai nicht beruhigen. Allein dem beherzten Zugriff von Sportdirektor Arne Friedrich war es zu verdanken, dass die Situation nicht weiter eskalierte.

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Doch auch an diesem Abend des Missvergnügens hatte es für Pal Dardai einen kleinen, aber feinen Moment des Glücks gegeben. Um kurz nach zehn, zu einer Zeit also, zu der er normalerweise längst im Bett liegt und schläft, vergaß Herthas Trainer allen Unmut. Er lächelte – weil er gar nicht anders konnte.

Es war der Moment, als noch alle davon ausgingen, dass Jurgen Ekkelenkamp in seinem ersten Spiel in der Fußball-Bundesliga gerade sein zweites Tor für Hertha BSC erzielt hatte. Ekkelenkamp selbst sagte noch im Fernsehinterview nach dem 2:1-Sieg der Berliner gegen den Aufsteiger Greuter Fürth: „Ich weiß nicht, ob das zweite auch von mir war.“

Nein, war es nicht. Eine direkte Beteiligung ließ sich durch die TV-Bilder nicht belegen. Ekkelenkamp hatte den Ball nach der scharfen Hereingabe von Marco Richter offenbar nicht berührt. Aber mit seiner beherzten Grätsche am Fünfmeterraum hatte er das Eigentor des Fürther Verteidigers Maximilian Bauer zumindest erzwungen. Das passte recht gut zu Herthas Spiel im Ganzen. Und es passte recht gut zur Bundesligapremiere des Jürgen Ekkelenkamp: Nach seiner Einwechslung hatte er sich umgehend zum Anführer des Widerstands aufgeschwungen.

Ekkelenkamp traf nach 87 Sekunden

Eine gute Stunde, bis zur Führung für die Gäste durch einen Foulelfmeter, musste der Holländer auf seinen Einsatz warten. Wenige Sekunden nach seiner Einwechslung bereitete er dann eine erste gute Ausgleichschance für seine Mannschaft vor, und nach der anschließenden Ecke wuchtete er den Ball per Kopf zum 1:1 ins Netz. 87 Sekunden befand sich Ekkelenkamp zu diesem Zeitpunkt auf dem Platz.

„Ich war nicht glücklich, dass ich auf der Bank gesessen habe“, erzählte der 21-Jährige nach dem Spiel. Das hörte sich recht forsch an, vor allem für seine Verhältnisse. „Er ist ein schüchterner Typ“, berichtete Herthas Torhüter Alexander Schwolow. Auf dem Rasen aber lässt der offensive Mittelfeldspieler, der bei Hertha nicht von ungefähr die Nummer 10 auf dem Rücken trägt, alle Zurückhaltung fahren. „Ich habe gesagt, dass wir noch viel Freude an ihm haben werden“, erzählte Pal Dardai. „Ich habe diese Freude jeden Tag im Training. Wie er Fußball spielt, das ist schon gut.“

Ekkelenkamp ist wie Ishak Belfodil, Torhüter Oliver Christensen und Myziane Maolida erst kurz vor Transferschluss zu Hertha BSC gewechselt. Er hat noch nicht viel Zeit gehabt, sich in die neue Umgebung einzufinden. Trotzdem hat Dardai mit dem Gedanken gespielt, ihn gegen Fürth gleich von Anfang an aufzubieten – weil seine fußballerische Qualität offenkundig ist.

Schon nach Ekkelenkamps erstem Training in Berlin sagte Dardai zu Sportdirektor Friedrich: „Super Spieler.“ Alles, was er mache, habe Hand und Fuß. „Er ist ein exzellenter Fußballer.“

„Er ist ein klassischer Ajax-Zocker“

Drei Millionen Euro haben die Berliner für den U-21-Nationalspieler an seinen Ausbildungsverein Ajax Amsterdam gezahlt, wo Ekkelenkamp zwar durchaus geschätzt wurde, aber längst noch kein Stammspieler war. Seit seinem Profidebüt im Alter von 18 Jahren und 14 Tagen ist er in der Ehrendivision nur 25-Mal zum Einsatz gekommen. Aber die Anlagen für mehr sind durchaus vorhanden. „Er ist ein klassischer Zocker, ein klassischer Ajax-Zocker“, sagte Torhüter Schwolow. „Er weiß genau, wo er sich im Raum befindet.“

Und wo kein Raum ist, wird er eben geschaffen. Auch das ist typisch niederländisch – und war exemplarisch vor dem Tor zum 1:1 zu beobachten, dem ersten Bundesligator der Berliner nach einer Ecke seit dem ausgehenden Spätmittelalter. Als Marton Dardai den Ball von rechts mit seinem starken linken Fuß in den Fürther Strafraum schlug, sprintete Ekkelenkamp Richtung Tor, sein Gegenspieler folgte ihm. Ekkelenkamp bremste ab, sein Gegenspieler lief weiter – und plötzlich war so viel Platz um ihn herum, dass man in Ekkelenkamps Heimat vermutlich darüber nachgedacht hätte, die Lücke mit einem Mehrfamilienhaus zu bebauen.

„Alles, was im Strafraum passiert, das hat er drauf“, sagte Dardai. Mit seiner Klarheit im Spiel, der sauberen Technik, seiner Fähigkeit, die Dinge zu beschleunigen, der Orientierung nach vorne und auch seinem Offensivkopfball erinnert Ekkelenkamp, zumindest von seinen Anlagen, an Michael Ballack. Zehn Pässe spielte er, alle zehn brachte er an den eigenen Mann. „Er hat was Besonderes, wirklich. Das kannst du nicht lernen“, sagte Pal Dardai. „Und ganz ehrlich: Ich weiß nicht, wie er bei uns gelandet ist.“

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