Dreier- oder Viererkette?: Der 1. FC Union muss in der Defensive umstellen
Mit Baumgartl, Jaeckel und van Drongelen fehlen Union im richtungsweisenden Heimspiel gegen Maccabi Haifa im Olympiastadion drei Innenverteidiger.
Urs Fischer hat es geahnt. Im Nachhinein sei man immer schlauer, sagte der Trainer des 1. FC Union, als er vor einigen Wochen seinen Kader für die Conference League benennen musste. Und das Nachhinein hat ihm jetzt Recht gegeben. Hätte er damals gewusst, dass ihm vor dem ersten Heimspiel der Gruppenphase gleich zwei Abwehrspieler fehlen würden, hätte er vielleicht noch einen fünften Innenverteidiger in seinen 25-köpfigen Kader berufen. Und so geht Union in das Spiel am Donnerstag gegen Maccabi Haifa (21 Uhr, RTL Nitro) mit leichten Kopfschmerzen.
Timo Baumgartl, der am Samstag während des Spiels gegen Arminia Bielefeld mit einer schweren Gehirnerschütterung vom Platz getragen wurde, gehe es wieder gut, sagte Fischer auf der Pressekonferenz am Mittwoch. Weil man mit Kopfverletzungen mittlerweile aber durchaus vorsichtiger umgeht als früher, wird er aber Union im Olympiastadion genauso fehlen wie der rotgesperrte Paul Jaeckel. Damit ist die Abwehr sehr dünn besetzt. Und das zu einem ungünstigen Zeitpunkt.
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Schließlich ist das Spiel gegen Haifa das erste in diesem Wettbewerb, bei dem Union tatsächlich auch Druck verspürt. Beim Auswärtsauftakt in Prag war man gegen den mehrfachen Champions-League-Teilnehmer SK Slavia ohnehin Außenseiter. In den Play-off-Spielen gegen Kuopion war man derart überlegen, dass das Weiterkommen kaum gefährdet schien.
Diesmal ist die Lage anders. Gerade nach der Niederlage gegen Prag müssen die Berliner eigentlich punkten, wenn sie im Rennen um die nächste Runde nicht den Anschluss verlieren wollen. Denn Haifa ist in einer durchaus schwierigen Gruppe der wohl schlagbarste Gegner – und das Heimspiel gegen den Israelischen Meister die vielleicht am wenigsten schwere Aufgabe. „Wir sind gut beraten, das Spiel gewinnen zu wollen, von daher werden wir schon mit einer hohen Intensität herangehen", sagte Mittelfeldspieler Rani Khedira am Mittwoch.
Die Union-Fans werden das Olympiastadion wieder von blau in rot umfärben
Intensität werden wohl auch die Fans mitbringen. Wie der Klub am Mittwoch erklärte, sind schon 22.500 der 25.000 zur Verfügung stehenden Karten verkauft worden, inklusive einiger für die Gästefans. Wie schon gegen Kuopion werden die Union-Anhänger im rot leuchtenden Olympiastadion versuchen, den Heimvorteil auch im fremden Umfeld zu bewahren. „Es ist für uns ein Heimspiel, und wir werden versuchen, die Punkte in Berlin zu lassen, um in der Endabrechnung eine Chance zu haben. Wenn du dich auf den ersten beiden Plätzen positionieren willst, brauchst du Punkte", sagte Fischer.
Dafür muss er sich aber wohl eine neue defensive Variante einfallen lassen. Union ist in dieser Saison bisher stets mit einer Dreierkette ins Spiel gegangen, doch das wird ohne Jaeckel und Baumgartl etwas schwieriger. Laut der „Homegrown-Player-Regelung“ der Uefa musste Union mindestens vier Spieler aus der eigenen Jugend nominieren und mindestens vier weitere, die in Deutschland ausgebildet wurden. So schaffte es der 17-jährige Mathis Bruns vor dem erfahreneren Rick van Drongelen in den Kader. Am Mittwoch blieb Fischer gewohnt wortkarg: „Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir eine gute Lösung hinbekommen. Welche es sein wird, werden wir morgen sehen.“
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Dass Bruns, der noch keine einzige Pflichtspielminute für die Profi-Mannschaft absolviert hat, gleich von Anfang an spielt, ist höchst unwahrscheinlich. Wenn Fischer tatsächlich bei der Dreierkette bleiben will, dürfte es eher eine Notlösung wie Khedira oder Julian Ryerson als Innenverteidiger geben. Womöglich setzt er aber gleich auf eine Viererkette mit den beiden ohnehin gesetzten Innenverteidigern Robin Knoche und Marvin Friedrich. Als Jaeckel in Prag kurz vor der Pause vom Platz flog, hat der Union-Trainer diese Variante bevorzugt. Und bis zu den entscheidenden letzten Minuten ging der Plan auch hervorragend auf.
Am Wochenende sagte Fischer vor allem mit Blick auf das 1:3 in der tschechischen Hauptstadt, dass seine Mannschaft zuletzt zwar einige „unglückliche Niederlagen“ erleben musste, nun aber nach dem Sieg gegen Bielefeld wieder zuversichtlich sei. Auch in der Defensive gibt es trotz der Personalsorgen Anzeichen dafür, dass die Abstimmungsprobleme der ersten Saisonwochen langsam ausgebügelt werden. Und zuhause steht die Abwehr ohnehin. Ob an der Alten Försterei oder im Olympiastadion: In seinen fünf Heimspielen in dieser Saison hat Union nur zwei Gegentore kassiert.