Mit einem 0:0 in die Gruppenphase: Der 1. FC Union feiert auch ohne Tore
Nach dem 4:0 im Hinspiel reicht dem 1. FC Union im Berliner Olympiastadion ein 0:0 für den Einzug in die Gruppenphase der neuen Conference League.
Mit geschlossenen Augen fühlte es sich fast an wie immer. Etwas zugiger vielleicht. Doch wie gewohnt wurde durchgehend gesungen, es war laut und die Lieder waren dieselben. Eines stimmten die Fans des 1. FC Union besonders häufig an. „Alte Försterei, Alte Försterei, Alte, Alte, Alte Försterei!“, schallte es immer wieder von den Tribünen auf den Rasen. Die Berliner hatten es sich durchaus schick eingerichtet im Olympiastadion, in dem wie angekündigt alles Blau durch Rot ersetzt worden war. Die Botschaft war dennoch unmissverständlich, unsere Heimat ist in Köpenick – oder wie es die Fans auf der zum Fanblock umfunktionierten Gegentribüne ausdrückten: „Wir brauchen die Alte Försterei wie die Luft zum Leben.“
Dass Union für den Europapokal und das Rückspiel gegen Kuopion Palloseura am Donnerstag nur zu Gast im großen Olympiastadion war, wurde trotz aller Bemühungen des Klubs deutlich. Am eindrücklichsten geschah dies, als Stadionsprecher Christian Arbeit die Anhänger darauf hinwies, die Ränge doch bitte nicht mit Aufklebern zu verzieren. „Die müssen wir hinterher alle entfernen.“ Die Stimmung der 22.159 Zuschauer war einem Heimspiel aber durchaus würdig.
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Zwar gab das 0:0 gegen die Finnen nicht viel Anlass für Ausgelassenheit, doch nach 20 Jahren, in denen der Verein dem Bankrott meist deutlich näher war als dem internationalen Geschäft, ist jedes Europapokalspiel ein Highlight. Und nach dem klaren 4:0 im Hinspiel kommen noch mindestens sechs weitere Auftritte in der Conference League hinzu. An diesem Freitag werden in Istanbul Unions Gegner in der Gruppenphase des neuen Wettbewerbs ermittelt.
Trainer Urs Fischer entschied sich wie angekündigt für eine mittelgroße Rotation und wechselte im Vergleich zum 2:2 gegen Hoffenheim am vergangenen Sonntag fünf Mal. Timo Baumgartl, Christopher Trimmel, Tymoteusz Puchacz, Cedric Teuchert und Sheraldo Becker rückten für Paul Jaeckel, Niko Gießelmann, Julian Ryerson, Marcus Ingvartsen und Max Kruse in die Startformation. Wie schon im Hinspiel – und im Grunde in allen Spielen der noch jungen Saison – startete Union mit gefährlichen Offensivaktionen.
Erst wurde ein Schuss von Genki Haraguchi geblockt, dann verfehlte Taiwo Awoniyi das Tor aus spitzem Winkel, und anschließend entschärfte Kuopios Torwart Johannes Kreidl einen Kopfball des nigerianischen Stürmers. All dies geschah innerhalb von nur zwei Minuten, doch in diesem Rhythmus sollte es nicht weitergehen. Die Innenverteidiger Robin Knoche und Marvin Friedrich versuchten sich in der Folge noch in der Offensive, das Spiel verflachte aber zunehmend.
Die Gäste aus Finnland waren bemüht und defensiv viel stabiler als im Hinspiel, sie machten aber zu keiner Zeit den Eindruck, an das Fußballwunder zu glauben, das sie fürs Weiterkommen benötigten. Mittelfeldspieler Urho Nissilä, der vor einer Woche gesperrt gefehlt hatte, brachte zwar etwas Eleganz in die Aktionen der Finnen, offensiv kam von den Gästen aber kaum etwas. Einzig Stürmer Tim Väyrynen kam in der ersten Hälfte aus guter Position zum Abschluss, sein Schuss wurde aber von Puchacz geblockt. Union hatte kurz vor der Pause nach einer guten Aktion über Trimmel, Teuchert und Awoniyi noch eine hochkarätige Chance, doch der Stürmer traf den Ball nicht voll. So ging es torlos in die Kabinen.
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Die zweite Hälfte begann mit viel Pyrotechnik und Rauch. Zu „Europapokal“-Gesängen brannten die Fans auf der Gegentribüne zahlreiche rot-weiße Bengalos ab und hüllten das Stadion in dichten Rauch. Aus sportlicher Sicht war das nicht allzu schlimm, denn beide Mannschaften ließen es auf dem Rasen ruhig angehen. Das gab den Fans auch noch die Gelegenheit für zwei kritische Plakate in Richtung Uefa. Schließlich sind es die Regularien des europäischen Dachverbandes, die Heimspiele im Stadion An der Alten Försterei aufgrund der wenigen Sitzplätze verhindern. Auf dem Rasen schalteten beide Mannschaften mit einigen Wechseln in den Energiesparmodus. Bei Union kamen erst Andreas Voglsammer und Kevin Behrens ins Spiel, dann auch Ingvartsen, Ryerson und der junge Laurenz Dehl.
Die Berliner blieben auch ohne allzu viel aufzuwenden die bessere Mannschaft. Doch einen Kopfball von Friedrich parierte Kreidl stark, und Teuchert schlug ein Geschenk der Gäste frei vor dem Tor aus. So blieb es beim 0:0, das aber weder an der Qualifikation der Berliner noch an der guten Stimmung ihrer Fans etwas ändert. Ganz so schlimm war das „Heimspiel“ im Olympiastadion dann doch nicht.