Patzer im Champions-League-Finale: Der Albtraum des Loris Karius
Ein schlampiger Abwurf, ein durchgeflutschter Fernschuss: Liverpools deutscher Torhüter Loris Karius war der größte Verlierer des Champions-League-Finales. Hat er noch eine Zukunft bei den Reds?
Loris Karius wollte ganz schnell weg. Nichts mehr hören, nichts mehr sehen - der deutsche Keeper verschwand nach seinen zwei unfassbaren Blackouts beim 1:3 (0:0) im Champions-League-Finale gegen Titelverteidiger Real Madrid zügig im Bus des FC Liverpool. „Das wünscht man seinem schlimmsten Feind nicht, das ist Wahnsinn, das ist ganz, ganz hart“, sagte Klopp am Samstag im TV-Sender Sky zu den Fehlern seines Landsmannes.
Mit einem schlampigen Abwurf hatte Karius dem Franzosen Karim Benzema den Führungstreffer geradezu geschenkt, beim dritten Treffer ließ der 24-Jährige einen 35-Meter-Schuss von Gareth Bale durch die Finger flutschen. Was folgte, waren die wohl schlimmsten Momente seiner noch jungen Fußballerkarriere.
Karius weinte bittere Tränen, als er den schweren Gang in die Liverpool-Kurve machte und sich entschuldigte. Es folgte eine quälend lange Medaillenzeremonie, ehe er kurz vor Mitternacht Ortszeit endlich diesen für ihn so düsteren Ort verlassen durfte. „Es tut mir leid für alle, für das Team, für den ganzen Club. Ich habe sie im Stich gelassen“, sagte der Keeper am Ende doch noch. „Diese Tore haben uns den Titel gekostet“, räumte der frühere Mainzer ein, der im Endspiel die wohl bislang schlimmsten Momente seiner Fußballerkarriere erlebte. „Es ist das Leben eines Torhüters. Man muss wieder aufstehen.“
Oliver Kahn war fassungslos
Der frühere Nationaltorhüter Oliver Kahn war als ZDF-Experte geradezu fassungslos. „Ich kann mich nicht erinnern, aus Torwartsicht jemals etwas Brutaleres gesehen zu haben als heute, gerade in einem Finale“, sagte Kahn. Das könne die Karriere eines Torwarts zerstören, ergänzte der frühere Welttorhüter.
Damit dürften in Liverpool die Torwartdiskussionen wieder neu entbrennen. Karius hatte bereits einen denkbar schlechten Start in Anfield. Für sechs Millionen Euro dank einer Ausstiegsklausel vom FSV Mainz verpflichtet, hatte Karius im Sommer 2016 in der Vorbereitung gleich einen Handbruch erlitten. Als er wieder fit war und ins Tor durfte, unterliefen ihm viele Fehler. Schnell hatte er den Spitznamen „Flutschfinger“ weg. Klopp machte zwischenzeitlich Simon Mignolet zur Nummer eins, doch auch der Belgier war zu fehlerhaft.
Anfang des Jahres hatte Klopp seinen Landsmann wieder zur Nummer eins gemacht. In 32 Spielen stand dabei 16 Mal die Null. Doch das dürfte seit der traumatischen Nacht von Kiew nicht mehr zählen.
Stefan Tabeling [dpa]