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Grischa Prömel traf auch im Derby gegen Hertha und will sich mit weiteren Erfolgen aus Köpenick verabschieden.
© IMAGO/camera4+

Nach dem Derby-Sieg gegen Hertha: Der 1. FC Union hat Europa wieder fest im Blick

Je besser die Mannschaft die Saison abschließt, desto stärker dürfte sie in der nächsten besetzt sein. Und deswegen ist Europa nun das erklärte Ziel.

In den Katakomben des Olympiastadions strahlte Grischa Prömel vor Freude und blickte noch etwas wehmütig in Richtung Gästeblock. In seinem letzten Stadtderby als Spieler des 1. FC Union hatte der Mittelfeldspieler ein entscheidendes Tor geschossen, und die anschließenden Feierlichkeiten mit den Fans hatten ihn sichtlich berührt.

„Mit dem Tor konnte ich allen Unionern ein bisschen etwas davon zurückgeben, was sie mir in den letzten Jahren an Liebe und Vertrauen und Geborgenheit gegeben haben“, sagte der 27-Jährige, der in diesem Sommer nach fünf Jahren in Köpenick zur TSG Hoffenheim wechselt. So großartig der Derby-Sieg war, sollte er laut Prömel aber auch nur „ein Teil des Abschiedsgeschenks“ werden.

Denn nach dem furiosen 4:1 gegen Hertha am Samstag darf Union in dieser Saison noch etwas vorhaben. In anderthalb Wochen bestreiten die Köpenicker ein Pokalhalbfinale in Leipzig, und auch in der Liga gibt es noch den Hauch einer Chance, sich im zweiten Jahr in Folge für einen europäischen Wettbewerb zu qualifizieren.

„Heute lassen wir uns erst mal ein bisschen feiern. Dann nehmen wir die guten Ansätze aus dem Spiel mit. Wir wissen natürlich, dass noch ein bisschen was auf uns zukommt. Aber wir sind gut gerüstet“, sagte Prömel.

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Auch Trainer Urs Fischer betonte wieder, dass das offizielle Ziel nun Europa ist. Und auch wenn er seine Mannschaft nicht als Favorit im Rennen um die internationalen Plätze darstellen wollte, ist es für ihn zumindest eine „logische“ Ambition.

„Wir haben uns deutlich geäußert, dass wir es versuchen. Es ist für mich eine realistische Zielsetzung, wenn du drei oder vier Punkte Rückstand auf Platz sechs hast“, so Fischer auf der Pressekonferenz nach dem Spiel.

Die Mannschaft macht jeden Einzelnen besser

Dabei schien der Traum von Europa in den vergangenen Wochen langsam immer unrealistischer zu werden. Nach den Abgängen von Leistungsträgern wie Max Kruse und Marvin Friedrich im Winter schien Union irgendwie ans Limit gekommen zu sein. Mit nur einem Sieg in sieben Spielen drohten die Köpenicker wieder zurück ins Mittelmaß zu rutschen.

Doch dann machten sie, was sie in den letzten vier Jahren unter Fischer immer und immer wieder gemacht haben. Sie rafften sich auf und zeigten erneut, dass in Köpenick nicht der Einzelne die Mannschaft besser macht, sondern die Mannschaft jeden Einzelnen.

„Man muss schon sagen, dass wir trotz des Umbruchs immer mehr zu einer sehr sehr guten Mannschaft werden“, schwärmte Kapitän Christopher Trimmel und blickte mit vorsichtigem Optimismus voraus: „Die nächsten Wochen werden hart, wir werden viel reisen. Wir wollen so lange es geht vorne dabei bleiben. Wir haben das Ziel, und wir wollen trotzdem von Spiel zu Spiel schauen.“

Falls Union es tatsächlich schafft, könnte das auch großen Einfluss auf den nächsten Umbruch haben, der im Sommer zweifellos kommen wird. In der Abwehr haben Leistungsträger wie Trimmel, Robin Knoche und Torwart Andreas Luthe schon verlängert, doch in den Reihen davor könnte in der nächsten Transferperiode wieder viel los sein. Prömels Abgang steht schon fest, und auch das Sturm-Duo aus Taiwo Awoniyi und Sheraldo Becker weckt zunehmend das Interesse größerer Klubs.

Von Zuneigung und Vertrauen geprägt

In Stein gemeißelt sind diese Abgänge aber noch nicht. In dieser Zeitung betonte Becker zuletzt, dass er eine Vertragsverlängerung nicht ausschließe und wies darauf hin, dass seine Familie in Berlin glücklich ist. Mit seinem Torjubel am Samstag zeigte er, dass Familie ein durchaus wichtiger Faktor sein kann. „Meine Söhne sagen mir immer: Papa, wenn Du triffst, musst Du den Spiderman machen. Und ich höre immer auf sie“, sagte er und grinste.

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Sollte Union wieder in Europa spielen, gäbe es auch sportliche Argumente für einen Verbleib, zumal das Verhältnis mit Trainer Urs Fischer aktuell sehr viele Früchte trägt. Am Samstag unterbrach Fischer kurz die Fragerunde in den Katakomben, um Becker zu umarmen. Der Eindruck war nicht der einer Mannschaft, die bald auseinander bricht, sondern von einer, die nach wie vor von Vertrauen und Zuneigung geprägt ist.

Becker selbst blickte mit dem selben, bodenständigen Optimismus nach vorne: „Wir schauen noch von Spiel zu Spiel, aber es wäre sehr fein, Europa noch einmal zu erreichen“, sagte er.

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