31:23 gegen Weißrussland: Den deutschen Handballern gelingt der Neustart
Im ersten Hauptrundenspiel zeigt sich das DHB-Team deutlich verbessert und gewinnt souverän gegen Weißrussland. Am Samstag warten die starken Kroaten.
Die Atmosphäre wäre diesmal wirklich kein Alibi gewesen. Deutschlands Handball-Nationalspieler hatten die vielen leeren Sitzplätze bei der Vorrunde in Trondheim ja allen Ernstes als Argument dafür ins Feld geführt, dass sie im Verlauf der Europameisterschaft phasenweise mit der Emotionalität von Litfaßsäulen aufgetreten waren – ein Argument, das am Donnerstagabend nicht mehr zog, nicht mehr ziehen konnte.
Unter die Besucher in der Wiener Stadthalle mischten sich vor allem Fans dreier teilnehmender Lager: sangesfreudige, emotionale Kroaten, die einheimischen Österreicher und eine ebenso große wie lautstarke deutsche Delegation, die für Stimmung sorgte.
Nicht minder positiv als der Zuspruch von den Rängen war aus deutscher Sicht die Tatsache, dass hinterher niemand nach vermeintlichen Gründen und Ausreden suchen musste. Zum Auftakt der Hauptrunde rief die Mannschaft von Bundestrainer Christian Prokop ihre bislang beste Leistung ab. Nach 60 einseitigen Minuten stand ein 31:23 (18:11)-Sieg gegen Weißrussland auf der Anzeigetafel.
Damit erfüllte sich bis auf Weiteres auch der mit dem Umzug nach Wien verbundene Wunsch der Nationalspieler, die durchwachsene erste Woche vergessen zu machen und den Ortswechsel als Chance auf einen Neustart ins Turnier zu begreifen. „Wir haben an ein paar Stellschrauben gedreht und ein völlig anderes Gesicht gezeigt als in Trondheim“, sagte Torwart Andreas Wolff.
Weißrusslands Trainer Juri Schewzow, mit dem deutschen Handball aus seiner Bundesliga-Zeit bestens vertraut, hatte an der Taktiktafel eine extrem offensive Abwehrvariante ersonnen, die vor allem die Kreise des gegnerischen Rückraums einschränken sollte – wohlwissend, dass die DHB-Auswahl oft massive Probleme mit solch offensiven Deckungssystemen hat. Natürlich hatte auch Schewzow die jüngsten Auftritte des Kontrahenten in der Videoanalyse unter die Lupe genommen. Allerdings fanden die Deutschen diesmal wirklich gute, zielführende Lösungen, um den massiven Block in Bewegung zu bringen und auseinanderzuziehen.
Timo Kastening sticht hervor
Bundestrainer Prokop entschied sich dafür, mit Andreas Wolff im Tor zu beginnen und Johannes Bitter zurück auf die Bank rotieren zu lassen. Wolff, an dem zuletzt spielübergreifend 21 Bälle ohne jede Parade vorbeigeflogen waren, zahlte das Vertrauen von Beginn an zurück: Er hielt direkt den ersten Versuch der Weißrussen und ließ bis zur Halbzeitsirene sieben weitere Paraden folgen. In der Pause stand Wolf damit bei gut 40 Prozent gehaltener Bälle – persönlicher Bestwert seit dem EM-Start.
Im Verbund mit seinen Vorderleuten legte der Torhüter damit den Grundstein dafür, dass die Außenspieler Gegenstöße laufen konnten und zu einfachen Kontertoren kamen. Vor allem Timo Kastening tat sich dabei hervor; nach zehn Minuten traf der Rechtsaußen zur zwischenzeitlichen 10:4-Führung – zu diesem Zeitpunkt war es bereits das fünfte Konter des DHB-Teams.
Richtungsweisendes Spiel am Samstag
Das Polster gab dem Nationalteam merklich Sicherheit, obwohl Abwehrchef Hendrik Pekeler frühzeitig mit zwei Zeitstrafen belastet war und am Rande eines Feldverweises stand. Für ihn kam der erst am Mittwoch aufgerückte Johannes Golla von der SG Flensburg-Handewitt, der für Marian Michalczik in den Kader nachnominiert worden war. Auch dieser Wechsel machte sich nicht negativ bemerkbar: Bis zur Pause baute Prokops Mannschaft ihren Vorsprung auf sieben Treffer aus.
Nach dem Seitenwechsel ließ sie dann – ganz anders als gegen Lettland - überhaupt keinen Zweifel mehr daran aufkommen, wer das Feld als Sieger verlassen würde. Prokop wechselte angesichts der soliden Führung munter durch. Abgesehen von den Keepern erzielte jeder Spieler mindestens ein Tor. Erfolgreichster Schütze auf deutscher Seite war Timo Kastening mit sechs Treffern bei sechs Versuchen.
Am Samstag (20.30 Uhr/ARD) bekommen es die Deutschen nun mit Kroatien zu tun, das seine Ambitionen mit einem klaren Sieg gegen Österreich (27:23) bekräftigte. Es dürfte das Schlüsselspiel für den weiteren Turnierverlauf werden. Im Falle eines Erfolgs hat das DHB-Team weiter alles selbst in der Hand, bei einer Niederlage ist die Chance auf das Halbfinale wohl Geschichte.