Die Mannschaft hat entschieden: Dedryck Boyata ist neuer Kapitän bei Hertha BSC
Trainer Bruno Labbadia hat sich lange Zeit gelassen mit der Wahl des neuen Kapitäns. Die Entscheidung für Dedryck Boyata kommt alles andere als überraschend.
Es war gleich zu Beginn der ersten Spielform im ersten Training der neuen Woche, als Dedryck Boyata zeigte, warum er bei Hertha BSC so große Wertschätzung genießt. Bruno Labbadia, der Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten, ließ einen Verteidiger gegen zwei Angreifer spielen, so dass Boyata im weißen Leibchen sich zwei Gegnern in Rot ausgesetzt sah.
Der Belgier machte den Weg in die Mitte zu und drängte Vladmir Darida immer mehr Richtung Seitenlinie. Als Darida den Ball zu seinem Mitspieler passen wollte, endete der Versuch an Boyatas imposantem Körper. „Unser Fels“, so hat Herthas neuer Sportdirektor den Innenverteidiger genannt. In Zukunft soll das nicht nur fußballerisch gelten, sondern auch im übertragenen Sinne. Dedryck Boyata, bald 30 Jahre alt, ist am Montag von seinen Kollegen zum neuen Kapitän der Mannschaft gewählt worden. „Für mich ist das keine große Überraschung“, sagte Trainer Labbadia. „Dedryck ist auf eine ganz bestimmte Art ein Leader. Das hat die Mannschaft honoriert.“
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Dass die Entscheidung in der Kapitänsfrage erst jetzt gefallen ist, nachdem die ersten beiden Pflichtspiele der neuen Saison vorüber sind, das ist der personellen Situation bei Hertha geschuldet. Und das gleich in doppeltem Sinn. Zum einen hatte Labbadia seinen Kader in den vergangenen drei Wochen nur selten komplett beisammen, so dass es unsinnig gewesen wäre, eine derart wichtige Wahl anzusetzen. Zum anderen steckt die Mannschaft nach vielen Abgängen und einigen Zugängen immer noch in der Findungsphase.
Labbadia hat in der Vorbereitung oft über den Verlust seiner Achse berichtet, über einen Mangel an natürlichen Führungspersönlichkeiten und auch über zu wenig Kommunikation innerhalb der Mannschaft geklagt. In der Kapitänsfrage gebe es daher für ihn keine Eile. Bei den ersten beiden Spielen trug Niklas Stark die Binde – als Stellvertreter des bisherigen Kapitäns Vedad Ibisevic, der Hertha nach der vergangenen Saison verlassen hat.
Stark, Pekarik, Plattenhardt und Leckie sind im Mannschaftsrat
Ob er mit Boyatas Wahl zufrieden sei, wurde Labbadia am Montag gefragt. „Das Wichtigste ist, dass die Mannschaft zufrieden ist“, antwortete er. Davon ist auszugehen, da Boyata von den Spielern gewählt worden ist. Labbadia hatte immer erklärt, dass er zunächst einen Mannschaftsrat werde wählen lassen und dass sich aus diesem Kreis letztlich auch der Kapitän rekrutieren werde. Ob dieser aber ebenfalls von den Spielern gewählt oder vom Trainerteam bestimmt werde, das hatte Labbadia noch offengelassen.
Letztlich entschied sich Herthas Trainer dafür, den Kapitän ebenfalls basisdemokratisch bestimmen zu lassen. „Es ist eine gute Wahl, die die Mannschaft getroffen hat“, sagte er. Dem Mannschaftsrat gehören außerdem noch Niklas Stark, Peter Pekarik, Marvin Plattenhardt und – für Außenstehende vielleicht etwas überraschend – Mathew Leckie an.
Von all diesen Spielern ist Boyata derjenige, der mit Abstand am kürzesten bei Hertha unter Vertrag steht. Erst im Sommer 2019 ist er vom schottischen Rekordmeister Celtic Glasgow nach Berlin gekommen. Weil Hertha keine Ablöse zahlen musste und Boyata bereits Ende 20 war, galt der Transfer in der öffentlichen Wahrnehmung als nicht besonders spektakulär. Aber schon in der Vorbereitung unter dem damaligen Trainer Ante Covic deutete sich an, dass Hertha mit der Verpflichtung des belgischen WM-Teilnehmers ein guter Griff gelungen war.
Vier Trainer in einer Saison - alle schätzten Boyata
Egal wer in der vergangenen Saison Trainer bei den Berlinern war, und das waren etliche, in einem waren sich alle einig: dass Boyata in die Stammelf gehört. „Top-Mann“ notierte zum Beispiel Jürgen Klinsmann in seiner eigentlich geheimen Marktwertanalyse des Hertha-Kaders über Boyata.
Wie wichtig der 29-Jährige für die Stabilität in der Mannschaft ist, haben die ersten beiden Pflichtspiele dieser Saison gezeigt. Im Pokal gegen den Zweitligaaufsteiger Eintracht Braunschweig fehlte Boyata (ebenso wie sein Nebenmann Jordan Torunarigha): Hertha kassierte fünf Gegentore und schied schon in der ersten Runde aus. In der Bundesliga, beim Auswärtsspiel gegen Werder Bremen, kehrte Boyata in die Startelf zurück (ebenso wie sein Nebenmann Jordan Torunarigha): Hertha gewann 4:1 und war defensiv deutlich stabiler.
„Er ist ein sehr wichtiger Baustein in unserer Mannschaft, weil er Dinge verkörpert, die wir einfach brauchen“, sagt Bruno Labbadia über seinen neuen Kapitän. Boyata verfügt auf dem Platz über eine starke Präsenz, er überzeugt mit seiner Unbeugsamkeit und einer gewissen Unbeirrbarkeit. Dazu ist er zweikampfstark, gut im Kopfball, sowohl defensiv wie offensiv, und wächst auch immer mehr in die Rolle des Vorarbeiters hinein, weil er die ganze Defensive, aber vor allem den fünf Jahre jüngeren Torunarigha lenkt und dirigiert. „Das macht er gut, definitiv“, sagt Labbadia.
Was Dedryck Boyata definitiv noch nicht so gut kann, ist: Deutsch sprechen. Zumindest tut er es auf dem Platz selten bis gar nicht. Aber vielleicht verleiht ihm die neue Rolle auch in dieser Hinsicht noch einmal einen Schub. Bruno Labbadia sagt: „Er ist eigentlich ein sehr ruhiger Mensch.“