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Zum Wegwerfen? Nach den Olympischen Spielen verzichtet Alexander Zverev nun auch auf den Davis Cup in Berlin.
© Imago/Hasenkopf

DTB-Kritik an Alexander Zverev: Davis-Cup-Absage zeige "keinen Respekt vor dem Sport"

Deutschlands bester Tennisspieler Alexander Zverev verzichtet auf den Davis Cup in zwei Wochen in Berlin. DTB-Sprecher Hans-Jürgen Pohmann macht das fassungslos.

Herr Pohmann, hat Sie die Absage von Alexander Zverev für das Davis-Cup-Spiel in zwei Wochen in Berlin gegen Polen überrascht?

Nicht wirklich. Nach allem, was ich in den vergangenen Tagen aus Amerika von den US Open gehört habe, musste ich fast damit rechnen.

Was halten Sie von der Begründung, er wolle nicht in der Hartplatzsaison wieder auf den Sandplatz in Berlin wechseln?

Von der Begründung halte ich gar nichts. Mal ist es das Wetter, mal ist es der Belag, mal ist es die Müdigkeit, mal sind es die Reisestrapazen. Der Davis-Cup-Termin steht seit sechs Monaten fest. Da kann sich jeder mit seinem Turnierplan darauf einstellen.

Zverev hat auch schon seine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio kurzfristig abgesagt. Sehen Sie da ein Zusammenhang?

Das muss man so sehen. Meine Kritik richtet sich in erster Linie an Zverevs Management. Das lässt jeden Respekt vor dem Sport, vor der Öffentlichkeit und den Medien vermissen. Da legt das Management fest, dass Zverev bei einem unterklassigen Turnier spielen soll anstatt beim Davis Cup vor eigenem Publikum. Ein Turnier wie das in St. Petersburg mit 250.000 Dollar Preisgeld kann er jede Woche spielen. Das macht mich sprachlos. Gerade wenn ich an die absoluten Weltklassespieler denke.

Wen meinen Sie?

Wenn Zverevs Management der Meinung ist, für Olympia und den Davis Cup kurz vorher abzusagen, kann ich nur auf die Generation Graf und Becker verweisen. Für die war es das Größte, bei Olympia, im Fed Cup und im Davis Cup für Deutschland zu spielen. Beckers Manager Ion Tiriac und Steffi Grafs Vater haben immer erkannt, welche Bedeutung Olympia und der Davis Cup und der Fed Cup für die Spieler haben. Ich habe immer noch die Bilder vom Olympiasieg von Becker und Stich im Doppel vor Augen, das waren großartige Emotionen.

Erfahren am Mikronfon. Vor seiner Zeit als Pressesprecher beim DTB leitete Hans-Jürgen Pohmann die Sportredaktion des RBB. In den Siebzigerjahren gehörte er zu Deutschlands besten Tennisspielern.
Erfahren am Mikronfon. Vor seiner Zeit als Pressesprecher beim DTB leitete Hans-Jürgen Pohmann die Sportredaktion des RBB. In den Siebzigerjahren gehörte er zu Deutschlands besten Tennisspielern.
© Imago/Claus Bergmann

Hat denn der Davis Cup noch die Bedeutung wie zu Beckers Zeiten?

Selbstverständlich. Schauen Sie sich doch die Sieger der vergangenen Jahre an. Da ist es im Davis Cup so wie in anderen Sportarten: Jeder reißt sich darum, für sein Land zu starten. Warum sollte das beim Davis Cup anders sein? Beim Fed Cup spielen doch auch die Besten der Besten.

Was bedeutet Zverevs Absage für das deutsche Team?

Am Dienstag wird Kapitän Michael Kohlmann sein endgültiges Aufgebot benennen. Natürlich bedeutet die Absage eine erhebliche Schwächung des Teams. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass das Team das Relegationsspiel gegen Polen erfolgreich gestalten kann. Noch besteht die Hoffnung, dass Philipp Kohlschreiber spielen kann. Er wird an diesem Montag eine Abschlussuntersuchung bei seinen Ärzten in München vornehmen lassen.

Zverev ist das größte Talent im deutschen Tennis. Wird der Deutsche Tennis Bund jetzt noch einmal ein grundsätzliches Gespräch mit ihm führen?

Dafür plädiere ich unbedingt. Der deutsche Tennissport hat in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen für den Spieler geleistet - ob für Training oder Reisen. Hier muss Klarheit geschaffen werden. Damit der Tennissport, der in diesem Jahr sehr erfolgreich war, nicht wieder in negative Schlagzeilen abrutscht.

Die Fragen stellte Friedhard Teuffel.

Hans-Jürgen Pohmann, 69, ist Sprecher des Deutschen Tennis Bundes. In den Siebzigerjahren bestritt er 24 Matches im Davis Cup für Deutschland.

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